Lösung ohne Problem: Bayern führt KI-Spracherkennung bei den Notrufen ein Digitalisierung ins Absurde

"Von Ekaterina Quehl

Künstliche Intelligenz schreitet voran und alle sind begeistert. Denn sie soll ja häufig Probleme lösen, von denen wir nicht wussten, dass sie existieren. Zum Beispiel, dass man Verhalten friedlicher Berliner mit ihr überwachen soll. Oder – wie neuerdings – in Bayern – sie bei der Feuerwehr einsetzen soll. Genau genommen bei den Notrufen, wenn die Anrufer kein Deutsch können.

„Wir sind die ersten in Bayern, die den ASGARD eingeführt haben“, sagt Christopher Häfner, der Leiter der Integrierten Leitstelle Bayreuth-Kulmbach laut br.de

Die Technik solle bei Notrufen Sprachbarrieren überbrücken und eine schnellere Kommunikation mit nicht-deutschsprachigen „Anrufenden“ ermöglichen. Sie erkenne laut Angaben des Herstellers rund 400 Sprachen und Dialekte und erlaube Disponenten, mithilfe von vorformulierten Fragen gezielt Informationen zu erfragen – etwa „Wo genau ist der Unfall?“ oder „Atmet der Patient?“.

„So stellen wir sicher, dass Hilfe auch dann ankommt, wenn die Worte fehlen“, sagt Christopher Häfner.

Liest man von solchen technologischen Errungenschaften, geht man doch davon aus, dass sie erstens: gut funktionieren und sicher die notwendigen Informationen aus 400 Sprachen (und Dialekten) verdolmetschen können. Und zweitens: Aus einem großen Bedarf heraus entwickelt wurden, der mit einer solchen Technologie gedeckt werden kann.

Die KI-gestützte Notrufabfrage sei gerade „in einer Stadt mit über 12.000 Menschen mit ausländischem Pass und vielen weiteren internationalen Bewohnern entscheidend, um Verständigung bei Notfällen sicherzustellen“, berichtet Thomas Ebersberger, der Oberbürgermeister von Bayreuth. Da er aber auch Vorsitzender des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) Bayreuth/Kulmbach ist, wird er vermutlich wissen, wie es mit dieser Technologie in der Realität aussieht.

Was passiert eigentlich bei einem Notruf genau? Die Leitstelle nimmt einen Notanruf entgegen, erfasst Informationen über den Unfall und leitet sie an den jeweiligen Rettungsdienst weiter. Informationen über den Unfall sind das, worum es bei der Anwendung der KI geht. In einem Gespräch versucht der sogenannte Disponent durch die üblichen W-Fragen (Wo?, Was? Wer? usw.) ein genaueres Bild von dem Unfall zu bekommen. Spricht derjenige, der anruft, kein Deutsch, so wird normalerweise ein Dolmetscher aus einer Datenbank zugeschaltet, der eine Art Bereitschaftsdienst hat und das Gespräch live verdolmetschen soll. Und genau an dieser Stelle soll die KI eingreifen und die Rolle des Dolmetschers übernehmen.

Doch wie so häufig passt die Theorie nicht immer in die Praxis hinein.

Ein Feuerwehrbeamter (er möchte anonym bleiben), der seit über 30 Jahren bei einer Großstadtfeuerwehr mit Rettungsdienst tätig ist, erläutert, wie ein Fremdsprachen-Notruf in der Realität abläuft:

„Als Erstes versuchen die Disponenten herauszufinden, welche Sprache derjenige spricht. Es wird dann ein entsprechender Dolmetscher zugeschaltet. Unabhängig davon wird aber parallel der Standort der Person ermittelt. Das geht ganz leicht: mobil und Festnetz. Wir bekommen die Informationen mittlerweile automatisch direkt über den Provider.

Was genau passiert ist, ist häufig nur schwer selbst bei denjenigen zu erkennen, die Deutsch sprechen. Bei Asylbewerbern rufen fast immer die Mitarbeiter der Wohnheime an, die alle Deutsch sprechen. Bei denjenigen, denen unterwegs etwas passiert, findet sich fast immer jemand, der einen Notruf für sie übernimmt und der Deutsch oder Englisch spricht.

Insgesamt ist es sehr selten, dass wir einen Dolmetscher dazu schalten müssen. Sobald wir Informationen zum Ort haben, die wir mittlerweile auch ohne eine Kommunikation automatisch bekommen, fahren wir in der Regel hin. Es sei denn, es handelt sich ganz offensichtlich um einen Fehlalarm – und das macht ungefähr zwei Drittel der Notanrufe aus.“

Auch sein Kollege, Führungskraft der großen Leitstelle in einem Bundesland, bestätigt diese Lage:

„Bayern bedient Modethemen, um bei dir und anderen den Eindruck zu erwecken, sie wären vorne. Fremdsprachenerkennung ist eine Anforderung aus dem Promillebereich der Leitstellenrealität. In wie vielen unserer 550.000 Notrufe meinst du, ist das relevant?“

Die beiden Feuerwehrbeamte stehen im Austausch mit anderen Kollegen, die laut ihrer Auskunft den gleichen Sachverhalt bestätigen: Es bestehe kein Bedarf an einer Fremdsprachen-Software, da es kaum solche Notrufe gibt.

