Laschet: Eine Lusche, die jetzt ganz weit nach oben will

Gastbeitrag von Dr. Manfred Schwarz

Dass der nächste Bundeskanzler ein Mann sein wird und dass er aus der Union kommt, das scheint festzustehen. Markus Söder – der „allzu grüne Schwarze“(Süddeutsche Zeitung) – ist derzeit wohl der aussichtsreichste Kandidat. Sein Nebenbuhler Armin Laschet aus Aachen von seinen Gegnern wegen dessen „Flüchtlings“-Politik bisweilen auch „Türken-Armin“ genannt – scheint zunehmend ins Hintertreffen zu geraten. Doch für den listenreichen Kabinettschef von Düsseldorf schlagen Unions-Strategen bereits ein neues Objekt der Begierde vor: das Berliner Schloss Bellevue. Aber der Reihe nach.

Heribert Walz, ein sehr guter Freund Armin Laschets seit seinen Jugendtagen, hat kürzlich der Rheinischen Post verraten, was lange das Lebensmotto beider war: „20 Prozent Sein, 30 Prozent Schein und 50 Prozent Schwein.“ Was beide genau unter „Schwein“ verstehen, wollte Walz allerdings nicht verraten. Diese Anekdote sagt über die Schlitzohrigkeit Laschets – der bald CDU-Bundesvorsitzender und danach Kanzler werden will – mehr aus, als ihm lieb sein dürfte.

Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen gilt für viele Medien weiterhin zumindest als ein „Königsmacher“ (Schwäbische Zeitung), der wider Erwarten doch noch König werden könnte. Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) schrieb, man solle den eher ein wenig klein geratenen Politiker vom Rhein – er ist 1,70 Meter groß – nicht vorzeitig abschreiben: „Wer glaubt, ein frisch gebackener Parteichef Laschet würde Söder kampflos die Arena überlassen, unterschätzt den Rheinländer“ (NZZ).

Ein Trickser und Täuscher

Dass der heutige CDU-Vorsitzende von NRW bisweilen über seinen unbändigen Ehrgeiz zu stolpern pflegt, hat er 2015 unter Beweis gestellt, als er sich als Lehrbeauftragter an der Rheinland-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen mit großer Chuzpe Seminar-Zensuren für Studenten schlicht aus den Fingern gesogen hat – sogar für solche Studierenden, die an den prüfungsrelevanten Klausuren gar nicht teilgenommen hatten. Der Hochschullehrer ohne Promotion hatte vertuschen wollen, dass ihm die Klausuren derer, die an der Semester-Abschlussprüfung teilgenommen hatten, irgendwo im Aachener Raum so nachhaltig verloren gegangen waren, dass sie nie wieder aufgefunden wurden.

Da rieb sich verwundert auch die Welt die Augen: Vieles klinge „nicht nach einer seriösen Seminarführung“. Als der CDU-Politiker damals von Journalisten gebeten wurde, die Zusammenhänge zu dieser Zensuren-Findung à la Laschet näher zu erläutern, reagierte er sehr unwirsch: Er könne dies sehr wohl erklären, aber er wolle es nicht.

Wenig später hat die RWTU-Leitung dem damaligen Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion die Berechtigung entzogen, prüfungswichtige Seminare abzuhalten. Norbert Römer, damals SPD-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, sprach laut Zeitungsberichten „davon, dass Laschet ‚trickst und täuscht‘ und den Ruf einer angesehenen Hochschule beschädige“ (Die Welt). Ein Lehrer, der sich so verhalten hätte, „müsste mit einem dienstrechtlichen Verfahren rechnen“.

Dass des heutigen Ministerpräsidenten Hochschullehrertätigkeit schon vorher von einigen Hochschul-Kollegen mit gewisser Skepsis beobachtet wurde, mag auch daran gelegen haben, dass er zwar Jura studiert hat, aber nie „Volljurist“ geworden ist, weil er als junger Mann – aus welchen Gründen auch immer – darauf verzichtet hat, das für Volljuristen obligatorische Referendariat (verbunden mit dem Zweiten Staatsexamen) zu absolvieren.

