Corona-Studie: Passende Fragen für richtige Antworten Wie getrickst wird

Ein Gastbeitrag von Sönke Paulsen

Die Bertelsmann Stiftung veröffentlicht, wie üblich, eine stark tendenziöse Studie, die inhaltlich dennoch überrascht. Denn gegen die strikten Freiheitsbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie opponieren in erster Linie die Leistungsträger unserer Gesellschaft.

Zunächst einmal der Wermutstropfen dieser Untersuchung mit dem Titel: „Zwischen individueller Freiheit und Gemeinwohl – Sieben Wertemilieus und ihre Sicht auf Corona“. Die Studie, die am 24. Februar veröffentlicht wurde, ist sehr wahrscheinlich unbrauchbar. Die Autoren haben vergessen oder vermieden, die prozentualen Anteile, welche die ermittelten sieben Wertemilieus, in der Stichprobe von etwa eintausend Teilnehmern, ausmachen, anzugeben. Dieser Punkt wurde großzügig übersprungen. Ein alter Trick, um die Überprüfbarkeit für die Öffentlichkeit zu reduzieren.

Fehlende Basisangaben

Jedenfalls gab es sieben Cluster in der Stichprobe, die als repräsentativ bezeichnet wird, welche dann auf ihre Einstellung zu den Corona-Maßnahmen befragt wurden. Die „kreativen Idealisten, die bescheidenen Humanisten, die individualistischen Materialisten, die unbeschwerten Beziehungsmenschen, die sicherheitsorientierten Konservativen, die leistungsorientierten Macher und die unkonventionellen Selbstverwirklicher“.

Liest man die Charakterisierung dieser Cluster, fällt es schwer, sie in bestehende gängige Milieustudien, beispielsweise die bekannten „Sinus-Milieus“, einzuordnen. Dabei ist es natürlich ein riesiger Unterschied, ob die „maßnahmenfreundlichen Gruppen“ der bescheidenen Humanisten und der kreativen Idealisten in der Stichprobe mit fünf oder fünfzig Prozent vertreten sind. Bei fünf Prozent würde es sich vermutlich eher um eine wenig relevante Untergruppe in einer der Sinus-Milieus handeln, während bei fünfzig Prozent mehrere Milieus von dieser Gruppe einerseits dominiert würden, die jedoch andererseits dann als „Wertegruppe“ stark heterogen sein müsste.

Kurz, die gesellschaftliche Bedeutung der einzelnen Gruppen ist ohne die Information ihrer prozentualen Stärke in der Gesellschaft kaum einzuschätzen.

Manipulative Fragestellungen

Der zweite Wermutstropfen ist die Art der Fragen zur Corona Pandemie und den ergriffenen Maßnahmen. Immer dann, wenn positive oder negative Antworten gewünscht waren, wurden die Fragen in einer zwingenden und absoluten Sprache gestellt.

„Dem Schutz des Lebens sollte in Zeiten der Pandemie alles andere untergeordnet werden“ oder „Jede Maßnahme zur Bekämpfung der Pandemie, die in Freiheitsrechte eingreift, ist grundsätzlich abzulehnen“. Die erste Frage impliziert eine Zustimmung und die Zweite eine Ablehnung und genauso haben die Teilnehmer (aller Gruppen) auch geantwortet. Dem ersten Satz wurde zugestimmt und der zweite Satz wurde abgelehnt.

Zwei weniger absolute Sätze hätten vermutlich ganz andere Ergebnisse in allen Gruppen erbracht. „Dem Schutz vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 sollte in Zeiten der Pandemie alles andere untergeordnet werden.“ Dieser Satz hätte die Situation auch realistischer beschrieben, wäre aber wohl nicht im Sinne der Regierungsmaßnahmen beantwortet worden, worauf Bertelsmann immer sehr großen Wert legt. Merkel und Liz Mohn sind sehr gute Freundinnen.

Auch der zweite Satz, der abgelehnt werden sollte, hätte mit einer realistischeren Formulierung mehr Zustimmung bekommen. „Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie, die in Freiheitsrechte eingreifen, sind zu vermeiden.“ Kritisch ist auch, dass die zweite Frage nach der ersten gestellt wurde und somit die absolute Priorität des Lebens logischerweise auch die unveräußerlichen Freiheitsrechte toppen musste.

Kurz und gut, keine ernst zu nehmende Studie, sondern ein Stück regierungsfreundlicher Propaganda, wie gewohnt

Dennoch war bemerkenswert, dass die konstruierte Gruppe der leistungsorientierten Macher, konträr zu der Gruppe der Humanisten und der Idealisten, die Einschränkungen der Freiheitsrechte überwiegend ablehnte. Immerhin sind dies die Leistungsträger in unserer Gesellschaft (auch in der neoliberalen Welt der Bertelsmann-Stiftung), die derzeit „auf Pause“ geschaltet werden. Entsprechend gravierend werden in dieser Gruppe die negativen Folgen der Corona Maßnahmen für die Gesellschaft eingeschätzt.

Der Sinn der ganzen Aktion war wohl auch eher die Pressemitteilung, die in zahllosen Medien nachgedruckt wurde.

Manche Redaktionen fanden aber auch einen eigenen Zugang zum Thema und zitierten Studien des Soziologen Oliver Nachtwey, der in der Querdenker-Bewegung nicht in erster Linie AfD-Wähler (während seiner Befragungen) fand, sondern zu 21 % Wähler der Grünen bei der letzten Bundestagswahl. Danach kamen mit 17 % Wähler der Linken und mit 14 % Wähler der AfD.

Die Medien, die die ungewöhnliche Analyse Nachtweys bringen, beeilen sich aber, unwissenschaftliche Stimmen zu Wort kommen zu lassen, die beispielsweise behaupten, dass ein Drittel der Querdenker-Bewegung rechtsextrem sei, was man schon an den Farben und Symbolen der Teilnehmer sehen könne (Georg Maier, SPD und Vorsitzender der Innenministerkonferenz).

Woran man einmal mehr erkennt, dass in unserer Medienwelt die unqualifizierte Behauptung eines SPD-Politikers jederzeit die Erhebungen eines Soziologen toppen kann und Studien unserer großen Stiftungen so angelegt werden, dass sie am Ende Merkel nur ein bisschen piksen, aber nie wirklich ins Unrecht setzen.

Propaganda ist halt wichtiger als Wissenschaft. Eine wesentliche Erkenntnis aus dieser Pandemie.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

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Sönke Paulsen ist freier Blogger und Publizist. Er schreibt auch in seiner eigenen Zeitschrift „Heralt

Bild: Andrey_Popov/Shutterstock
Text: Gast 

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