Von reitschuster.de
Es ist fast schon eine Routine geworden: Neue Studien und Analysen, die das Versagen der deutschen Wirtschaftspolitik aufdecken, werden in regelmäßigen und erschreckend kurzen Abständen veröffentlicht. Die Alarmzeichen häufen sich und das Muster ist immer dasselbe: düstere Zahlen, warnende Stimmen und die hartnäckige Ignoranz der politischen Elite. Jüngst gesellt sich eine weitere, besonders aufrüttelnde Studie von Ernst & Young (EY) dazu, die zeigt, dass sich Deutschlands industrieller Herzschlag in eine kritische Lage manövriert hat. Wer jetzt noch von einer „robusten Wirtschaft” spricht, spielt mit der Wahrheit – und mit der Zukunft des Landes.
Die Umfrage unter 115 Managern führender Industrieunternehmen offenbart: Fast ein Drittel der Unternehmen plant, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern. Gleichzeitig denkt kaum jemand daran, neue Stellen nach Deutschland zu holen. Nur vier Prozent der Unternehmen haben Pläne, Arbeitsplätze zurückzuführen. Und bei Investitionen sieht es nicht besser aus: 45 Prozent der Firmen wollen im Ausland expandieren, während lediglich 13 Prozent an Neuinvestitionen in Deutschland denken. Das ist eine Bankrotterklärung für den Industriestandort Deutschland.
Es ist nicht so, dass dies der einzige Weckruf wäre. Im Gegenteil: Die Wirtschaftsverbände schlagen seit Monaten Alarm. Steigende Energiekosten, hemmende Bürokratie und ein erdrückender Fachkräftemangel – der Mix ist tödlich für jedes Investitionsklima. Doch anstatt entschlossen gegenzusteuern, beobachten wir, wie Berlin sich in endlosen Debatten und ideologischen Prestigethemen verliert.
Die EY-Studie zeigt deutlich, dass die Industriepolitik in Deutschland nicht nur Probleme ignoriert, sondern aktiv verschärft. 70 Prozent der befragten Manager nennen Bürokratie als eines der größten Hindernisse für Wachstum. Man fragt sich: Ist das die vielgepriesene „Verwaltungsexzellenz“ des Landes? Wo die Prozesse andernorts verschlankt und digitalisiert werden, findet man hier oft ein undurchdringliches Netz aus Formularen und Genehmigungsverfahren. Und während sich Politiker mit einer Flut von Absichtserklärungen und halbherzigen Reformen brüsten, laufen die Investoren davon – in Länder, die verstehen, dass Effizienz nicht nur ein Wort ist, sondern ein Wettbewerbsvorteil.
Besonders bedenklich ist der Fachkräftemangel, den 57 Prozent der Unternehmen als signifikantes Problem sehen. Dabei ist dies kein neues Thema; es wird seit Jahren diskutiert, doch effektive Lösungen sind Mangelware. Die Untätigkeit der Regierung verstärkt das Problem nur. Statt sich auf Ausbildung, Förderung von MINT-Berufen und eine kluge Zuwanderungspolitik zu konzentrieren, erstickt die Industrie unter einer Ausbildungsoffensive, die mehr auf theoretische Debatten als auf praxisnahe Maßnahmen setzt.
Die Folgen dieser Entwicklung sind absehbar: 63 Prozent der Manager rechnen mit einem Rückgang der Beschäftigung in den kommenden Jahren. Die Zahlen sprechen für sich und sind Ausdruck einer desolaten Lage, die von den Entscheidungsträgern in ihrer vollen Tragweite offenbar noch immer nicht erkannt wird. Und die paar positiven Prognosen, dass sich die Situation innerhalb von fünf Jahren bessern könnte, klingen angesichts der realen Umstände eher nach Zweckoptimismus.
Es wird Zeit, dass Deutschland aufwacht und erkennt, dass die aktuelle Industriepolitik einer Zeitbombe gleicht. Der Standort braucht mutige Reformen, eine klare Strategie und den echten Willen, statt ständiger leerer Versprechen, Bürokratie zu entschlacken, den Fachkräftemangel wirksam anzugehen und endlich wieder ein Klima zu schaffen, in dem Innovation und Wachstum gedeihen können. Seinen Ruf als Wirtschaftsmotor Europas hat Deutschland bereits verloren, es ist bereits in der zweiten Reihe – doch es sollte sich nicht damit abfinden, zum „kranken Mann“ Europas zu werden.
„Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd“
sagt ein altes chinesisches Sprichwort. Bei uns ist es wohl eher ein guter Anwalt – und der kostet Geld. Augsburgs CSU-Oberbürgermeisterin Eva Weber hat mich gerade angezeigt, weil ich es gewagt habe, ihre Amtsführung zu kritisieren. Es geht um mehr als nur diesen Fall. Es geht um das Recht, Kritik an den Mächtigen zu üben, ohne kriminalisiert zu werden. Helfen Sie mir, dieses wichtige Recht zu verteidigen! Jeder Beitrag – ob groß oder klein – macht einen Unterschied. Zusammen können wir dafür sorgen, dass unabhängiger Journalismus stark bleibt und nicht verstummt. Unterstützen Sie meine Arbeit:
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