Steuer-Vorschriften kümmern Laschet bisweilen wenig

Als damaliger „Integrationsminister“ im Kabinett Jürgen Rüttgers (CDU) hat Armin Laschet privat 2009 ein Buch veröffentlicht, das sich mit der Zuwanderung aus dem Ausland beschäftigt. Er vergaß in seinem unübersehbar „Flüchtlings“-freundlichen Werk mit dem Titel „Zuwanderung als Chance“ nicht, den 18 Bediensteten aus seinem Ministerium ausdrücklich zu danken, die emsig ihrem Herrn Minister während ihrer Dienstzeit mit vielen Texten geholfen halten, das Buch entstehen zu lassen. Dass darauf Gewerkschaftsvertreter und der Bund der Steuerzahler „Amtsmissbrauch und Verschwendung von Steuergeldern“ (Der Spiegel) witterten, konnte der Amateur-Publizist und bekennende Katholik angeblich gar nicht nachvollziehen. Auf Kritik reagiert der Politiker oftmals dünnhäutig.

Später wollte Landesminister Laschet das Buchhonorar – steuermindernd – bei der Steuer absetzen. Doch er hatte vorher „vergessen“, das Honorar steuerlich als Einkommen anzugeben. Sanktioniert wurde der Politiker vom Finanzamt Aachen für diesen Fehltritt aber nicht. Vielleicht stand der Missetäter auch einfach unter dem Schutz des Aacheners Klüngels, der kleine Sünden gern mal unter den Teppich kehrt. Leben und leben lassen: Dem „Ehrensenator“ des rheinischen Karnevals wurde am 8. Februar 2020 der Aachener „Orden wider den tierischen Ernst“ verliehen.

Der frisch gebackene Ordensträger erklärte an jenem Tag, für ihn gehöre die Festsitzung des Aachener Karnevalsverein (AKV) „zur närrischen DNA“. In anderen Teilen dieser Welt hatte man da schon längst ganz andere Sorgen – wegen der sich weltweit ausbreitenden COVID-19-Pandemie. Aber am Rhein ticken die Uhren anders.

Zu Besuch in Israel: Der MP aus Düsseldorf verharmlost extremistische Linke und fanatische Islamisten

Anfang 2020 machte sich Laschet auf nach „Middle East“. Offensichtlich wollte er sich in Israel nun auch als Außenpolitiker profilieren. Ausgerechnet im Nahen Osten behauptete er in einer seiner vielen Reden allen Ernstes, Ausländer seien nicht schuld an den gewaltsamen Übergriffen auf Juden in Deutschland, die Lausitzer Rundschau formulierte dazu die Schlagzeile: „Laschet: Migranten nicht verantwortlich für Antisemitismus.“

Die Wirklichkeit straft den Rheinländer freilich Lügen: Die meisten verbalen und körperlichen Angriffe auf Juden in Deutschland und auch in den übrigen westeuropäischen Ländern werden durch muslimische „Flüchtlinge“ und andere Anhänger des Korans verübt, die mehrheitlich für ihren ausgeprägten und oft militanten Antisemitismus bekannt sind. Das hat ebenfalls der renommierte jüdische Historiker Michael Wolffsohn (Münchner Universität der Bundeswehr) mehrfach öffentlich unterstrichen.

Auch linksextremistische Gewalttäter verniedlichte der NRW-Regierungschef – ganz im Sinne des linken Zeitgeist – in abstruser Weise. Er sagte: „Linke vertreten vielleicht manche These, die ich nicht teile, aber sie ziehen nicht mordend durchs Land.“ Dass linke Terroristen von der Roten-Armee-Fraktion (RAF) über Jahre mehr als dreißig Menschen umgebracht haben, hat der CDU-Landeschef offenbar aus seinem Gedächtnis gestrichen.

