Wie Stagnation unter Merkel zum „Fortschritt“ wurde Kritik in Zahlen: Die Kanzlerin und das Land

Ein Gastbeitrag von Alexander Fritsch

„Von nun an ging’s bergab.“

(Hildegard Knef, 1968)

Es war einmal… So fangen die meisten Märchen an.

Es war einmal, im Jahr 2005. Da gab es ein Land, in dem lebte nur rund ein Prozent der Weltbevölkerung – und trotzdem war es die drittgrößte Volkswirtschaft des Planeten. Das Land, klar, ist Deutschland.

Im Jahr 2021 haben wir nur noch die viertgrößte Volkswirtschaft. Wenn die Entwicklung bei uns und bei den Konkurrenten so weitergeht – nichts spricht dafür, dass sich da etwas ändert – dann werden wir schon sehr bald auf Platz Fünf zurückfallen.

Deutschland lebt im Echo vergangener Größe

Wir zehren von der Erinnerung daran, was wir einmal waren: sparsam und wohlhabend. Konkurrenzfähig und leistungsorientiert. Bildungsbürgerlich. Weltoffen und sicher. Vielleicht nicht immer gut regiert, aber immer gut verwaltet.

Aber das ist vorbei. Das war einmal. Wir tun zwar so, als sei es immer noch so – aber genau das ist ja auch ein Teil des Problems. Wir stagnieren, bestenfalls – aber wir reden uns selbst ein, das sei ein Fortschritt.

Sparsam und wohlhabend?

2005 betrug die Staatsverschuldung 1,49 Billionen Euro. Eine Billion ist eine Zahl mit zwölf Nullen. Rein rechnerisch war damit jeder Bundesbürger mit mehr als 18.000.- € in den Miesen. Im Jahr 2019 hatte sich die Staatsverschuldung auf 1,889 Billionen Euro erhöht: mehr als 23.000.- € pro Person. Im dritten Quartal des Corona-Jahres 2020 waren Deutschlands Staatsschulden auf 2,34 Billionen angewachsen. 28.600.- € pro Kopf.

In der Amtszeit von Angela Merkel haben sich Deutschlands Schulden um mehr als 58 Prozent erhöht.

Und das sind nur die ordentlich verbuchten Verbindlichkeiten. Noch viel mehr Schulden sind in Schattenhaushalten und Sonderfonds versteckt, und bei bundeseigenen Unternehmen. Kosten, die zwar jetzt verursacht wurden, aber erst später bezahlt werden müssen, sind auch noch nicht enthalten. Der Ökonom Daniel Stelter schätzt die Lasten, die in der Ära Merkel zusätzlich geschaffen wurden, auf mindestens 3,7 Billionen Euro.

Deutschland ist ökonomisch miserabel alphabetisiert. Viel zu vielen Deutschen ist nicht klar, dass der Staat selbst überhaupt kein Geld hat. Gar keins. Jeder Cent, den der Staat ausgibt, kommt vom Steuerzahler. Jeder Cent Schulden, den der Staat zurückzahlen muss, muss er sich also beim Bürger holen.

MERKEL

 

Dieser Bürger muss in der Ära Merkel immer mehr Geld an den Staat abgeben – und gleichzeitig wird ihm das Sparen immer schwerer gemacht. 2005 betrug die Steuer- und Abgabenquote in Deutschland 33,9 % (das ist der Anteil der Steuern und Sozialabgaben am Arbeitseinkommen). 2017 waren es schon 37,5 %, Tendenz steigend.

Seit 2012 sind außerdem die Zinsen durchgehend niedriger als die Inflation. Das ist ein völlig unnatürlicher, politisch herbeigeführter Zustand, der praktisch wie eine Enteignung des Sparers wirkt.

Sparen kann freilich überhaupt nur, wer ein Einkommen erzielt. 2005 gab es im Jahresdurchschnitt etwa 125.000 Menschen in Kurzarbeit. 2019 waren es mehr als 145.000. Und zwar ganz ohne Corona.

In der Ära Merkel ist die Zahl der Kurzarbeiter in Deutschland um mehr als 15 Prozent gestiegen.

