Wenn man mit Leib und Seele Journalist ist, tut es einem im Herzen weh, mit ansehen zu müssen wie der eigene Berufsstand verkommt und sich von seinen Ansprüchen immer weiter entfernt. Beispiele dafür gibt es im Akkord. Zwei sind dieser Tage herausgestochen – in denen sich Kollegen schlicht und einfach zu Büchsenspannern der Politik machen lassen. Um nicht zu sagen: Zu nützlichen Idioten – einen Ausdruck, den Lenin einst auf naive bürgerliche Unterstützer der Kommunisten münzte. Wobei ich vielleicht selbst mit dieser Einschätzung naiv bin: Denn vielleicht steckt auch Eigennutz dahinter – wenn man sich ansieht, wie etwa unter Angela Merkel mit der Reform der Rundfunkgebühr Unsummen zusätzlich in die Kassen der öffentlich-rechtlichen Anstalten gespült wurden. Oder wie jetzt bereits üppige Millionenbeträge aus dem Staatshaushalt für die Zeitungen in Aussicht gestellt wurden, und sogar von einer GEZ-Gebühr auch für Zeitungen die Rede ist.
Es ist faszinierend, wie sich sehr viele Medien sich für eine Kampagne gegen die konservative Wertunion regelrecht instrumentalisieren ließen. Das WDR-Magazin „Monitor“, bekannt dafür, dass es für seine Kampagnen schon mal die Wahrheit verdreht und Mitarbeiter Zeugen zur Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung bewegten (siehe hier), deckte auf, dass der Vorsitzende der Werte-Union Alexander Mitsch 120 Euro für die AfD gespendet hat. Wohlgemerkt an die damals noch von Lucke geprägte Anti-Euro-Partei.
Wurden noch vor wenigen Monaten beim CDU-Parteitag alle Auftritte von Rednern der Werte-Union, inklusive Mitsch, bei der Live-Übertragung im öffentlich-rechtlichen Sender „Phoenix“ ausgeblendet, weil die Gruppierung angeblich nicht relevant sei – obwohl sie die Parteichefin in ihrer Rede höchstselbst heftig attackierte und ihr spätestens damit Relevanz verlieh, so war das nun wegen 120 Euro plötzlich genau umgekehrt – selbst für die Tagesschau war mit einem Mal die Relevanz gegeben. Eine Suche bei google News zeigt, wie breit die deutschen Medien berichteten.
Dabei stieß immer der Tenor der Skandalisierung ins Auge. Und zwar der Skandalisierung einer Kleinspende für die AfD. Die weitaus spannender Frage wäre aber gewesen: Wie wurde die Spende sowie weitere Spenden von Werte-Union Mitgliedern überhaupt bekannt? Es gibt nur drei plausible Möglichkeiten: Eine „undichte Stelle“ in der AfD, die Finanzverwaltung, also Finanzämter, oder Computer-Hacker. Laut Monitor selbst kommt die Information von einer undurchsichtigen „antifaschistischen Rechercheplattform“ mit dem Namen „Exif“, die nicht mal das vorgeschriebene Impressum auf ihrer Webseite hat. Eine sehr merkwürdige Konstellation.
Echter Journalismus müsste in so einer Situation fragen: Wer steckt hinter der „Enthüllung“, warum kommt sie ausgerechnet, nachdem von Seiten des Merkel-Lagers in der CDU zur Jagd auf die Werte-Union geblasen wurde (Elmar Brok nannte die Parteifreund „Krebsgeschwür“), warum lösen 120 Euro auf einmal ein derart großes Medienecho aus? Wenn fast zeitgleich ein AfD-Landessprecher auf vielen Titelseiten zitiert wird mit der Aussage, es gebe seit Monaten informelle Treffen zwischen AfD und Mitgliedern der Werte-Union – stimmt das? Und warum erzählt er es der Presse? Könnte es bei all dem nicht um eine Diskreditierungs-Kampagne handeln? Umso mehr, als kurz darauf noch Werte-Union-Sprecher Höcker seinen Rückzug aus der Politik ankündigte, weil er massiv bedroht wurde.