Dass Zehntausende von linken Antifa-Aktivisten seit vielen Jahren bundesweit nicht nur Politiker der AfD auch körperlich attackieren und deren Autos in Brand stecken, verdrängte der Unionspolitiker ebenfalls. „Das alles ist an Laschet vorüber gerauscht, wie ein Schnellzug, unterwegs von Hamm nach Herne“, schrieb der jüdische Publizist Henryk M. Broder in der Jüdischen Rundschau – anlässlich der MP-Visite im Staate Israel. So blieb Laschets Glaubwürdigkeit wieder einmal auf der Strecke. „Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen will sich als judenfreundlich profilieren – kuschelt aber mit organisierten Israel-Feinden“ (Henryk M. Broder).

Laschet lässt gerne Feste feiern – besonders dann, wenn er gefeiert wird

Der rheinische Landespolitiker feiert besonders gern auf Festen, auf denen er gefeiert wird. Das wurde ihm zum Verhängnis, als er als Kabinettschef zu Anfang der Corona-Krise selbst dann noch feucht-fröhliche Karnevalsumzüge genehmigte, als in anderen Ländern längst alle öffentliche Feiern wegen des Virus streng verboten waren. Pech für den umtriebigen Regierungschef: Der Karneval vom Rhein von 2020 galt schnell als „Brandbeschleuniger“ (Mainpost) für die Virus-Seuche in ganz Deutschland. Diese Fehlentscheidungen hängen Laschet nach bis heute.

Als der Karneval auch in NRW endlich zu Ende gegangen war, wollte der Landesvater Laschet sich als Schrittmacher gegen die „erste Welle“ des Corona-Virus profilieren – als unerschrockener Lockdowner. Er präsentierte sich, natürlich öffentlichkeitswirksam vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen des WDR begleitet, in einem Aachener Krankenhaus seinen staunenden Untertanen als besorgter Politiker, der sich über die Hospital-Probleme eingehend informieren wollte. Sein Unglück: Die obligatorische Schutz-Maske setzte er sich so tief ins Gesicht, dass seine Nase nicht bedeckt wurde. So wirkte Laschet eher wie ein kleiner Clown aus einem Aachener Polit-Zirkus. Ein gefundenes Fressen auch für etliche Karikaturisten.

Wenn ein Politiker die Wissenschaft instrumentalisiert

Vor wenigen Wochen wurden die Stimmen lauter, die die Lockerung des Corona-Lockdowns forderten. Da wollte sich der Kabinettschef von Düsseldorf augenscheinlich publikumswirksam an die Spitze aller Lockerer setzen. Der NRW-Virologe Henrik Streek wurde von der Landesregierung beauftragt, die „Heinsberg-Studie“ zu erstellen.

Als erste Zwischenergebnisse der Studie vorlagen, die besagten, einer Lockerung der Anti-Corona-Maßnahmen stünde aus virologischer Sicht nichts im Wege, wurde die umstrittene PR-Agentur Storymachine des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Kai Diekmann damit betraut, diese Zwischenergebnisse – im Widerspruch zu geltenden Gepflogenheiten in der Wissenschaft – vorzeitig zu veröffentlichen. Von Polit-Vermarktung war schnell die Rede. Und es wurde geargwöhnt, der Anti-Seuchenpolitiker von NRW habe Wissenschaftler, die ihm unterstehen, für seine politischen Ziele frech instrumentalisieren wollen.

Vom Lockerer zum unglaubwürdigen Lockdowner

Noch mehr Verwirrung stiftete Laschet, als der Corona/Hygiene-Skandal in NRW beim milliardenschweren Fleisch-Fabrikanten Clemens Tönnies – dem „Schlachter mit Glamour-Effekt“ (Schwäbische Zeitung) – bekannt geworden ist, der zuvor offenbar schon öfter der CDU hohe Parteispenden hatte zukommen lassen und der in vergangenen Jahren oft und gern mit Armin Laschet für Fotos und Filme zu posieren wusste.

Es gab einen Sturm der Entrüstung im ganzen Bundesgebiet ob der schwer defizitären hygienischen Verhältnisse in der Tönnies-Fabrik im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück. Dass jetzt auch noch im Kreis Osnabrück massenhaft Ratten in einem Kühlhaus entdeckt wurden, in dem auch viel Fleisch von Tönnies lagerte, setzt der Fleisch-Affäre des Clemens Tönnies die Krone auf.

Im Angesicht der Skandale in der Tönnies-Unternehmensgruppe (Leitbild: „Wir leben für eine genussvolle und gesunde Ernährung mit Fleisch“) verwandelte sich der zuständige Regierungschef über Nacht von einem „Lockerer zum Lockdowner“ (FAZ) – und sprach markige Worte. Es gebe jetzt „keine Zusammenarbeit mit Herrn Tönnies“. „Die Zeit“ – so Laschet weiter in seiner ihm eigenen spezifischen Sprache – als man „kooperiert hat, was möglicherweise in der Vergangenheit mal der Fall gewesen sein mag, ist vorbei“. Nunmehr werde „streng nach Recht und Gesetz verfahren“.

Da fragten sich viele Bürger in NRW verblüfft, ob bis dahin denn nicht „nach Recht und Gesetz verfahren“ wurde. Stefan Willeke, Chefreporter der Zeit, merkte dazu an, er glaube, Laschet sei „der größte Gegner von Armin Laschet, weil er sich immer wieder Fallen stellt, in die er dann tappt, und wo dann alle Umstehenden sagen, wie konnte das passieren“.

Liebäugelt der „Entkanzlerte“ längst mit dem Schloss Bellevue?

Ob in Düsseldorf, Aachen oder Israel: Armin Laschet schwingt gern große Reden. Er merkt freilich nicht, dass er dabei oft gekünstelt gestikuliert und mit überzogenen Armbewegungen just auch die Worte unterstreicht, die sich auf absolute Nebensächlichkeiten beziehen. Schon dadurch gehen Authentizität und Glaubwürdigkeit verloren. Viele seiner großen Worte wirken nicht selten abgedroschen. Kritiker sprechen oft von hohlen Phrasen. „Authentisch“ jedenfalls geht anders.

Angesichts des wenig überzeugenden politischen Zick/Zack-Kurses in den letzten Monaten gilt der Ministerpräsident für die „Leitmedien“ längst als „entkanzlert“ (Monitor). Das scheint nun auch in der Staatskanzlei von Düsseldorf angekommen sein. Aber der Regierungschef von NRW, den der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) als einen „Macher des Unverbindlichen“ bezeichnet hat, hieße nicht Laschet, wenn er nicht schon längst – als geschmeidiger Schlawiner – einen attraktiven Notausgang ausbaldowert hätte.

Aus gewöhnlich gut informierten Kreisen heißt es seit wenigen Tagen, CDU-Strategen diskutierten jetzt Personalvorschläge, die dazu dienen könnten, große Auseinandersetzungen an der Spitze der Unionsparteien tunlichst zu vermeiden: Danach könnte Markus Söder problemlos Kanzler und Jens Spahn CDU-Vorsitzender werden, wenn Armin Laschet demnächst als Nachfolger von Frank-Walter Steinmeier (SPD) – dem „Fähnchen im Wind der Mehrheitsmeinung“ (NZZ) – reüssierte. Wenn der Mann vom Rhein also neuer Bundespräsident werden würde. Dann liefe Laschet nicht Gefahr, sein Gesicht zu verlieren. Und die SPD erhielte auch noch die verdiente Quittung dafür, dass sie sich ohnehin schon lange auf einem absteigenden Ast befindet.


Dr. Manfred Schwarz (Politologe): Zivillehrer an der Hamburger Landespolizeischule, dann etliche Jahre Berufsschullehrer und Dozent in der staatlichen Lehrerfortbildung (Bereich: Politik); jeweils acht Jahre Medienreferent in der Hamburger Senatsverwaltung und (nebenamtlich) Vizepräsident des nationalen Radsportverbandes BDR (verantwortlich für die bundesweite Medienarbeit / Herausgeber einer Internet-Radsportzeitung). CDU-Mitglied, sechs Jahre Mitglied des Hamburger CDU-Landesvorstands. Heute Autor für verschiedene Internetportale mit den Schwerpunkt-Themen Politik und Medien.


Bilder: Marco Verch/flickr.com/CC BY-SA 2.0 / Pixabay/ahundt/Ekaterina Quehl (bearbeitet)

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