Im Virus-Jahr 2020 waren im Jahresschnitt 2,5 Millionen Menschen in Kurzarbeit. In Zahlen: 2.500.000. An dieser Stelle sollte man noch einmal darauf hinweisen, dass es nicht ein Virus ist, das die Wirtschaft lahmlegt – es ist die Reaktion der Politik auf ein Virus. Kein Unternehmen, kein Einzelhandelsgeschäft, kein Restaurant stirbt an Corona – sie alle sterben an der Anti-Corona-Politik.

Konkurrenzfähig und leistungsorientiert?

Der „Länderindex Familienunternehmen“ ist ein renommierter internationaler Standortvergleich. Die Studie untersucht die Wettbewerbsfähigkeit von Staaten. Zu Beginn der Amtszeit Merkel lag die Bundesrepublik auf Platz 9. In diesem Jahr ist Deutschland auf Platz 17 abgerutscht, ein historischer Tiefststand, hinter u. a. Finnland, Tschechien, Irland, Polen, Ungarn, Portugal – und der Slowakei (!).

Während China – das immer noch jährlich 630 Millionen Euro Entwicklungshilfe aus Deutschland erhält – eine Magnetschwebebahn mit einer Spitzengeschwindigkeit von 620 km/h vorstellt, versprechen deutsche Mobilfunkanbieter, zumindest ein paar der allgegenwärtigen Funklöcher bald zu schließen. Also, ganz ehrlich jetzt. Diesmal wirklich, ganz bestimmt.

Deutsche Industriepolitik in der Ära Merkel sieht so aus, dass Wirtschaftsminister Altmaier einen Bettelbrief an Taiwan schreibt, weil den deutschen Autoherstellern die Halbleiter ausgehen. Derweil stockt das taiwanesische Unternehmen Globalwafers sein Übernahmeangebot für die deutsche Firma Siltronic auf.

Nehmen Sie sich einen Schluck Wein. Es wird noch gruseliger.

Von den 83 Millionen Menschen in Deutschland sind nur noch 27 Millionen Nettosteuerzahler.

So nennt man die Menschen, die unter dem Strich mehr Geld an den Staat zahlen, als sie von ihm bekommen. Das trifft also, ernüchternd genug, nur auf ein Drittel der Bevölkerung zu. Umgekehrt heißt das, dass zwei von drei Menschen in Deutschland mehr vom Staat bekommen, als sie ihm geben.

Manche Fachleute zeichnen ein Bild, das sogar noch düsterer ist. Sie weisen darauf hin, dass auch alle zwölf Millionen direkten und indirekten Staatsdiener natürlich vom Staat, also mit Steuergeld bezahlt werden. Sie zahlen zwar selbst auch Steuern – aber letztlich aus Steuergeldern der anderen.

Zieht man die auch noch ab, bleiben gerade einmal 15 Millionen Menschen übrig, die mehr oder weniger alleine alle Steuern effektiv erwirtschaften und die somit die gesamte finanzielle Last des Staates zu tragen haben.

Kein Wunder, dass immer mehr Menschen flüchten.

Ich meine nicht nach Deutschland. Sondern aus Deutschland. 2005 verließen 628.399 Menschen die Bundesrepublik. 2019 waren es 1.231.522. Das ist ein Plus von 95 Prozent.

Am Ende der Ära Merkel verlassen jedes Jahr fast doppelt so viele Menschen das Land wie am Anfang.

Und es gehen die Falschen: die gut Ausgebildeten, die Leistungsbereiten. Für die ist Deutschland ein Auswanderungsland. Der Wirtschaftsforscher Gabriel Felbermayr merkt an, dass im Durchschnitt jährlich 180.000 gut ausgebildete Menschen gehen – aber nur 130.000 wieder heimkehren. Das ist ein massiver brain drain: in zehn Jahren eine halbe Million Leistungsträger.

Bildungsbürgerlich?

Der „Index of Readiness for Digital Lifelong Learning“ ist eine renommierte Studie der renommierten EU-Denkfabrik CEPS. Dabei wird analysiert, wie gut Länder auf die Herausforderungen des lebenslangen digitalen Lernens vorbereitet sind.

