ARD-Urgestein über Corona: „Politiker haben gelogen, dass es nur so krachte“ "Aufarbeitung findet nicht statt"

Rolf-Dieter Krause war ein Schwergewicht bei der ARD. Er agierte als Programmchef beim WDR, leitete 15 Jahre lang das ARD-Studio in Brüssel, bis er 2016 in den Ruhestand ging. Ich persönlich habe ihn einmal bei einem Abendessen kennen gelernt, schon nach seiner Pensionierung. Und war erstaunt, wie unideologisch Krause ist – trotz aller Meinungsunterschiede. „Schade, dass Leute wie er eine aussterbende Gattung bei den öffentlich-rechtlichen Sendern sind“, sagte ich mir damals.

Jetzt zeigt Krause, dass meine Eindrücke nicht falsch waren. In der „Phoenix Runde“ sprach der 73-Jährige Klartext, wie man ihn in den öffentlich-rechtlichen Sendern kaum noch hört – und wie er sonst als „Schwurbelei“ diffamiert wird. Klartext, wie er in den großen Anstalten bitter nötig wäre – und nicht nur bei dem kleinen Spartensender „Phoenix“. Dass so viele Menschen Parteien außerhalb des Spektrums wählen, dass ARD, ZDF & Co. als einzig richtiges und zulässiges deklariert haben, erklärte Krause mit Standpunkten, die oftmals als „Schwurbelei“ abgetan wurden und werden.

Thema der Talkrunde: „Wahlklatsche in Europa – wie beschädigt ist die Ampel?“ Krause nutzte die Fragestellung für einen  Rundumschlag. Durch das Ergebnis der Europawahl sei „deutlich geworden wie noch nie“, dass sich „eine doch sehr große Zahl von Menschen von unserem demokratischen Parteiensystem abgewendet hat“. Die Gründe dafür „liegen nicht in irgendeinem rechten Spektrum, sondern die liegen bei diesen Parteien“, so Krause.

Sodann zähle der ARD-Mann im Ruhestand Beispiele auf, „woher der Vertrauensverlust kommen kann“.

Voila:

  • „Wir haben einen Bundeskanzler, dessen Rolle in der Cum-Ex-Affäre immer noch ungeklärt ist. Die Staatsanwältin, die ermittelte, hat entnervt aufgegeben.“ Ein besonderes Problem dabei: „Und es regt eigentlich in der Politik und auch in den Medien kaum jemanden auf.“
  • „Frau von der Leyen hat in Europa mit den Milliarden um sich geworfen, als sie die Impfstoffe besorgte. Sie tut alles, um keine Klarheit zu schaffen in der Affäre und ist trotzdem Spitzenkandidatin und hat jetzt wahrscheinlich gute Chancen, wieder Kommissionspräsident zu werden.“
  • „Wir wissen inzwischen aus den Protokollen des RKI und des Expertenrates, dass die Kritiker der Pandemie-Maßnahmen sehr recht gehabt haben und dass uns Politiker damals belogen haben, dass es nur so krachte. Es spielt in den Medien und in der Politik keine Rolle. Die Aufarbeitung dieser Geschichte, die bei vielen Leuten eine große Rolle spielt, findet nicht statt.“
  • „Die politische Mitte hat versagt.“

All die aufgezählten Faktoren sorgten „für einen Vertrauensverlust gegenüber den etablierten Parteien“, so Krause. Sodann erfolgte noch einmal (nach dem „demokratischen Spektrum“ als AfD-Ausschluss-Definition) das heute unvermeidliche Bashing der AfD – wenn auch bei ihm in deutlich zurückhaltenderer Form als üblich bei den öffentlich-rechtlichen Sendern: Bei der Partei gebe es „natürlich jede Menge Schmuddelleute wie Krah und andere“. Aber die Wähler der AfD würden das mit Blick auf die anderen Parteien eben schlucken: „Aber guck doch mal da hin, guck doch mal da hin, da ist es doch auch nicht besser.“

Das Fazit des ARD-Urgesteins: „Und das ist das Problem, das ich sehe. Das sind Gründe, die so tief sitzen. Das Erstarken extremistischer Parteien kommt nicht von irgendwo her, sondern es kommt, weil die Mitte versagt hat.“

Die Diagnose mit dem Versagen der Mitte teile ich vollumfänglich. Auch wenn ich – wohl im Gegensatz zu Krause – die Grünen und die Ideologen, die die SPD übernommen haben, eben nicht zur Mitte zähle, sondern sie sehr weit links verorte. Dass sich die Sozialdemokraten vom alten Schlag ihre Partei von den linken Glaubenskriegern entreißen ließen, ist schlimm genug. Noch schlimmer ist, dass sich die Union unter Angela Merkel politisch kastrieren und zu einer faktisch grünen Partei hat umdrehen lassen. Gar nicht zu reden von der FDP, die sich unter Lindner missbrauchen lässt als Steigbügelhalter für das Umkrempel unserer Republik nach radikalem rot-grünem Bauplan.

Ich höre jetzt schon die Stimmen in den Kommentaren, die Krause vorwerfen, er sei Teil des Systems, und verzichte nicht auf das obligatorische AfD-Bashing, den Gesslerhut unserer Zeit. Ich finde: Unsere Gesellschaft ist bereits bis zur Unerträglichkeit gespalten. Wenn wir an jeden ein Reinheitsgebot anlegen, verstärken wir diese Spaltung noch, und kommen nicht vom Fleck. So wenig wir vergessen dürfen und so fatal eine Einstellung des  „Schwamm drüber“ wäre –  wir sollten einander wenigstens zuhören. Und wenn jemand wie Krause derart richtige und für einen ARD-Mann geradezu spektakuläre Sachen sagt, sollten wir die einfach zur Kenntnis nehmen und uns darüber freuen. Denn es handelt sich hier um die ersten Steine, die aus der Mauer der öffentlich-rechtlichen Gesinnungs-Hegemonie bröckeln. Die steht zwar aktuell noch fest. Aber steter Tropfen höhlt den Stein.

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