Ich habe in der so genannten Qualitätspresse keine Beiträge gefunden, die all das hinterfragten (hoffe allerdings, dass es an der Schnelligkeit meiner Suche im Internet lag und zumindest ein paar Kollegen doch noch die richtigen Fragen stellten). Zumindest das Hinterfragen wäre journalistische Pflicht – zu welchen Antworten es einen auch immer bringen mag.
Nicht weniger überrascht hat mich eine Schlagzeile in der heutigen Welt:
Mein erster Gedanke: Da muss es eine neue Umfrage geben, die ich nicht kenne, die genau das aussagt zu Gunsten Merkels (und der ich kein bisschen vertraue, da ich weiß, wie Umfragen gemacht werden bzw. wie mit Umfragen Politik gemacht wird). Umso größer war mein Staunen, als ich den Artikel dann las: Da ist von gar keiner Umfrage die Rede. Es handelt sich einzig und allein um die Aussage eines der treuesten Gefolgsleute von Merkel – die dann so in die Überschrift übernommen wird.
Gut, der Profi erkennt an den Anführungszeichen, dass es ein Zitat ist, und darüber steht ganz klein „Altmaier“. Aber beim eiligen Leser – und das sind die meisten – wird bei so einer Überschrift nur hängen bleiben, dass die Mehrheit der Deutschen eben Merkel weiter als Kanzlerin will. Und bekanntlich orientiert sich die Mehrheit gerne an dem, was sie für die Mehrheit hält.
Das ist kein Journalismus mehr, dass ist eine Für-Blöd-Verkaufen der Leser. Und die Beispiele ließen sich noch lange fortsetzen. In einem Interview mit dem Sprecher der Stadt Kulmbach zu einem Auftritt von Björn Höcke (AfD) in dem fränkischen Ort stellen die „Qualitätsjournalisten“ von infranken.de von der alteingesessenen Mediengruppe Oberfranken die Frage: „Hätte es für die Stadt unter Umständen eine Möglichkeit gegeben, eine solche Veranstaltung zu verhindern, indem man eine Terminanfrage kurzerhand mit einen vorgeschobenen Grund – Wartung der Heizung oder Überprüfung der – abschlägig beschieden hätte?“
Ganz abgesehen davon, dass im Eifer des (Haltungs-)Gefechts nach dem „der“ ein Objekt vergessen wurde: Ich habe mich in Russland jahrelang darüber empört, dass Veranstaltungen der Opposition regelmäßig unter genau solchen Vorwänden verhindert wurden – eine massive Beschneidung von Demokratie und Freiheit. Und jetzt schlagen Journalisten-Kollegen genau das einer Stadtverwaltung vor? So werden Hüter der Demokratie und Freiheit zu deren Totengräbern. Und genau diese Leute werfen dann anderen vor, zu manipulieren und demokratische Werte ins lächerliche zu ziehen.
Die Liste des Absurden ließe sich noch sehr lange fortsetzen. Etwa mit zahlreichen manipulierenden Berichten zum Klimawandel (siehe hier). Oder einem Beitrag wie diesem der öffentlich-rechtlichen Deutschen Welle:
Geldfluten, also das Drucken von Geld, hat ja schon immer prima funktioniert. Alle werden dadurch irgendwann Millionäre (nur dass man sich für die Millionen dann nicht mal mehr ein Brot kaufen kann). Galgenhumor zur Seite: Sind sie wirklich so dumm oder halten sie uns für so dumm? Oder beides?
Ideologie frisst Hirn. Und der Kampf ums wirtschaftliche Überleben (bei privaten) bzw. Abhängigkeit vom prall gefüllten Futtertrog (bei den öffentlich-rechtlichen) Integrität und Unbestechlichkeit. In dieser Verfassung schaffen sich unsere Medien selbst ab. Der Vertrauensverlust, der schon entstanden ist und weiter entsteht, wird auf lange Zeit nachwirken und fatale Folgen haben. Ich habe das in meinen 16 Jahren in Russland erlebt. Dort hielten sich einst Oligarchen Journalisten wie Kettenhunde, um sie auf ihre Gegner loszulassen, schrieben Spötter. Daran hat sich wenig geändert – auch wenn heute eher der Staat die Kette hält. So weit sind wir noch nicht – aber die Tendenz ist eindeutig. Und es geht rasend schnell.
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