Kein Bundespräsident hat sein Amt auch nur annähernd so parteiisch ausgeübt wie Frank-Walter Steinmeier. Der ignoriert auf geradezu herausfordernde Weise das wichtigste Gebot, das der Einzug ins Berliner Schloss Bellevue mit sich bringt: Über den Parteien und ihrem Gezänk zu stehen. Der Sozialdemokrat, der als Apparatschik von seinem engen Vertrauten Gerhard Schröder durch die Instanzen nach oben gehievt wurde, demonstriert geradezu demonstrativ, dass er sich als Streitaxt des linksgrünen Zeitgeists versteht. Das geht soweit, dass sein Bundespräsidialamt schon mal Aufrufe zu einem Konzert verbreitete, an dem eine Band mitspielte, die vom Bundesverfassungsschutz als linksextrem eingestuft wurde und zu Gewalt gegen Polizisten aufruft (siehe hier).
Steinmeiers Offenheit für die extreme Linke mag mit seiner Jugend zusammenhängen. Er schrieb in seiner Studentenzeit für die vom Verfassungsschutz beobachtete Zeitschrift „Demokratie und Recht“. Sie erschien im Verlag Pahl-Rugenstein, der von der DDR finanziert wurde. 1989 musste der Verlag Konkurs anmelden, weil die Zahlungen aus Ost-Berlin ausblieben. Pahl-Rugenstein hatte den Spitznamen „Pahl Rubelschein.“ Steinmeier wird wohl geltend machen, von all dem nichts gewußt zu haben. Doch konnte jemand wirklich so naiv sein damals? Steinmeier selbst stand unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Er forderte eine „Diskussion über eine linke Verfassungsinterpretation“. Viele von seinen Mitstreitern bekleiden heute hohe Ämter.
Pünktlich zu der Demonstration von Corona-Maßnahmen-Kritikern in Berlin meldete sich der Bundespräsident wieder zu Wort – in der gewöhnten Einseitigkeit. Hatte er bei den Anti-Rassismus-Demos Anfang Juni kein Wort zu dem völligen Ignorieren der Hygiene-Regeln dort verloren und sich im Gegenteil selbst als Vorkämpfer gegen „Rassismus“ inszeniert, ja eine Umerziehung seiner Bürger zum „Antirassismus“ gefordert, so wechselte er nun seine Einstellung zu den Hygiene-Regeln um 180 Grad – zumindest wenn man seinen Erklärungen glauben darf. „Die Verantwortungslosigkeit einiger weniger ist ein Risiko für uns alle. Wenn wir jetzt nicht besonders vorsichtig sind, dann gefährden wir die Gesundheit vieler“, ließ der Staatschef verlautbaren, und Tagesschau & Co. vermeldeten es brav.
Umso erstaunlicher, dass der Sozialdemokrat es bei sich selbst mit diesen Risiken nicht so genau nimmt. Schön legendär ist die Szene, als er im Mai beim Besuch in der neuen Corona-Notfallklinik in Berlin brav eine Schutzmaske trug – und diese dann ablegte, als die Kameras ausgeschaltet wurden (siehe hier). Seine Medien nahmen ihn sofort in Schutz. Diesmal war die Scheinheiligkeit noch zeitnaher: Beim Urlaub in Südtirol zeigte sich der Staatschef ohne Mundschutz und in Missachtung der Abstandsregeln fröhlich beim Posieren – nur wenige Tage, nachdem er sich über die „Verantwortungslosigkeit“ seiner Landsleute ausgelassen hatte. Genauer gesagt, derjenigen Landsleute, die ihm politisch nicht nahestehen.
Frank-Walter Steinmeier, der farblose Apparatschik im Präsidialamt, trägt mit seiner Parteilichkeit und mit seiner Doppelmoral maßgeblich dazu bei, dass bei vielen Menschen das Vertrauen in unsere Demokratie und ihre Institutionen gegen Null geht. Es ist der Gipfel der Scheinheiligkeit, wenn man anderen Verantwortungslosigkeit vorwirft, weil sie sich nicht an die Corona-Regeln halten – und selbst genau das gleiche macht, noch dazu demonstrativ vor der Kamera. Das ist offener Zynismus. Ebenso scheinheilig und zynisch ist es, dass die meisten Medien diesen Widerspruch nicht aufgreifen. Während sie Normalsterbliche Regel-Verweigerer als „Covidioten“ beschimpfen, legen sie bei Steinmeier andere Maßstäbe an und verbreiten brav dessen scheinheilige Appelle. So zersetzen sie in Teamarbeit unsere Demokratie.
Bild: Screenshot Tagesschau/Screenshot twitter/Stol.it/bearbeitet/Boris ReitschusterText: br