Aufruf im SPIEGEL: Journalismus darf nicht neutral sein

Bisher galt es als Selbstverständlichkeit, dass Journalismus neutral sein muss. So habe ich ihn noch gelernt. Und wie viele andere sehe ich diese Neutralität heute nicht mehr. Bislang musste man sich für solche Kritik oft beschimpfen lassen. Jetzt wird im Spiegel das Blatt umgedreht: „Der Meinungschef der „New York Times“ musste gehen, weil er einen Gastbeitrag im Trump-Duktus veröffentlicht hat – und einem überholten Ideal von neutralem Journalismus nachhing“, schreibt dort Philipp Oehmke, früher Redakteur bei der „Süddeutschen Zeitung“, die so links-ideologisch ist, dass sie den Spitznamen „Alpen-Prawda“ bekommen hat. In der Überschrift seines Beitrags heißt es: „Die Zeit der Neutralität ist vorbei.“

Das ist in etwa so, als würde man sagen: Die Unparteiischen im Fußball dürfen nicht mehr unparteiisch sein. Weiter heißt es in dem unglaublichen Text: „Neutralität galt jahrzehntelang als Qualitätsmerkmal, als noble Erhabenheitsgeste der seriösen Presse. Die Einsicht, dass hinter jedem Text mit noch so großem Neutralitätsanspruch ein Autor mit eigener Biografie steckt, die sich in der komplizierten Welt von heute mit all ihren vielfältigen und verschränkten Identitäten kaum mehr missachten lässt, hat sich erst in den vergangenen Jahren im Journalismus niedergeschlagen. Der Neutralitätsjournalismus, der scheinbar von einer ‚Position aus dem Niemandsland‘ kommt, wie es der New Yorker Medienforscher Jay Rosen bezeichnete, wirkt heute nicht nur uninteressant und unaufrichtig. Er versagt vor allem in seinem Auftrag als ‚vierte Gewalt‘.“

Offen gestanden wußte ich nicht, ob ich mich über den Text freuen oder ärgern soll. Ärgern, weil es eine dreiste Pervertierung des Journalismus ist, der da das Wort geredet wird und sich ein Journalist, für den eigentlich Meinungsfreiheit das höchste Gut sein sollte, es rechtfertigt, dass ein Kollege entlassen wird, nur weil er jemand mit anderer Meinung zu Wort kommen ließ. Erfreut hat mich an dem Artikel, dass endlich einmal ein Kollege ganz offen das zugibt, was bei all den Restles, Reschkes und wie sie alle heißen, buchstäblich aus jedem Satz hervorquillt, was aber die meisten von ihnen lautstark von sich weisen: Dass sie nach ihrem Selbstverständnis eben keine Journalisten sind, sondern Meinungskrieger.

„Ideologie frißt Hirn“, heißt es. Der Beitrag im Spiegel bestätigt dies eindrücklich. Denn die Grundthese des Autors, dass kein Journalist per se neutral sein kann, dass in jeden Beitrag immer persönliche Ansichten einfließen ist, völlig richtig. Nur ist seine Schlussfolgerung daraus paradox. Denn gerade weil jeder Mensch subjektiv ist, ist es so wichtig, dass in Medien ganz unterschiedliche Menschen mit ganz unterschiedlichen subjektiven Meinungen zu Wort kommen. Der Autor im Spiegel zieht allerdings aus der Subjektivität den Schluss, dass falsche Meinungen erst gar nicht veröffentlicht werden dürfen. Und natürlich entscheiden Leute wie er, welche Meinung falsch ist oder nicht. Solche ideologiegesteuerten Kollegen verstehen offenbar nicht einmal mehr, wie nah sie an den Schreckensvorstellungen von Orwell sind mit dem, was sie für „Haltung“ halten, was aber nichts ist als totalitäres, linkes Denken.


Bilder: www.Live-Karikaturen.ch,CC BY-SA 4.0, Pixabay

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