Das Beispiel Schweden ist der „Gottseibeiuns“ der Corona-Hardliner in Medien und Politik. Mit dem Misserfolg des Schwedischen Wegs, der auf harte Corona-Maßnahmen und weitgehende Einschnitte auch ins Wirtschaftsleben verzichtete, steht und fällt die Akzeptanz der strikten Corona-Maßnahmen in Deutschland. Mein Leser Bernd Muckenschnabel, den ich inzwischen auch persönlich kenne, ist seit vielen Jahren eng mit Schweden verbandelt, auch familiär. Er schickte mit diesen Bericht aus Stockholm, den ich für so interessant halte, dass ich ihn Ihnen nicht vorenthalten möchte:
Schweden hat in Europa wie kein zweites Land gewagt, sich von der weltweiten „Corona-Alarm- Einheitsfront“ zu distanzieren. Schweden ist in der internationalen Debatte, wie man der Corona-Krise begegnen soll, wie ein Stachel im Fleisch der politischen Eliten. Wie sieht es nun nach fast 6 Monaten in Schweden aus? Das hat mich brennend interessiert. Ich habe in diesem Land ein paar Jahre verbracht und bin Schweden über meine Familie und auch beruflich seit langem verbunden. Also machte ich mich auf nach Stockholm.
Schweden – das Land der erfüllten Träume
Schweden ist in diesem Fall nicht irgendein Land, das der internationalen Gemeinschaft in seiner Antwort auf die Frage, wie man der Corona-Pandemie begegnen soll, widerspricht. Schweden ist ein Land mit enormem Wohlstand. Es gehört zu der Ländergruppe mit der höchsten Lebenserwartung, mit gehobenem Wohlstand, demokratischer Tradition, einer intakten Umwelt und höchsten sozialen Errungenschaften. In gewisser Weise hat das „schwedische Modell“ nicht nur für fast alle Sozialdemokraten über Jahrzehnte eine Art Vorbildfunktion dargestellt. Schweden war das Land der Träume und der „heilen Welt“. Und ausgerechnet dieses Land widersetzt sich allen Corona-Auflagen der sogenannten internationalen Gemeinschaft? Wie kann das sein?
Schweden geht seinen eigenen Weg
Bekanntlich hat sich Schweden geweigert, den berüchtigten „Lockdown“ der Wirtschaft – wie in Deutschland – zu verordnen. Alle Betriebe konnten weiter arbeiten, Schulen blieben geöffnet, Restaurants und das gesamte öffentliche Leben konnte normal weitergeführt werden. Bis auf wenige Empfehlungen wie Abstand halten, Hände waschen, keine Versammlungen mit mehr als 50 Personen, konnte die gesamte Gesellschaft weiter arbeiten wie bisher.
Während Deutschland die Wirtschaft seit Monaten gegen die Wand fährt, hat Schweden die Nerven behalten und einen eigenen Weg gefunden.
Als die deutsche Regierung eine Kampagne der Angst und des Schreckens startete und von einer Million Todesopfer orakelte, beruhigten die schwedischen Stellen die Bevölkerung, so gut sie konnten.
Keine Notstandsgesetze, keine Abschaffung von demokratischen Rechten, keine Schließung von Betrieben oder Gaststätten, keine verordneten Gesichtsmasken. Nicht einmal die Grenzen wurden geschlossen! Wie also konnte dieses Land überhaupt überleben? Wie sieht es heute aus in Schweden?
Chaos und Panik in Schweden?
Nach all den Warnungen in den Medien der Nachbarländer konnte man eigentlich nur mit einer stark dezimierten Bevölkerung rechnen. Schweden müsste heute in tiefer Trauer und Depression liegen.
Davon habe ich aber nichts beobachten können. Stockholm boomt weiterhin. Es wächst zum Zentrum der gesamten Ostseeregion heran. Die Strassen und Cafés sind voll mit Menschen. Das Wetter ist fabelhaft und tut ein übriges für eine angenehme Stimmung. Jeden Tag zählte ich die Menschen, die eine Maske trugen. Niemals sah ich mehr als eine Handvoll, denn das Tragen eines Mundschutzes ist Sache der persönlichen Entscheidung.
Ich besuchte auch ein Altersheim. Es lag direkt neben einem Kindergarten. Hier werden die Bewohner weiterhin stark abgeschirmt und beschützt. Besucher und Personal müssen Masken tragen. Der Service ist dennoch phantastisch. Man fühlt sich verpflichtet, die Alten als stark gefährdete Gruppe der Gesellschaft zu beschützen. Unter den Bewohnern von Altenheimen gab es freilich die größte Anzahl von Verstorbenen im Zusammenhang mit der Ausbreitung der Corona-Pandemie. Hier kritisiert sich die schwedische Gesellschaft selbst am meisten und debattiert konstruktiv, wie man in der Zukunft die Bewohner von Pflegeheimen besser beschützen kann, ohne sie der totalen sozialen Isolation auszusetzen.
Die Wirtschaft von Schweden wurde natürlich auch durch abrupte Störungen der globalen Wirtschaftsverbindungen enorm geschädigt. Doch liegen die Verluste Schwedens weit unter denen von Deutschland. Auch die extreme Verschuldung und Steuerausfälle, die Deutschland und viele andere Länder getroffen haben, hat Schweden weitgehend verhindern können.
Statistiken – eine Widerlegung des schwedischen Weges?
