Am Freitag hat Facebook einen Post von mir gelöscht und mich wegen „Hassrede“ für 24 Stunden gesperrt. Jetzt gibt es eine überraschende Wendung – heute früh war der Post plötzlich wieder online, und auch die Verwarnung dafür war in meinem Konto nicht mehr auffindbar. Ebenso fehlte eine frühere Verwarnung vom 1. August – bei der ich bis heute nicht weiß, wofür sie mir erteilt wurde. Facebook teilt bei seinem Verwarnungen nicht mir, wofür diese ausgesprochen wurden. Und auch zu der Kehrtwende gibt es keinerlei Erklärung oder Nachricht. Das macht das Prozedere Kafkaesk.
Hier der Post, den die Zensoren von Facebook für Hassreden hielten und für den sie mich sperrten: „Naive Frage: Nachdem jetzt selbst die Zigeuner-Soße umbenannt wurde in Paprika-Soße – was soll man aus dem „Zigeuner-Baron“ von J. Strauss und aus dem Lied „Lustig ist das Zigeuner-Leben“ machen? Paprika-Baron? Lustig ist das Paprika-Leben?
Fragen über Fragen in diesen Zeiten.“
Ich habe den Text von zwei Anwälten prüfen lassen, die beide zu dem Schluss kamen, dass er rechtlich einwandfrei ist und Facebook keine Grundlage für die Löschung hatte. Anders als viele annehmen ist der Konzern nämlich an die Grundrechte gebunden und kann nicht nach Belieben löschen.
Auch der Berliner FDP-Abgeordnete Marcel Luthe schaltete sich ein und schrieb noch am Freitag an Facebook. Er kündigte an, die Löschung im Abgeordnetenhaus in Berlin auf die Tagesordnung zu bringen, wenn sie nicht rückgängig gemacht werde.
Offiziell bietet Facebook für Löschungen keine Möglichkeit der Beschwerde an. Ich schrieb einen Brief an die im Impressum genannte Mail und bekam die Rückmeldung, dass die Löschung berechtigt sei – unten die Kopie des Briefes. Pikanterweise kam das Schreiben an, als die Löschung bereits aufgehoben und die Verwarnungen gelöscht waren. Insofern scheint das Vorgehen bei Facebook etwas umkoordiniert zu sein.
Facebook löschte allein in den ersten drei Monaten des Jahres 2018 2,5 Millionen Inhalte wegen vermeintlicher Verstöße gegen die Gemeinschaftsstandards. Die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Art, wie Facebook seine eigenen Regeln durchsetzt, ist allerdings nur äußerst begrenzt, klagt Netzpolitik.org. Gegen die Löschungen ist keinerlei Beschwerdemöglichkeit vorgesehen.
Die meisten Menschen können sich gegen die Sperrungen nicht wehren, weil ihnen das Geld und die Zeit für die juristischen Schritte fehlt. Ich hoffe, mein Fall macht einigen Mut und Facebook etwas vorsichtiger.
Für mich war es der dritte Zensur-Fall in diesem Jahr. Youtube löschte mein Interview mit dem Mediziner Sucharit Bhakdi. Zuvor hatte Youtube mich wegen Hassrede verwarnt und einen Audio-Mitschnitt gelöscht, auf dem ein Polizist die Vorgänge in der Stuttgarter Krawallnacht beschrieb und dabei ein Schimpfwort nutzte, als er ausdrücken wollte dass vor allem Ausländer vor Ort waren. In meinen Augen ist der Mitschnitt ein Dokument der Zeitgeschichte und die Löschung widerrechtlich.
Sehen Sie zu dem Thema auch mein aktuelles „reitschuster.live.“ Zweites Thema darin: Wie die „Partyszene“ wieder zuschlug.
Bild: privat
Text: br
Das Schreiben von Facebook:
Hallo Boris,
Offenbar wurde dein Konto vorübergehend für die Verwendung bestimmter Facebook-Funktionen gesperrt. Blockierungen sind vorübergehend und können mehrere Stunden oder Tage dauern.
Facebook hat Richtlinien festgelegt, um Verhaltensweisen zu unterbinden, die andere Personen als belästigend oder beleidigend empfinden könnten. Wir haben festgestellt, dass du eine Funktion auf eine Weise verwendest, die als beleidigend empfunden werden kann, selbst wenn dies von dir unbeabsichtigt ist.
Erfahre im Hilfebereich mehr darüber, welche Arten von Blockierungen es gibt und welche Verhaltensweisen wir blockieren:
https://www.facebook.com/help/116393198446749?ref=cr
Mit freundlichen Grüßen
Danke, dass du Facebook kontaktiert hast.
Justin