Afghanistan-Abschiebung: Entscheidende Frage bleibt unbeantwortet … ... und wird von den Medien ausgeblendet

Von reitschuster.de

Früh am Morgen des 28. August 2024 hob eine Qatar-Airways-Maschine mit 28 afghanischen Straftätern an Bord vom Flughafen Leipzig/Halle Richtung Kabul ab. Die abgeschobenen Männer waren wegen schwerer Verbrechen wie Vergewaltigung und Kindesmissbrauch verurteilt worden und hatten ihre Strafen in deutschen Gefängnissen teilweise oder vollständig abgesessen. Doch bei aller öffentlichen Aufmerksamkeit, die dieser Abschiebeflug erregt hat, bleiben entscheidende Fragen unbeantwortet: Was passiert mit diesen Straftätern nach ihrer Ankunft in Afghanistan? Müssen sie dort ihre Reststrafen absitzen oder kommen sie auf freien Fuß?

Diese Frage wird in den Berichten über die Abschiebung schlichtweg ausgeblendet. Dabei ist sie von zentraler Bedeutung, wenn es darum geht, die Wirksamkeit solcher Maßnahmen zu beurteilen. Wenn die abgeschobenen Straftäter in Afghanistan auf freien Fuß gesetzt werden, sendet das ein fatales Signal an potenzielle Nachahmer. Es würde bedeuten, dass Kriminelle in Deutschland für ihre Taten nur kurzfristig zur Verantwortung gezogen werden, bevor sie in einem Land, das nicht für seine rechtsstaatlichen Standards bekannt ist, möglicherweise straffrei weiterleben können.

Laut den Berichten im Zusammenhang mit der Abschiebung handelt es sich um den ersten Flug dieser Art seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021. Monatelange, geheime Verhandlungen seien der Aktion vorausgegangen. Doch was genau diese Verhandlungen beinhalteten und ob es eine Übereinkunft bezüglich der weiteren strafrechtlichen Verfolgung der abgeschobenen Personen in Afghanistan gibt, bleibt unklar. Dass die politisch Verantwortlichen hier die Bürger im Nebel belassen, ist eine ungeheure Dreistigkeit und Respektlosigkeit.

Besonders brisant ist der Fall eines Afghanen, der an der Gruppenvergewaltigung einer 14-Jährigen in Illerkirchberg 2019 beteiligt war. Dieser Mann wurde nun nach Afghanistan abgeschoben. Doch anstatt sicherzustellen, dass er für seine Taten weiterhin zur Rechenschaft gezogen wird, gibt es keinerlei Informationen darüber, wie die afghanischen Behörden mit ihm verfahren werden. Wird er dort überwacht? Muss er seine Strafe absitzen? Oder wird er einfach freigelassen?

Diese Unsicherheit hat nicht nur juristische, sondern auch moralische Implikationen. Die Vorstellung, dass ein verurteilter Sexualstraftäter, der hier in Deutschland zu einer Strafe verurteilt wurde, in Afghanistan möglicherweise straffrei davonkommt, ist für die Opfer und ihre Familien geradezu unerträglich. Noch schlimmer: Die Zahlung von 1.000 Euro Handgeld, die jeder der Abgeschobenen vor dem Abflug erhielt, wirkt wie eine zynische Verhöhnung der Opfer und ihrer Angehörigen. Was in Deutschland als „Reintegration und Rückführungshilfe“ verkauft wird, könnte in Afghanistan als finanzielle Belohnung für Straftaten angesehen werden.

Die Naivität, mit der die Verantwortlichen hier handeln, ist geradezu atemberaubend. Und in jedem Fall verheerend.

Das Bundesprogramm REAG/GARP, das diese Zahlungen ermöglicht, wurde ursprünglich ins Leben gerufen, um Menschen, die abgeschoben werden oder freiwillig ausreisen, eine finanzielle Unterstützung für die Rückkehr in ihr Heimatland zu bieten, so „Focus“. „Dazu gehören die Übernahme von Fahrtkosten zum Flughafen und eine Reisebeihilfe von 200 Euro pro Person. Zudem können Rückkehrer bis zu drei Monate nach ihrer Ankunft im Zielland weitere finanzielle Unterstützung von bis zu 2.000 Euro erhalten“. Doch in Fällen wie dem des verurteilten Vergewaltigers von Illerkirchberg, der für seine schrecklichen Taten nun nicht nur möglicherweise auf freien Fuß kommt, sondern auch noch eine finanzielle Unterstützung erhält, wirkt dieses Programm wie ein Hohn.

Die Bundesregierung hat die Abschiebung mit der notwendigen Sicherheit in Deutschland begründet. Innenministerin Nancy Faeser erklärte auf X (ehemals Twitter): „Unsere Sicherheit zählt, unser Rechtsstaat handelt.“ Doch die Frage, ob diese Abschiebungen tatsächlich die Sicherheit erhöhen, bleibt unbeantwortet. Es entsteht vielmehr der Eindruck, dass es sich um eine Maßnahme handelt, die vor allem im Kontext der bevorstehenden Wahlen in Sachsen und Thüringen Aufmerksamkeit erregen und noch ein paar wankelmütige Wähler der „Ampel“ an die Wahlurne bringen soll.

Aktionismus vor Wahlen ist nichts Neues, doch in diesem Fall offenbart er ein doppeltes Versagen: Einerseits könnte die Abschiebung schwerer Straftäter in ein Land, das kaum über ein funktionierendes Justizsystem verfügt, zu ihrer faktischen Straffreiheit führen. Andererseits könnte die Art und Weise, wie diese Abschiebungen durchgeführt werden, die tiefergehenden Probleme, die Deutschland mit der Integration von Migranten und dem Umgang mit Kriminalität hat, verschleiern.

Es wäre naiv zu glauben, dass die Lösung für diese Probleme in der bloßen Abschiebung von Straftätern liegt. Solange unklar bleibt, was mit diesen Menschen nach ihrer Ankunft in Afghanistan geschieht, und solange die wahren Herausforderungen nicht offen und ehrlich angegangen werden, wird die Abschiebung nicht mehr sein als ein symbolischer Akt – einer, der möglicherweise mehr Schaden anrichtet, als er Nutzen bringt.

Die Sicherheitsbedenken, die als Rechtfertigung für diese Maßnahmen angeführt werden, dürfen nicht zu einem Deckmantel für mangelnde Transparenz und fehlende langfristige Strategien werden. Die deutsche Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu erfahren, was mit den abgeschobenen Straftätern geschieht und ob sie in ihren Heimatländern tatsächlich zur Rechenschaft gezogen werden. Bis diese Fragen geklärt sind, bleibt die Abschiebung von heute ein fragwürdiges Mittel im Kampf um Wählerstimmen – und die Opfer der Taten bleiben auf der Strecke.

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