Die Anzahl von Verstorbenen liegt in der Länderskala im mittleren Bereich, ist jedoch gegenüber vergleichbaren Ländern wesentlich höher. Die führenden Virologen Schwedens verweisen aber darauf, dass die Kriterien für statistische Erhebungen nicht vergleichbar sind. Durch die unkritische Unterscheidung, ob ein Mensch a n oder m i t Corona gestorben ist und wie und wo die Influenza-Erkrankten und Verstorbenen gezählt werden, stellen sich noch viele Fragen. Björn Lomborg, angesehener Zukunftsforscher und einer der führenden Verteidiger des „schwedischen Weges“, macht darauf aufmerksam, „dass man natürlich auch die Rate der Verkehrstoten senken kann, indem man die Geschwindigkeit der Fahrzeuge auf 5 km pro Stunde reduziert. Aber dann bricht alles zusammen, die gesamte Gesellschaft.“
Die Sicht schwedischer Virologen
Es kommt darauf an, dass man noch ein Jahr wartet und dann eine Bilanz zieht. Entscheidend wird sein, ob es gelungen ist, dass die schwedische Bevölkerung eine eigene Immunität gegen das Corona-Virus aufbauen konnte. Dies ist die Haltung der meisten Virologen und Mediziner in Schweden. Zu keinem Zeitpunkt konnten die Krankenhäuser den Andrang von Erkrankten n i c h t bewältigen. Während man jetzt den Sommer genießen kann, um wieder Kräfte zu sammeln, hört man von Deutschland nur Warnungen vor Viren an den Ostseestränden. Die meisten Menschen schütteln hier darüber ungläubig den Kopf.
Schon während der Osterferien zogen sich die Schweden massenweise in ihre Hütten und Ferienhäuser in die Natur zurück, um sich den Ansteckungsgefahren in den Städten zu entziehen. Dies konnte man auch in allen anderen skandinavischen Ländern beobachten. In Deutschland dagegen verboten viele Behörden Menschen, sich auf das Land zurückzuziehen und sich zu schützen: Der Bezug von Zeitwohnsitzen wurde in vielen Regionen verboten, ja es wurden sogar Menschen aus den Risikogruppen von ihren Zweitwohnsitzen auf dem Land zurück in die Städte geschickt.
Ein Klima der Angst und der Panik konnte in Schweden weitgehend vermieden werden. Die Panik und die Aktionen in Deutschland und den Nachbarländern haben viele mit Irritationen registriert. Das ganze Klima der Debatte in Schweden ist völlig anders als in Deutschland. In Schweden diskutiert man offen die unterschiedlichen und nicht selten gegensätzlichen Meinungen – in Deutschland aber kommt nur eine einzige Meinung, nämlich die der Regierung und der ihr genehmen Virologen, in den Medien an. Die Medien arbeiten hier nicht eindeutig pro oder contra Regierung. Sie kritisieren durchaus die Regierung. Aber es gibt eine weitgehend offene Debatte. Ärzte, Virologen und Mediziner kommen alle zu Wort, egal ob für oder gegen die Einschätzungen der Regierung. Die Betitelung als „Verschwörer“,“ Coronaleugner“ oder „Rechtsextremist“ kommt hier in dieser Debatte so gut wie nicht vor.
Sanktionen für den schwedischen Sonderweg
Doch ist den Schweden nicht verborgen geblieben, dass eine Reihe von Ländern gegen Schweden massive Diskriminierungen in Gang gesetzt haben. Deutschland und die skandinavischen Länder hatten Reiseverbote verordnet. Man wollte offensichtlich Schweden damit bestrafen und unter Druck setzen, damit es von seinem Sonderweg abweicht. Der Tourismus und viele andere Wirtschaftszeige wurden dadurch erneut geschädigt.
Das Wohl des Volkes steht im Zentrum relevanter Zukunftsfragen
Es ist bemerkenswert, dass Schweden einen eigenen Weg durchgesetzt hat – trotz des erheblichen Drucks aus dem Ausland und der Medien. Das ist nicht das erste Mal. Schweden hat sich nach der Anti-Atomkraft-Welle wieder für Atomkraft entschieden. Als nach dem Zerfall der Sowjetunion die Wehrpflicht aufgelöst wurde, hat Schweden vor wenigen Jahren aufgrund der zunehmenden Bedrohung durch die russische Aufrüstung die Wehrpflicht wieder eingeführt und sogar die Kooperation mit der Nato gesucht. Nachdem Schweden die Grenzen – wie in Deutschland – für Migranten öffnete, führte dies zu grosser Unruhe in der Bevölkerung. Die migrationskritische Partei der Schwedendemokraten gewann erheblich an Stärke und wurde zur zweitstärksten Partei. Daraufhin hat man im Gegensatz zu Deutschland wieder Grenzkontrollen eingeführt.
Schweden geht seinen eigenen Weg und orientiert sich an den Interessen der eigenen Bevölkerung. Schweden ist sicherlich nicht die „heile Welt“ – aber Vorbild in mancherlei Hinsicht doch.
Bernd Muckenschnabel ist gebürtiger Berliner. Nach einer linksextremen Episode in seiner Jugend ist er heute erfolgreicher Unternehmer im Tourismus-Bereich.
Bild: Bengt Nyman/flickr.com/CC BY 2.0
Redaktion: Josef HueberText: gast