Corona und Todesfälle – bloß keine guten Nachrichten verbreiten?

Bis weit in den April hinein schauten viele Politiker, Journalisten und Bürger in Deutschland gebannt auf die Entwicklung der Sterbefallzahlen in Deutschland. Die große Frage: Würde Corona dazu führen, dass mehr Menschen in Deutschland sterben als in den Vorjahren? Als zunächst ein deutlicher Anstieg der Todeszahlen ausblieb, werteten Corona-Kritiker das als Beleg dafür, dass die Krankheit nicht so gefährlich sei, wie in den Medien dargestellt. Erstaunlicherweise verschwand das Thema dann fast völlig aus der Berichterstattung. Obwohl das Interesse der Öffentlichkeit an der konkreten Entwicklung der Sterbefallzahlen sicher hoch ist – und es damit auch das Interesse der Medien sein sollte. Könnte man zumindest meinen.

Und jetzt das: Das Echo auf die aktuellen „Sonderauswertungen zu Sterbefallzahlen des Jahres 2020“ des Statistischen Bundesamtes in den Medien ist mehr als überschaubar. Zumindest wenn man google news glaubt. Und Hand aufs Herz: Haben Sie von den Sonderauswertungen gehört? Und vor allem von den aktuellen, durchaus erfreulichen Resultaten?

Die Zahlen des Bundesamtes – frisch aktualisiert am 3. Juli – legen das nahe, was „Corona-Zweifler“ seit Langem behaupten: Dass es keinen dramatischen Anstieg der Todesfälle in Deutschland im erfassten Zeitraum bis Kalenderwoche 23 gab, also bis Anfang Juni. Mehr noch: Schon seit Anfang Mai sind die Sterbefallzahlen “wieder im Bereich des Durchschnitts der Vorjahre oder etwas darunter.“

Sieht man sich die Graphik der Sterbezahlen an, die das Statistische Bundesamt veröffentlicht, denkt man zuerst unweigerlich, die hellgraue Linie, die weit nach oben schießt, müsse wohl für Corona und für das Jahr 2020 stehen. Aber weit gefehlt. Der mit Abstand größte Ausschlag stammt aus dem Jahr 2018, als in Kalenderwoche zehn 26.777 Menschen starben. Im Corona-Jahr 2020 waren es im gleichen Zeitraum 19.573 – auch noch weniger als 2019. Der Corona-„Gipfel“ in der Grafik um Kalenderwoche 14 und 15 wirkt eher wie ein flacher Hügel. Auch wenn etwa das Redaktionsnetzwerk RND, das mehr als 50 Zeitungen mit Artikeln beliefert und zu Teilen der SPD gehört, diesen Hügel als „Peak“ bezeichnet und „einen starken Anstieg“ der Sterbefälle „im April“ diagnostiziert. Selbst die Spitze von 20.556 Todesfällen in Kalenderwoche 14/2020 liegt noch deutlich unter den 26.777 von Kalenderwoche 10/2018.

Das Statistische Bundesamt versucht in der Auswertung, die Abweichungen nach oben zu unterstreichen. Im Text des Amtes heißt es: „Betrachtet man die Entwicklung nach Kalenderwochen, so zeigen sich von der 13. bis zur 18. Kalenderwoche (23. März bis 3. Mai) erhöhte Sterbefallzahlen im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. In der 15. Kalenderwoche (6. bis 12. April) war die Abweichung mit 14 % über dem vierjährigen Durchschnitt am größten.“

Das stimmt. Allerdings sind solche Abweichungen offenbar keine Ausnahme. Und tatsächlich sind diese Abweichungen vom 4-Jahres-Durchschnitt im Corona-Jahr deutlich geringer als sie es etwa im Jahr 2018 waren. Es hängt alles davon ab, wie man die Statistik interpretiert. Die Zahlen deuten jedenfalls an, dass Corona-Kritiker nicht gänzlich falsch liegen, wenn sie behaupten, dass durch Covid-19 in diesem Jahr weniger Menschen gestorben sind als durch die Grippewelle 2018.

Ich bin kein Mediziner und hüte mich vor jeglichen Schlussfolgerungen. Allerdings finde ich es höchst bedenklich, dass in unseren Medien fast nur diejenigen Fachleute zu Wort kommen, die die aktuelle Corona-Politik unterstützten bzw. mit initiiert haben. In funktionierenden Demokratien und Medienlandschaften müssten sich diese Experten und die Politiker, die Grundrechte beschneiden, öffentlichen Diskussionen mit ihren Kritikern stellen. Zweifelnde, nüchterne Betrachtungen wie die von GD-TV auf Youtube, die mehr als 400.000 mal abgerufen wurden (anzusehen hier) müssten in den öffentlich-rechtlichen Sendern breit diskutiert werden. Ebenso wäre eine Debatte nötig über den Bestseller des Ehepaars Karina Reiß und Sucharit Bhakdi „Corona-Fehlalarm?“. Die beiden Wissenschaftler haben darin ihre Diagnosen vorsichtig in Frageform präsentiert (ich habe das Buch inzwischen vorliegen – wenn Interesse an einem Artikel darüber besteht, bitte ich kurz unter den Kommentaren unter diesem Artikel Bescheid zu geben). Die beiden Autoren behaupten ebenso wenig wie andere Kritiker das Virus sei ungefährlich; aber sie fordern, Nutzen und Nachteile der restriktiven Corona-Politik gegeneinander abzuwägen. Eine legitime Forderung, auf die Politik und Medien zumindest eingehen müssten.

Stattdessen attackiert etwa das Recherchebüro „Correctiv“, das unter anderem von der Soros-Stiftung finanziert wird, mit sehr fragwürdiger Argumentation selbst Youtuber, die es wagen, die Zahlen des Statistischen Bundesamtes kritisch zu betrachten (siehe hier). Da scheinen bei manchen die Nerven sehr blank zu liegen.

Das weit reichende Verschweigen kritischer Stimmen außerhalb des Internets und der so genannten alternativen Medien, die Aggressivität von so genannten „Fakten-Checkern“ gegenüber Zweiflern und die Nicht-Betrachtung der Sonderauswertung der Sterbezahlen machen einen zumindest nachdenklich. Und sie werfen Fragen auf: Wird hier versucht, eine kritische Betrachtung und ein Hinterfragen der Corona-Politik unserer Regierung zu verhindern? Gerade weil diese so einschneidend war und ihre wirtschaftlichen Folgen noch sehr viel dramatischer sein werden, als es jetzt schon zu erkennen ist, wäre hier eine schonungslose Aufarbeitung und die Kontrolle durch die Medien besonders wichtig. Sie ist aber nicht einmal in Ansätzen zu erkennen. Eher das Gegenteil.


Bilder: www.Live-Karikaturen.ch/CC BY-SA 4.0/ Screenshot Destatis/Staistisches Bundesamt

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