Die Bayern wollen also eine Vorreiter-Rolle übernehmen und mit einer KI einen Fremdsprachen-Bedarf abdecken für „12.000 Menschen mit ausländischem Pass“, von denen die Mehrheit wahrscheinlich dort wohnen wird, wo deutschsprachige Mitarbeiter für sie Notrufe übernehmen würden.

Was als technologische Revolution verkauft wird, entpuppt sich als Paradebeispiel für die deutsche Meisterdisziplin: Problemlösung für ein Problem, das es nicht gibt – mit einem Budget, das es eigentlich auch nicht gibt – umgesetzt in einem Bundesland, das gerne so tut, als wäre es ein Vorreiter. Es ist kein notwendiger Fortschritt, sondern ein PR-taugliches Symptom politisch-technologischer Selbstdarstellung.

Die Neigung, technologische Antworten zu produzieren, bevor jemand überhaupt eine sinnvolle Frage gestellt hat, scheint neue Mode zu sein. Doch solange Ausnahmefälle automatisiert werden statt tatsächliche Probleme zu lösen – zum Beispiel massiver Personalmangel bei der Feuerwehr gerade in Bayern – bleiben solche Technologien einfach ein teures Spielzeug für den Staat und seine Verwaltung auf Kosten der Bürger.

HELFEN SIE MIT –
DAMIT DIESE STIMME HÖRBAR BLEIBT!

Im Dezember 2019 ging meine Seite an den Start. Heute erreicht sie Millionen Leser im Monat – mit Themen, die andere lieber unter den Teppich kehren.

Mein Ziel: 

Sie kritisch durch den Wahnsinn unserer Zeit zu lotsen.
Ideologiefrei, unabhängig, furchtlos.

Ohne Zwangsgebühren, ohne Steuergelder oder Abo‑Zwang. Ohne irgendjemanden zur Kasse zu bitten. Nur mit Herzblut – und mit Ihnen an meiner Seite. Jede Geste, ob groß oder klein, trägt mich weiter. Sie zeigt: Mein Engagement – mit all seinen Risiken und schlaflosen Nächten – ist nicht vergeblich.

Der direkteste Weg (ohne Abzüge) ist die Banküberweisung:
IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71.

Alternativ sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – allerdings werden dabei Gebühren fällig. Über diesen Link

Auch PayPal ist wieder möglich.
Nicht direkt – aber über Bande, dank Ko-fi: Über diesen Link

(BITCOIN-Empfängerschlüssel: bc1qmdlseela8w4d7uykg0lsgm3pjpqk78fc4w0vlx)

Wenn Ihr Geld aktuell knapp ist – behalten Sie es bitte. Niemand muss zahlen, um kritisch informiert zu bleiben. Mir ist es wichtig, dass jeder hier mitlesen kann – ohne Ausnahme. Gleichzeitig bin ich umso dankbarer für jede Unterstützung, die keinen Verzicht abverlangt. Jede Geste, ob groß oder klein, ist für mich ein wertvolles Geschenk und trägt mich weiter.

Dafür: Ein großes Dankeschön– von ganzem Herzen!

Meine neuesten Videos und Livestreams

Real-Satire pur: Von der Leyen lobt Freiheit – und vor ihren Augen nimmt Polizei Kritiker fest

EXKLUSIV: Staatsanwaltschaft leugnet Tod einer 17-Jährigen – Regierung muss Verfahren einräumen

So wird Demokratie zur Farce: Gericht stoppt AfD-Kandidat, sichert SPD-Sieg und entmündigt Wähler

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Ekaterina Quehl ist gebürtige St. Petersburgerin, russische Jüdin und lebt seit über 20 Jahren in Deutschland. Pioniergruß, Schuluniform und Samisdat-Bücher gehörten zu ihrem Leben wie Perestroika und Lebensmittelmarken. Ihre Affinität zur deutschen Sprache hat sie bereits als Schulkind entwickelt. Aus dieser heraus weigert sie sich hartnäckig, zu gendern. Sie arbeitet für reitschuster.de.

Bild: Stefano Dosselli / Shutterstock.com

Bitte beachten Sie die aktualisierten Kommentar-Regeln – nachzulesen hier. Insbesondere bitte ich darum, sachlich und zum jeweiligen Thema zu schreiben, und die Kommentarfunktion nicht für Pöbeleien gegen die Kommentar-Regeln zu missbrauchen. Solche Kommentare müssen wir leider löschen – um die Kommentarfunktion für die 99,9 Prozent konstruktiven Kommentatoren offen zu halten.

Mehr von Ekaterina Quehl auf reitschuster.de

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert