Kaum jemand im Westen erinnert sich daran: Die sozialistischen Regime, allen voran Moskau und Ost-Berlin, arbeiteten hart daran, eine rechtsextreme Gefahr im Westen zu erzeugen und dann aufzubauschen. Das half ihnen etwa, ihre politischen Gegner zu bekämpfen und als „Faschisten“ zu brandmarken (nach heutigem Sprachgebrauch „Nazis“) und ihre Verbrechen zu rechtfertigen (die Berliner Mauer wurde „antifaschistischer Schutzwall“ genannt). Auch nach der Wende wurde diese Tradition fortgeführt – siehe mein Bericht „Der ‘Kampf gegen Rechts‘ von KGB und Stasi„. Um einen NATO-Eintritt der Bundesrepublik zu verhindern, unterstützte die Sowjetunion über ihre Geheimdienste nationalistische Kreise in Westdeutschland. Mit Hilfe von Rechtsextremen versuchten Moskau und Ost-Berlin, den Westen zu diskreditieren – etwa durch eine Operation, bei der Agenten und Rechtsextreme gezielt Hakenkreuzen an Synagogen, jüdische Friedhofe etc. zeichneten, um dann das herauf zu beschwören, was man heute „Gefahr von rechts“ nennen würde. Die Stasi hatte sogar die rechtsextreme Szene in der Bundesrepublik unterwandert.
Diese Vorgeschichte sollte man zumindest kennen, wenn man eine Geschichte richtig einordnen will, die der morgige Focus exklusiv berichtet: Militante deutsche Rechtsextremisten und Neonazis absolvieren demnach in einem russischen Lager bei Sankt Petersburg eine paramilitärische Ausbildung. Mehrere Teilnehmer des Lehrgangs sollen Mitglieder der vom deutschen Verfassungsschutz beobachteten Parteien „Junge Nationalisten“ und „Der III. Weg“ sein. Die jungen Männer werden in dem Lager, das den Namen „Partizan“ trägt, im Umgang mit Waffen und Sprengstoff trainiert sowie im militärischen Nahkampf ausgebildet.
Deutsche Sicherheitsbehörden sind laut dem Bericht über das Training der jungen Rechtsextremisten in Russland informiert, können angeblich aber aus rechtlichen Gründen die Reisen nach Sankt Petersburg nicht untersagen. Seit Jahren pflegt Russlands rechtsextreme Szene enge Kontakte nach Deutschland und knüpft ein enges Netz von Verbindungen in ganz Europa.Die deutschen Behörden gehen davon aus, dass der Wladimir Putin über die Camps dieser Art informiert ist und sie mindestens duldet. Wer die Verhältnisse in Moskau kennt, wo der Staatschef per „Machtvertikale“ bei allem, was ihm wichtig ist, hart durchgreift, kann das nur bestätigen. Da die rechtsextreme Szene in Russland (und nicht nur da) massiv von V-Leuten und Agenten unterwandert ist, und immer wieder für politische Zwecke instrumentalisiert wird, spricht viel sogar für eine aktive Unterstützung.
Wladimir Putin, der genauso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel in kommunistischen Kaderorganisationen politisch sozialisiert wurde, ist zwar kein lupenreiner Demokrat: aber, wohl anders als die Kanzlerin, frei von Ideologie. So wenig der Ex-KGB-Oberstleutnant ein Kommunist oder Sozialist ist, so wenig ist er ein Rechtsextremer. Er ist eher Geschäftsmann – sizilianischer Manier.
Dass deutsche Neonazis in russischen Ausbildungslagern geschult werden im Umgang mit Waffen und Sprengstoff, dass dies von Moskau mindestens geduldet, eher aber passiv unterstützt wird, lässt also nur einen logischen Schluss zu: Man will damit Einfluss auf die Innenpolitik in Deutschland und anderen europäischen Ländern nehmen. In Schweden hatten bereits zwei Rückkehrer aus dem Petersburger Lager Sprengstoffanschläge auf Einrichtungen für Asylbewerber verübt. In dem folgenden Strafprozess wurde bekannt, dass auch deutsche in dem Ausbildungslager waren. Doch keine Zeitung in der Bundesrepublik berichtete darüber.
So fern mir Spekulationen jeder Art liegen, so ist doch ein Blick auf mögliche Motive und vor allem Folgen bei jeglichen Aktionen dieser Art geradezu zwingend. Dass die Neonazis ihr Waffen- und Sprengstoff-Wissen irgend wann einsetzen, ist leider naheliegend. Die Gefahr von rechtsextremen Verbrechen und Anschlägen wird damit deutlich erhöht. Welche Folgen diese für Deutschland haben würden, liegt auf der Hand. Einerseits würden sie die Lage (weiter) destabilisieren. Man denke nur an die Krise, die der Terror der linksextremen RAF in den 1970er Jahren auslöste (die übrigens auch von Ost-Berlin bzw. Moskau unterstützt wurde). Andererseits würde Neonazi-Terror wohl zu einer Festigung der „Front gegen Rechts“ führen und dieses Thema zum Vorherrschenden machen. Rechtsextremer Terror würde weiter dazu beitragen, dass der „Antifaschismus“ zu einer Art Staatsideologie wird. In Sachsen-Anhalt steht er neuerdings sogar in der Verfassung. Das ist erschreckend. Denn „Antifaschismus“ war schon in der DDR Staatsideologie: Es ist ein von Stalin gekaperter, missbrauchter Begriff – selbst Sozialdemokraten waren für die Kommunisten (Sozial-)Faschisten.
Bleibt also nur die Hoffnung, dass alles in Wirklichkeit ganz harmlos ist oder sich womöglich gar als Missverständnis oder Desinformation entpuppt. Sich darauf zu verlassen, wäre allerdings gefährlich. Alles andere als beruhigend vor diesem Hintergrund ist diese Information aus dem Focus: „Der deutsche Verfassungsschutz ist über das Treiben der Neonazis im Reich von Wladimir Putin informiert – durch Partnerdienste wie die US-amerikanische CIA. Doch die Verfassungsschützer wurden bislang kaum aktiv.“
Bilder: Pixabay
Hier mein Wochenbriefing:
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