Deutsche in Deutschland ausgewiesen

In den meisten Medien wird es eher im Kleingedruckten versteckt, obwohl es eine Meldung ist, deren Dramatik man kaum unterschätzen kann. Als mir mein Hausmeister davon erzählte, hielt ich es zunächst für eine Falschmeldung: Er habe nicht mehr aus seiner Wahlheimat Berlin in seine echte Heimat nach Mecklenburg-Vorpommern fahren können, weil dort überall kontrolliert werde und MeckPom, wie das Bundesland abgekürzt oft genannt wird, niemanden mehr reinlasse. „Das müsste ich doch wissen“, dachte ich mir. Und täusche mich sehr.

Als ich recherchiere, fand ich heraus, dass die Information zutrifft – aber eben offenbar eher unter „ferner liefen vermeldet“ wird und mir deshalb nicht bewußt war. Und es verschlug mir die Sprache, wie drastisch die Maßnahmen sind: Erstmals nach dem Mauerfall gibt es wieder eine innerdeutsche Grenze. Wer nicht in dem noch relativ wenig vom Corona-Virus betroffenen nördlichen Bundesland oder arbeitet, oder keinen dringenden Grund nachweisen kann, darf nicht mehr einreisen. Alle Touristen sind in den vergangenen Tagen ausgewiesen worden aus Mecklenburg-Vorpommern: Das, was bei Ausländern mit Ausreisepflicht seit Jahren nicht funktioniert, wird nun bei Inländern im eigenem Land rigoros durchgesetzt.

Teilweise sogar mit unglaublicher Härte: Laut bild.de wurde eine Deutsche mit Zweitwohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern dazu gezwungen, gemeinsam mit ihren drei kleinen Kindern das eigene Haus zu verlassen und des Landes verwiesen. Zunächst sollte sie „unverzüglich“ ihr Haus verlassen, danach gewährten ihr die Behörden eine Frist über Nacht. Sie solle an ihren Erstwohnsitz nach Paris, hieß es – nach Frankreich, das besonders stark von Corona betroffen ist.

Die Reporterin fragte: „Vor Euch liegt eine Wahnsinnsfahrt, quer durch das Land, sicherlich nicht ohne Hindernisse. Was ist das für ein Gefühl, wenn man als deutsche Staatsbürgerin des eigenen Landes verwiesen wird, und so hängen gelassen wird, mit drei kleinen Kindern, und jetzt an einer Raststätte im Auto sitzt?“ Die Frau sagte, mit dem Tränen kämpfend: „Es ist grauenvoll. Man ist enttäuscht, man ist wütend, man versteht die Welt nicht. Ich bin Deutsche, meine Kinder sind Deutsche, und als deutsche Staatsbürgerin vom einen Land ausgewiesen zu werden, ist eine schreckliche Erfahrung, man fühlt sich so verloren und im Stich gelassen.“ Auf die Frage, wie sich die Beamten des Ordnungsamts verhalten haben, ob sie betreut wurde, sagte die Frau: „Der Ton war sehr streng, sehr aggressiv. Man wünscht sich in solchen Situationen etwas Menschlichkeit, ein bisschen Entgegenkommen, das war gar nicht der Fall.“ (anzusehen ist das Video-Interview mir ihr hier).

Erst als sich die Frau entschloss, zu kämpfen, schon unterwegs, auf halber Strecke, als sie umkehrte, bekam sie eine Sondergenehmigung vom Innenministerium und durfte bleiben, wie Bild inzwischen mitteilte.

Verstöße gegen die Regelung seien eine Straftat, erklärte Innenminister Lorenz Caffier, und würden mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet.

Laut NDR wird an das Einreiseverbot von der Polizei seit Freitag an insgesamt zehn Kontrollstellen an Hauptverkehrsstraßen überwacht. Seitdem seien rund 6.000 Fahrzeuge kontrolliert worden, etwa 700 davon, also mehr als jedes zehnte, wurde demnach zurückgewiesen. Betroffen waren demzufolge rund 1.000 Fahrzeuginsassen.


Bild: Pixabay

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