Nur leere Versprechen? Staat fordert Corona-Hilfen zurück Regierung beurteilt Rechtslage gänzlich anders als im Jahr 2021

Von Daniel Weinmann

Zu Beginn der Corona-Krise hatte die damalige Bundesregierung unter Angela Merkel Mittelständlern, Kleinunternehmen und Solo-Selbstständigen großzügige und unbürokratische Hilfe versprochen. Es waren hoffnungsvolle Signale in einer Zeit, die von teils ebenso willkürlichen wie völlig übertriebenen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus geprägt war.

Die Antragstellung bei den Überbrückungshilfen war mühsam und es bedurfte einiger Geduld, bis das Geld floss. Doch für einige wurde die Soforthilfe schon früh zum gefährlichen Bumerang. Mehr als 30.000 Kleinunternehmer und Selbstständige sollten Ende 2021 insgesamt 288 Millionen Euro an Corona-Soforthilfen zurückzahlen, die sie im Frühjahr 2020, kurz nach Ausbruch der Krise, erhalten hatten.

Zur Kasse gebeten wurden all diejenigen, deren Liquiditätsengpass geringer ausfiel als zuvor prognostiziert. Nicht berücksichtigt wurden allerdings sämtliche Zusatzkosten der Unternehmer und Selbstständigen. Zudem konnten die Antragsteller keinen Lohn für sich selbst geltend machen. Die halbseidene Unterstützung wurde gänzlich zum Hohn, weil Olaf Scholz, im Frühjahr 2020 noch Finanzminister, stolz verkündet hatte, dass es sich nicht um einen Zuschuss handele: „Es muss also nichts zurückgezahlt werden.“

Allein die Überbrückungshilfe III haben mehr als eine halbe Million Firmen beantragt

Doch damit nicht genug: Vielen Unternehmen und Selbstständigen flattern dieser Tage noch Rückzahlungsbescheide ins Haus. „Alle Überbrückungshilfen werden zurückgefordert – insgesamt ein Millionenbetrag. Zahlbar innerhalb eines Monats, sonst drohen Vollstreckungsmaßnahmen und hohe Zinsen.“ So lautet die E-Mail eines Steuerberaters an einen konsternierten Unternehmer, die die „FAZ“ zitiert.

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Der Autor des Gastbeitrags, Dennis Hillemann, geht davon aus, dass „noch viele Tausende“ derartiger Rückzahlungsaufforderungen folgen werden. Die damals vermeintlich so großzügig Geförderten trifft nach Einschätzung des Fachanwalts für Verwaltungsrecht und Partners der Kanzlei Fieldfisher in Hamburg nämlich eine rechtliche Besonderheit: Alle staatlichen Überbrückungshilfen während der Coronakrise wurden unter dem Vorbehalt der vollständigen Überprüfung und Rückforderung gewährt.

Nun müssen die Unternehmer und Solo-Selbstständigen Schlussabrechnungen einreichen. Dabei werden sämtliche Daten erneut unter die Lupe genommen. Dabei bedienen sich die Bewilligungsstellen Heerscharen von Beratern großer Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Es geht um Einiges: Allein die sogenannte Überbrückungshilfe III haben mehr als eine halbe Million Firmen beantragt, ausgezahlt wurden mehr als 33 Milliarden Euro.

Bundeswirtschaftsministerium vertritt anlasslos eine andere Ansicht

Mit der Regierungsübernahme durch die Ampelkoalition wurde die Rechtslage „plötzlich oft ganz anders beurteilt als noch im Jahr 2021“, schreibt Hillemann. „Was früher unbedenklich erschien, wurde nun problematisiert.“ Ebenso wurden Anträge abgelehnt und Rückforderungen erlassen mit dem offenen Hinweis, dass nach Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium nun eine andere Ansicht vertreten werde.

So werde beispielsweise Autozulieferern oder Maschinenbauern plötzlich vorgehalten, ihr Umsatzeinbruch sei 2021 doch nicht „coronabedingt“ gewesen, was aber Voraussetzung der Förderung sei. Selbst bei Friseuren heiße es „mit staatlicher Kälte“: „Die Menschen nutzen deren Dienstleistungen eben weniger, vielleicht inflationsbedingt.“

Die Behörden interessiert es in vielen Fällen offenbar schlicht nicht, dass die Geschäfte vieler Firmen bis zum Ende 2019 gut liefen, ihre Umsätze danach aber um mehr als 80 Prozent einbrachen. Frei nach dem Motto: Es könnte ja auch andere Gründe gehabt haben als ausgerechnet Corona.

Auf die Verwaltungsgerichte könnte eine Klagewelle zurollen

Was bleibt, ist pure Fassungslosigkeit. Wohl jeder Unternehmer hätte seinen Betrieb am liebsten normal weitergeführt, ohne sich um Lockdowns und Lieferkettenprobleme kümmern zu müssen. Der Wohlstandsverlust der knapp drei Corona-Jahre ist für Unternehmer nicht aufzuholen – während der größte Teil der Angestellten weiterhin sein Gehalt bekam.

Ein Teilnehmer im „FAZ“-Forum bringt die Lage als Betroffener auf den Punkt: „Wir hatten auch diese Hilfe beantragt und erhalten. Von den Bedingungen her für uns seinerzeit klar. Der Behörde offenbar auch, denn wir hatten die Unterlagen mitgeliefert. Jetzt heißt es, die Hilfe gelte nur und ausschließlich für die Personalkosten. Dort hätte eine Schieflage bestehen müssen.“

Manche böse Stimme murmele, Berlin möchte Milliarden aus der Überbrückungshilfe für andere Projekte der Ampelkoalition zurückholen, schreibt Verwaltungsrechtler Hillemann. Angesichts der gewaltigen Kosten für die „Wärmewende“ dürfte er damit nicht sehr falsch liegen. Derweil sieht er eine Klagewelle auf die Verwaltungsgerichte zurollen, wenn die Regierung in Berlin nicht gegensteuere und die harte Praxis der Bewilligungsstellen stoppe. Seine ernüchternde Prognose: „Dafür gibt es derzeit keine Anzeichen – ganz im Gegenteil.“

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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

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