In Deutschland wird eher beiläufig und mit Häme über die Razzia beim früheren US-Präsidenten Donald Trump berichtet. „Klo-Fotos bringen Trump in Gefängnis – Spülte Trump sein Comeback runter?“, titelte etwa die „Bild„. Der Vorwurf gegen den Republikaner: Er soll lax mit vertraulichen Unterlagen umgegangen sein, und manche sogar in der Toilette entsorgt haben – allerdings zerrissen.
Die einst bürgerliche „Welt“ titelt voller Häme: „Während Washington schweigt, schlägt Trump Kapital aus der Razzia“. Was in Deutschland eher unter der Rubrik „Schadenfreude“ und „Trump-Bashing“ abgelegt wird, erschüttert die USA zutiefst. Zumindest deren republikanischen und konservativen Teil. Eine Dimension, die uns die deutschen Medien völlig vorenthalten. Im konservativen US-Sender „Fox“ ist von einem beispiellosen Tabubruch und Verstoßen gegen demokratische Grundregeln die Rede. Die Vereinigten Staaten hätten sich auf das Niveau von „Bananenrepubliken“ und „Dritter Welt“ begeben, so der Vorwurf, der in dem Sender mehrfach laut wurde (etwa in dieser Sendung).
Das FBI und die Anklagebehörden, so hieß es weiter, seien von den regierenden Demokraten zu einer Streitaxt im Kampf gegen die Opposition gemacht worden. Dass bei einem Ex-Präsidenten, der die Regierung als Kandidat herausfordern und wohl erneut für die Präsidentschaft kandidieren will, eine Hausdurchsuchung stattfindet und sogar sein Safe aufgebrochen werde, habe die Dimension von „Watergate“, so ein weiterer Vorwurf: Im „Watergate-Skandal“ versuchten Einbrecher, Abhörwanzen in der Parteizentrale der Demokraten zu installieren und dort Dokumente zu fotografieren. Auftraggeber waren enge Mitarbeiter des amtierenden republikanischen Präsidenten Richard Nixon.
Suche um jeden Preis?
Der Journalist Jack Pobosiec geht sogar so weit, das FBI in einem Podcast als „amerikanische Stasi“ zu bezeichnen (anzusehen auch mit deutschen Untertiteln hier). Er spricht von einem „Überfall“ auf Trumps Anwesen durch das „Ermittlungsbüro“. Er ist überzeugt, dass Präsident Joe Biden informiert war. Und dass sein Justizminister und damit Chefankläger Merrick Garland hinter dem rigorosen Vorgehen steht. Er suche um jeden Preis nach etwas, womit er Trump anklagen könne.
Selbst aus den Reihen der regierenden Demokraten kommt Kritik: Ex-Gouverneur Andrew Cuomo forderte, das bisher schweigsame Justizministerium müsse die Gründe für die Razzia öffentlich machen. Und diese Gründe sollten, so Cuomo, wichtiger sein „als die Suche nach unbedeutenden Archivunterlagen. Sonst wird die Durchsuchung als eine politische Taktik angesehen werden und die Glaubwürdigkeit aller zukünftigen Ermittlungen und die Legitimität der Untersuchungen zum 6. Januar untergraben.“ Unterstützer Trumps machen geltend, als Staatsoberhaupt habe er ohnehin die Vollmacht gehabt, die Vertraulichkeit jedes Dokuments selbst zu ändern.
Angst vor den Wählern
Konservative Insider glauben, die Biden-Regierung sei vor den „Midterms“ ernom nervös: Die so genannten „Zwischenwahlen“ – so genannt, weil sie zwischen zwei Präsidentschaftswahlen liegen – drohen für die Demokraten im Fiasko zu enden. Die Republikaner könnten eine breite Mehrheit in beiden Kammern gewinnen und damit einen Politikwechsel einleiten. Und auch Ermittlungen anstoßen, die für die Demokraten sehr unangenehm wären – etwa der Rolle des FBI bei den Unruhen in Washington am 6. Januar 2021.
