Journalisten neigen dazu, in Blasen zu leben, sich vor allem mit ihresgleichen auszutauschen. Seit langem berichte ich regelmäßig vom Austausch mit Freunden und Bekannten. Dafür wurde ich bereits massiv attackiert, etwa von einem der Lausprecher des linken Journalismus, Stefan Niggemeier. Der machte es sich auf twitter darüber lustig, dass ich so viele Freunde hätte. Und viele andere taten es ihm gleich (siehe hier).
Ich fasse solche Kritik, auch wenn sie hämisch und diffamierend ist, als Kompliment auf. Weil ich überzeugt bin, dass es die Aufgabe eines Journalisten ist, mit möglichst vielen Menschen zu reden, sich auszutauschen. Ich rede gerne Leute an, ob im Taxi, im Geschäft, im Restaurant. Und ich halte es für meine Aufgabe als Journalist, den Menschen eine Stimme zu geben. Dass Kollegen einen genau dafür verspotten, dass sie nicht glauben können, dass jemand viele Freunde hat und mit sehr vielen spricht, sagt sehr viel über sie aus.
Heute will ich hier einem Menschen eine Stimme verleihen, der als Handwerker auf vieles eine ganz andere Perspektive hat als ich. Der mich immer wieder überrascht damit, wie er, ohne jeden akademischen Hintergrund, vieles klarer sieht als mancher Hochgebildete. Ich tausche mich mit Thomas B. – sein Nachname sei zu seinem Schutz verschwiegen – fast jeden Werktag aus. Er war schon zu DDR-Zeiten unangepasst. Und ist es geblieben. Er archiviert viele meiner Artikel auf Papier, bringt sie mit in seine Heimat, zeigt sie dort seinen Verwandten und Freunden, wenn er am Wochenende aus Berlin nach Hause fährt.
Ermutigt von mir, hat Thomas jetzt seinen ersten Artikel geschrieben. Mit der Hand, auf ein Blatt Papier – das ist ihm Näher als alles Digitale. Es ist mir eine große Freude und erfüllt mich mit Stolz, dass ich Thomas hier heute eine Plattform bieten kann. Ich danke ihm für die vielen Gedank und Ansichten, die er mit mir teilt. Und die ich oft aufgreife und etwa auf twitter und facebook zitiere. Und genauso Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, für die vielen, vielen Anregungen und Gedanken. Es ist ein großer Reichtum, den sie mir da schenken. Ich freue mich auf viele Rückmeldungen zum Beitrag von Thomas, gerne unten in den Kommentaren – ich bin sicher, sie werden ihm viel bedeuten!
Gastbeitrag von Thomas B.
Die ganze Anteilnahme an George Floyd, die sowohl in Amerika als auch in Deutschland praktiziert wird, macht mich sehr nachdenklich: Da wird einem Mensch, der weit weg von uns durch Gewalt zu Tode gekommen ist, auch bei uns sehr viel Solidarität zuteil.
Das erinnert mich ganz stark an den Feuerwehrmann aus Augsburg, der unter ähnlichen Umständen, denn auch da war es brutaler Totschlag, ums Leben gekommen ist und dazu noch nach einem Besuch auf dem Weihnachtsmarkt.
Aber wenn man jetzt glaubt, dass die Menschen da auch auf die Straße gegangen sind, um ihre Stimme dagegen zu erheben, dann täuscht man sich ganz gewaltig.
Auch in den Medien war kaum bis gar nichts darüber zu hören damals. Ich persönlich bin sehr traurig und meine, ja bin sogar fast davon überzeugt, dass dies auch eine Art von Rassismus ist.
Anhand dieser Feststellung empfinde ich die Demos für den in Amerika getöteten Mann in Deutschland als reine Heuchelei.
Thomas freut sich auf Ihre Kommentare! Häme von Journalisten wird er weg stecken! Ich wollte man sehen, wie die sich umgekehrt in seinem Beruf anstellen würden – Thomas ist gelernter Maurer. Jemand, der sein ganzes Leben aufgebaut hat. Und dem es weh tut, zu sehen, wie viel heute eingerissen wird.
Bild: Boris Reitschuster