Millionenloch und Vetternwirtschaft beim MDR?

In der Außendarstellung klingt alles ganz harmonisch. „Wolf-Dieter Jacobi verlässt nach fast 30 Jahren erfolgreicher Tätigkeit zuletzt seit 2011 als Programmdirektor Leipzig den Mitteldeutschen Rundfunk, um sich neuen beruflichen Aufgaben widmen zu können“, so die Meldung, die der Mitteldeutsche Rundfunk heute auf seiner Homepage verkündete.

Hinter den Kulissen rumort es allerdings im Sender wegen der Personalie. Jacobi sei auf sehr merkwürdige Weise aus der öffentlich-rechtlichen Anstalt regelrecht verschwunden, heißt es im Flurfunk. „Er nahm auf einmal urplötzlich seinen ganzen Resturlaub, und es wurde schon spekuliert, ob er überhaupt nochmal zurück kommt. Genau so kam es dann auch – statt einer Rückkehr gab es eine Trennung, und zum Abschied nur ein paar Sätze von der Intendantin, das ist wie ein Fußtritt“, berichtet ein Sender-Insider reitschuster.de.

Die Gerüchteküche brodelt hoch bei dem gebührenfinanzierten Sender. Eines der Gerüchte, das seit Anfang Juni hausintern zirkuliert: Bei einer Revision im Frühjahr sei festgestellt worden, dass Millionen verschwunden seien (Zitat intern: „Wie bei Wirecard“). Unter anderem heißt es, die Florian-Silbereisen-Shows (Volksmusik) seien 50 Millionen Euro zu teuer geworden. Deswegen gibt es auch Gerüchte, Unterhaltungschef Peter Dreckmann könne Programmdirektor Jacobi schon bald folgen – beim Abschied aus dem MDR. Allerdings sagen Kenner des Senders, diese Gerüchte seien wenig glaubwürdig, weil Jacobi eher als „Rotstift-Mann“ denn als großer Geldverschwender bekannt gewesen sei.

Weitere Gerüchte gehen in die Richtung von Persönlichem – und die seien aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes hier nicht wiedergegeben, da sie allzu sehr ans Eingemachte gehen. Intern kursiert auch noch eine andere Erklärung für die überraschende Personalie: Es ist ein Machtkampf. Wolf-Dieter Jacobi – interner Spitzname „Wodi“ – sei Intendantin Wille, einem SED-Altkader, zu mächtig geworden und habe auf ihren Posten geschielt. Deshalb habe man ihn vom Hof gejagt – und hatte offenbar genügend Druckmittel, um ihn „unfreiwillig freiwillig“ zum Aufgeben zu bewegen. Es ist die Rede von einer sehr hohen Abfindung.

Im Zusammenhang mit Jacobi sorgen noch andere Interna für massiven Unmut in dem Sender. Der Vater von Programmdirektor Jacobi war, so heißt es auf dem Flurfunk, zu DDR-Zeiten Präsident des Boxverbandes. Der Vater eines freien Mitarbeiters der Sport-Redaktion im MDR war zeitgleich Sport-Chef des SED-Zentralorgans „Neues Deutschlands“. Beide Väter sollen miteinander eng gewesen sein – und auch die Söhne miteinander bekannt. Der Sport-Mitarbeiter kommentiert nun Spiele einer deutschen Fussball-Liga für den MDR. Produziert werden die Sportübertragungen demnach auch „familienintern“ – die Frau des Mitarbeiters mache dies mit einer eigenen Produktionsfirma. Dies sorgt für Unmut im Hause, es ist von „Vetternwirtschaft“ auf Kosten der Gebührenzahler die Rede. Dieses Prozedere sei unüblich, sagt ein Insider: „Das erinnert an Jürgen Emig, Sportchef beim Hessischen Rundfunk“. Der wurde 2005 festgenommen, unter anderem, weil eine TV-Agentur seiner Frau und seines Geschäftspartners Schmiergeld für die TV-Berichterstattung über bestimmte Sportereignisse kassiert haben. Auch beim MDR gab es einen ähnlichen Fall. Der damalige Sportchef Wilfried Mohren saß wegen Korruption in Untersuchungshaft und wurde später zu einem Jahr und elf Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Er arbeitete später unter anderem als Reiseführer. Mohren soll veranlasst haben, dass etwa ein unbedeutendes Hallenfußball-Turnier lang und breit übertragen wurde und dafür vom Sponsor, dessen Logo auffallend oft eingeblendet wurde, hohe Beträge kassiert haben.

Der MDR war bereits wiederholt in den Schlagzeilen wegen des Vorwurfs, alte DDR-Seilschaften seien dort immer noch sehr einflussreich. Intendantin Karola Wille war schon mit 18 Jahren in die SED eingetreten. Am Leipziger „Institut für Internationale Studien“, das den „Klassenfeind“, also die Bundesrepublik, fest im Blick hatte, veröffentlichte die Sender-Chefin, die kürzlich auch turnusmäßig ARD-Chefin war, zusammen mit einem Geheimdienstoffizier im besonderen Einsatz eine Zusammenfassung zur „Internationalen Konferenz zu aktuellen Fragen des Revanchismus in der BRD“. Darin ist unter anderem zu lesen: „Im politischen und ideologischen Arsenal der aggressivsten und reaktionärsten Kräfte des Monopolkapitals nimmt der Revanchismus einen gewichtigen Platz ein …“

PS: Anbei meine Presseanfrage an den MDR. Den Namen des betroffenen Mitarbeiters habe ich aus Datenschutzgründen geschwärzt.Liebe Kolleginnen und Kollegen,

gestatten Sie mir zwei Fragen:

1.) Trifft es zu, dass bei einer Revision dieses Jahr bei Ihnen festgestellt wurde,  dass es Fragen zu bzw. Zweifel an der Sinnhaftigkeit/Rechtmäßigkeit von Ausgaben in Millionenhöhe gegeben hat? Wenn ja – betreffen diese auch/teilweise die Florian-Silbereisen-Shows?

2.) Trifft es zu, dass Sportübertragungen/Materialien Ihres Mitarbeiters XXXX XXXX von einer Produktionsfirma für den MDR bearbeitet werden, die der Frau von XXXX XXXX gehört?

Besten Dank im Voraus und freundliche Grüße

Boris Reitschuster

www,reitschuster.de

Die Antwort der Pressesprecherin:

Sehr geehrter Herr Reitschuster,

ich kann Ihnen für den MDR wie folgt antworten:

Der Artikel basiert auf Gerüchten, aneinander gereihten Unterstellungen und Behauptungen.

Mit freundlichen Grüßen

Julia Krittian

Meine Rückfrage:

Sehr geehrte Frau Krittian,

offenbar haben Sie meine Presseanfrage nicht richtig verstanden. 

Ich bat Sie nicht um eine generelle Kommentierung meines Artikels, sondern darum, zwei sehr konkrete Fragen zu beantworten.

Ich bitte Sie, dies zu tun.

 

Mit freundlichen Grüßen 

Boris Reitschuster 

www.reitschuster.de 


Bild: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

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