Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass jemand wie der Virologie Christian Drosten an Tagen wie diesen fast rund um die Uhr beschäftigt ist. Der 48-Jährige aus Lingen im Emsland gilt schließlich als der Mann, der entscheidenden Einfluss auf die Corona-Politik der Bundesregierung hat. Doch neben der Weichenstellung für Politik und Gesellschaft findet der viel gefragte Mediziner auch noch Muse für die Kunst bzw. das, was viele dafür halten: Ende Juli traf er sich mit der Punkband ZSK, die als musikalischer Arm der Antifa gilt und ihm einen Song gewidmet hat.
Im Verfassungsschutzbericht des Freistaates Sachsen stand 2017 unter dem Schlagwort Linksextremismus: „Linksextremistischen Musikgruppen bietet sich (…) die Möglichkeit, öffentliche nicht extremistische Veranstaltungen für die Vermittlung ihrer politischen Ideen zu nutzen, sich dort zu präsentieren und gesellschaftliche Akzeptanz zu finden, um schließlich im Kontext ihrer extremistischen Ideologie auf Nichtextremisten einzuwirken. So trat u. a. die linksextremistische Musikgruppe ZSK aus Berlin im Jahr 2017 bei Konzerten in Dresden, Chemnitz und Leipzig auf“. Die Band ZSK bekennt sich offen zur linksextremen Antifa. So singen sie z.B. in ihrem Lied „Antifascista“ den bekannten Antifa-Ausruf „Alerta Alerta Antifascista“.
Das ZSK-Lied über den Virologen („Ich habe besseres zu tun“) wurde zum Megahit und hat ganz offensichtlich auch den im Text gehuldigten Professor zu einem Fan gemacht. Bei dem Treffen bekam Drosten eine Vinyl-Single des Liedes geschenkt. Die Band teilte auf ihrem Twitter-Kanal mit: „Er freut sich sehr über den Song und will das Lied gerne mal live mit uns spielen. Kein Witz! (Er spielt Gitarre.) Sind nur vier Akkorde. Das sollte schnell zu lernen sein.“
In den Medien wurde breit und zustimmend über das Lied und das Treffen berichtet. Die Märkische Allgemeine machte sich lustig über Kritik an Drostens Flirt mit der Band (das Blatt ist im Besitz der Madsack Mediengruppe, bei der wiederum die SPD über Beteiligungen größte Kommanditistin ist): „Vereinzelt mopperten auch User über den angekündigten Gig und witterten einen ‘Skandal‘. Begründung: Die Band stehe der Antifa nahe, sei mithin „linksextrem“. Was man in den sozialen Medien eben so schreibt als rechter Troll“. Tatsache sei, so das Blatt aus Potsdam: “ ZSK unterstützen seit vielen Jahren die Website „Kein Bock auf Nazis“ und befinden sich damit in guter Gesellschaft (Hosen, Ärzte, Casper, Fettes Brot, Beatsteaks und Deichkind).“ Die Einschätzung des Sächsischen Verfassungsschutzes? Für die mit der SPD verstrickte Regionalzeitung nicht einmal einer Erwähnung wert.
Der Songtitel ist nach Angaben der Band einer „medialen Kampagne der „Bild“-Zeitung gegen den Viren-Experten und Drostens cooler Reaktion darauf geschuldet“. Der Professor hatte eine Anfrage der Bild mit dem Satz abgetan, er habe Besseres zu tun. Später zeigte er sich beleidigt über die Berichte.
ZSK veröffentlicht nach dem Treffen mit Drosten im Juli ihr neues Studioalbum „Hallo Hoffnung“, insofern kommt die Aufmerksamkeit in Sachen Drosten der Band gelegen. Sie wurde 1997 in Göttingen gegründet und spielte kurz darauf erste Konzerte in linken Jugendzentren, besetzten Häusern und auf diversen Skateboard-Events.
ZSK veröffentlich etwas Texte wie diesen 2017 auf Facebook: „Wir waren selbst auch schon bei Antifa-Demos in Wurzen. Die sind leider bitter nötig, bei den ganzen Nazi-Schweinen dort. Wir haben gerade die Bilder von der heutigen Demo gesehen und sind richtig erschrocken, mit was für einer Waffengewalt dort antifaschistisches Engagement kriminalisiert wird, während in jeder Seitenstraße gewaltbereite Nazis stehen.
Wir sind solidarisch mit allen, die sich dem rechten Dreck in den Weg stellen!“
Auf dem Bild dazu ist ein Sondereinsatzkommando (SEK) der Polizei zu sehen, und darauf in dicken Letter: „SEK mit Maschinengewehren, Wasserwerfer und Nazi-Mob gegen 300 Antifa“. Die Band wirft also der Polizei vor, sich mit „Nazi-Mob“ gemein zu machen.
Man stelle sich einmal vor, Drosten hätten mit einer Musikgruppe gruppiert, die in einem Verfassungsschutzbericht dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet wurde. Ob dann auch jegliche Kritik unterblieben wäre und die Medien sich voller Sympathie geäußert hätten?
Bild: screenshot twitter
Text: red