Der FBI-Chef weigerte sich bei einer Anhörung im US-Senat auf die Frage zu antworten, wie viele seiner Agenten damals vor Ort waren. Eigentlich eine ungeheuerliche Missachtung des Senats – doch die Demokraten ließen es ihm durchgehen. Mit einer republikanischen Mehrheit würde ein anderer Wind wehen. Auch zu den Vorwürfen von Wahlfälschungen bei der Präsidentschaftswahl könnte es neue Erkenntnisse geben, wenn die Republikaner eine Mehrheit gewinnen.
‘Wir müssen das FBI zerstören‘
Der republikanische Abgeordnete Kevin McCarthy kündigte bereits an, nach einem Wahlsieg Anhörungen zu starten wegen der Razzia. Sein Parlamentskollege Paul Gosar tweetete: „Wir müssen das FBI zerstören. Wir müssen Amerika retten. Ich stehe zu Donald J. Trump.“
Panische Angst herrscht nach Ansicht der Konservativen im linken, demokratischen Lager auch vor einer neuen Kandidatur und einem erneuten Sieg von Donald Trump. „Die könnten im Zweifelsfall bis zur physischen Vernichtung gehen“, meint ein Insider. Ich weiß, starker Tobak. Aber in den USA wurden ja auch schon amtierende Präsidenten ermordet.
Als eines von wenigen großen deutschen Medien greift der „Cicero“ den Fall kritisch auf. Die vielsagende Überschrift: „Kriegserklärung an die Republikaner“. Weiter heißt es in dem exzellenten Beitrag, der leider hinter einer Bezahlschranke versteckt ist: „Angeblich hätten die Fahnder nach Unterlagen gesucht, die Trump rechtswidrig aus dem Weißen Haus entfernt haben soll. Ähnliche Vorwürfe gegen Hillary Clinton blieben allerdings stets folgenlos. Die republikanische Basis sieht hinter der Hausdurchsuchung ein politisches Manöver – und hat auch gute Gründe dafür.“
‘Gewiss präzedenzlos
„Eine Hausdurchsuchung des FBI bei einem ehemaligen Präsidenten ist gewiss präzedenzlos“, schreibt Gregor Baszak in dem Beitrag: Das Justizministerium des jetzigen Präsidenten lasse das private Anwesen seines politischen Gegners durchsuchen. „Man stelle sich vor, die Rollen seien umgekehrt und Hillary Clintons oder Joe Bidens Häuser wären von FBI-Agenten, die Donald Trump unterstanden, durchsucht worden“, so Basal weiter: Das wäre Anlass für massive Empörung der Medien „zur besten Sendezeit gewesen“.
Besonders pikant: Hillary Clinton hatte als Außenministerin rund 30.000 Dienst-E-Mails auf einem privaten Server. Trump meinte dazu, sie gehöre vom FBI untersucht. Doch damals sah das FBI keine Grundlage für eine Anzeige.
Kandidieren auch aus dem Gefängnis
Das Ziel der Demokraten ist offenbar, Trump mit einer Anklage von der Präsidentschaftswahl auszuschließen. Doch es ist extrem zweifelhaft, ob die Verfassung der USA das hergibt. 1920 konnte der Sozialist Eugene V. Debs aus der Haft heraus kandidieren. Der Mann, der wegen seiner Kritik an der Teilnahme der USA am Ersten Weltkrieg einsaß, kam hinter Gittern auf rund eine Million Stimmen.
Eine Niederlage der zunehmend sozialistisch agierenden Demokraten bei den „Midterms“ im November und/oder gar eine Wiederwahl Trumps könnte weitreichende Folgen auf die internationale Politik haben. Auch für Rotgrüngelb in Deutschland wären die Folgen weitreichend. Umso wichtiger wäre es, die Brisanz der Entwicklung in den USA in den deutschen Medien wiederzugeben. Ganz unabhängig vom eigenen politischen Standpunkt. Doch für die Glaubenskrieger in vielen großen Zeitungen und Anstalten kann offenbar nicht sein, was nicht sein darf.
PS: Die ursprüngliche Überschrift dieses Textes lautete „Die USA – unter Biden nur noch eine Bananenrepublik?“ Leser machten mich völlig zu Recht darauf aufmerksam, dass die Präposition „unter“ zweifelhaft sei – weil doch eher die Frage bestehe, „unter“ wem der greise Biden regiert. Um dem Rechnung zu tragen, habe ich aus „unter“ ein „mit gemacht“.
Bild: Visuals6/ShutterstockText: br