PCR-Test: Ignoriert Deutschland WHO-Empfehlung? Wieler weicht auf Bundespressekonferenz aus

Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO ist eindeutig: Wenn bei PCR-Tests ein Test-Resultat nicht mit dem klinischen Befund übereinstimmt, also auf gut Deutsch, wenn jemand positiv getestet ist, aber keine Anzeichen einer Erkrankung wie Erkältungserscheinungen bei ihm vorliegen, dann sollte neu getestet werden. Genau so steht das in einer Informationsnotiz der WHO vom 13. Januar. Darin warnt die WHO vor Unzuverlässigkeiten der gängigen PCR-Tests. Faktisch wirft das die Frage auf, ob hunderttausende Deutsche nach positiven PCR-Tests ohne klinische Symptome zu Unrecht in Hausarrest waren (neudeutsch: häusliche Absonderung). Und auch die Einordnung des aktuellen Infektionsgeschehens in Deutschland wird dadurch mit einem dicken Fragezeichen versehen.

Ich habe schon zweimal versucht, die Bundesregierung diesbezüglich zu einer verbindlichen, klaren Aussage zu bringen auf der Bundespressekonferenz (BPK). Beide Male vergeblich (siehe hier und hier). Heute unternahm ich auf der BPK mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Lothar Wieler, dem Chef des Robert Koch-Instituts, einer weisungsgebundenen Behörde, einen dritten Anlauf. Das Ergebnis ist erneut ernüchternd. Schlimmer noch: Es legt allerdings den Verdacht nahe, dass die deutschen Behörden die Empfehlungen der WHO ignorieren. Was schwerwiegendste Folgefragen auf den Tisch bringt: Denn die Zahl der Infizierten ist ja entscheidend dafür, ob nach den Kriterien der WHO eine Pandemie vorliegt. Wie aber kann man die Lage in Deutschland an den WHO-Kriterien messen, wenn bei den Tests deren Maßstäbe nicht eingehalten werden? Trotz aller Vorsicht auch der WHO gegenüber dem Testverfahren sagte Wieler: „Eines möchte ich nochmal betonen, der Goldstandard für die Primärdiagnostik ist und bleibt die PCR.“ Sehen Sie sich hier das Video von den beiden Bundespressekonferenzen heute und meinen Fragen an. Und lesen Sie hier meinen Wortwechsel mit Wieler im Stenogramm:

Boris Reitschuster: Eine Frage an Herrn Professor Wieler. Und zwar noch einmal zu der Informationsnotiz der WHO, ich habe da schon zweimal gefragt, aber die Antworten waren nicht befriedigend. Der Herr Professor Drosten sagte, das sei für Länder mit schlechter Diagnostik. Jetzt habe ich aber auch zu Deutschland die Frage, dort heißt es explizit bei der WHO: positiver Test ohne klinische Symptome – nachtesten. Nun heißt es bei Ihnen in Ihrem Lagebericht, das RKI werte alle labordiagnostischen Nachweise unabhängig von der klinischen Symptomatik als Covid-19-Fälle. Die Frage: Seit wann machen Sie zwangsläufig einen Zweittest bzw. seit wann gibt es diese Richtlinie bei nichtklinischen Befunden? Weil, bisher war das ja oft nicht so. Und gibt es jetzt eine allgemeinverbindliche Regelung bei den Ct-Werten oder macht das jedes Labor so wie es das für richtig befindet? Vielen Dank.

Professor Wieler: Also die Falldefinition des RKI, ich kann mich nicht erinnern, dass die sich über die letzten Monate geändert hat. Fälle, positiv PCR-bestätigte Fälle sind Fälle. Die haben wir immer so bestätigt. Was wir geändert haben, ist natürlich, seitdem die Antigen-Tests eingeführt wurden, die ja nicht genau so ein, also, die Qualität des Ergebnisses eines Antigen-Tests ist nicht übereinstimmend mit der Qualität einer PCR. Und da haben wir, ich weiß nicht mehr genau wann, vor einigen Monaten, haben wir dann die Empfehlung rausgegeben, dass positive Antigentests mit PCR nachuntersucht werden müssen. Aber die Falldefinitionen haben wir nicht angepasst.

Boris Reitschuster: Verstehe ich das dann richtig, dass Sie im Widerspruch zu den WHO-Richtlinien sind, weil die sagen ja, dass man nachtesten muss ohne klinische Befunde, und das RKI hat keine entsprechende Regelung?

Professor Wieler: Also nochmal, wenn wir im Rahmen von Ausbrüchen, also es gibt ja zwei Gründe, warum man Diagnostik macht. Der eine Grund ist, eine Person ist symptomatisch. Und diese Person soll sich dann testen lassen. Übrigens haben wir zur Zeit rund 2 Millionen Testkapazitäten und wir testen zur Zeit rund eine Million, in der letzten Woche war das so. Also die Hausärzte können auch intensiver wieder testen. Das ist vielleicht ein ganz guter Moment, das nochmal zu sagen. Die eine Indikation ist die, man hat ein Symptom. Man ist krank und möchte getestet werden. Das ist klar. Die zweite Indikation ist natürlich die, wenn sie in einem Ausbruch sind, und dann ist es ja klar, dass dann im Rahmen des Ausbruchs und der Kontaktnachverfolgung, dass ein Gesundheitsamt, das ist deren ureigene Aufgabe, natürlich dann auch Leute testet, die nicht symptomatisch sind. Das hängt ja immer vom jeweiligen Ausbruchsgeschehen ab. Das entscheidet dann entsprechend das Gesundheitsamt, dazu gibt es auch Empfehlungen. Das hat dann nichts mit Symptomatik zu tun, sondern die Verhinderung der Ausbreitung eines Virus, und dann werden natürlich, darunter fallen auch Menschen, die asymptomatisch sind.

In Kürze mehr zur Bundespressekonferenz

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Bild: Screenshot/Youtube/Phoenix
Text: br


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