Das Ergebnis der diesjährigen Studie für Deutschland kann man nicht anders als „komplett vernichtend“ bezeichnen. Von allen EU-Staaten wird die Bundesrepublik weit abgeschlagen Letzter. Kein Schreibfehler: Wir sind auf Platz 27 von 27.

Wie sich das Klima für das Denken insgesamt – und für nicht ideologieorientierte, sondern leistungsbezogene Experten im Besonderen – in den anderthalb Merkel-Jahrzehnten entwickelt hat, zeigt noch ein anderer Fakt:

In das vom angesehenen Wissenschaftsportal „Academic Influence“ veröffentlichte Ranking der einflussreichsten Philosophen der Gegenwart hat es nur ein einziger deutscher Philosoph geschafft. Oder, wie es „Welt“-Chefredakteur Ulf Poschardt völlig zurecht beklagt: „Deutschland beim Denken nur noch drittklassig.“

Weltoffen und sicher?

Wir müssen über Migration reden. Und über Kosten. Und über Kriminalität. Wer meint, das sei in beiden Kombinationen rassistisch, kennt entweder die Zahlen nicht – oder ignoriert sie absichtlich. Man sollte sie aber kennen. Man kann sie dann ja immer noch so interpretieren, wie es die eigene Ideologie jeweils verlangt.

2005 gab es gut 7,2 Millionen Ausländer in Deutschland. 2019 waren es etwa 10,4 Millionen. Das ist allein in der Ära Merkel ein Zuwachs von 44,4 %.

Reden wir nicht drum herum: Es war in signifikantem Ausmaß eine Zuwanderung in die Sozialsysteme. Nehmen wir die große Gruppe der Syrer, sie ist aus den bekannten Gründen mit weitem Abstand am schnellsten gewachsen: von knapp 29.000 im Jahr 2009 auf knapp 790.000 in 2019.

 

Anabel Schunke hat völlig zurecht darauf hingewiesen, dass mehr als 590.000 von ihnen Hartz IV beziehen. Das sind 73 %. Drei von vier Syrern in Deutschland leben von Hartz IV. Immer noch, gut fünf Jahre nach dem großen Flüchtlingsstrom 2015. Auch wenn es grün-linken Realitätsverweigerern körperliche Schmerzen bereiten mag: Man muss da wohl von einer Zuwanderung in die Sozialsysteme sprechen.

Es gibt – nicht in Bezug auf Syrer, aber ganz allgemein – auch eine Zuwanderung in die Kriminalitätsstatistik.

Im Jahr 2005 gab es bei 6.391.715 erfassten Straftaten 519.573 sogenannte nichtdeutsche Tatverdächtige. Das waren 22,5 %. Im Jahr 2019 gab es bei weniger Straftaten (5.436.401) sowohl absolut als auch relativ wesentlich mehr nichtdeutsche Tatverdächtige: 699.261, oder 34,6 % (Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik PKS 2019, Zeitreihen ab 1987, Grundtabelle).

Das Quälen von Kindern mag sich Angela Merkel nicht anhängen lassen. Aber diese Zahlen, die hängen an ihr.

Und all diese Zahlen, all diese Fakten sind frei zugänglich, viele seit sehr langer Zeit. Oder anders: Jeder konnte das sehen, jeder konnte das wissen. Aber kaum jemand schien sich dafür zu interessieren – und wenn doch, dann schien kaum jemand es glauben zu wollen.

Dann kam Corona.

Am nächsten Samstag der dritte Teil: Merkel und Deutschland.
Lesen Sie hier den ersten Teil: Merkel und die CDU.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

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Alexander Fritsch, Jahrgang 1966, studierte Volkswirtschaft und Philosophie in Frankreich und Deutschland und arbeitet seit 25 Jahren als Journalist. Außerdem berät er als Business Coach Unternehmen und Verbände, vorrangig bei den Themen Kommunikation und Strategie.

 


Bild: 360b/Shutterstock
Text: Gast

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