Rassismus-Wahn in deutschen Medien

Es sagt ziemlich viel über unsere Medien aus, dass ein VW-Werbespot, in dem die Buchstaben E,R,N,E,G kurz eingeblendet werden, sofort zu Rassismus-Alarm, größter Aufregung und Empörung führt. Nicht aber die Wahl von Barbara Borchardt, einem linksextremen SED-Altkader, zur Verfassungsrichterin (siehe hier). Obwohl sie Verständnis für den Mauerbau äußerte und eine Mit-Gründerin der vom Verfassungsschutz beobachteten „Antikapitalistischen Linke“ ist. Obwohl sie die CDU mit ihren Stimmen ihre Wahl ermöglichte. Obwohl sie erklärte: „Meine Mitgliedschaft in der Antikapitalistischen Linken steht nicht im Widerspruch zu meiner Tätigkeit als Landesverfassungsrichterin, deswegen werde ich meine Mitgliedschaft auch nicht ruhen lassen.“

Wie schwerwiegend muss der Rassismus-Vorwurf gegen VW sein, dass er all das in den Schatten stellt? Dass er so gewaltig und in den sozialen und anderen Medien so allgegenwärtig war, dass sich die VW-Manager sofort medial auf die Knie schmissen und sich selbst geißelten? Vorstand Jürgen Stackmann schrieb auf twitter: „Ich entschuldige mich aufrichtig als Einzelperson in meiner Funktion als Vorstandsmitglied.“ Der Weltkonzern machte sich ganz klein: „Wir schämen uns dafür und können es uns heute nicht erklären“. Und weiter: „Wir bei Volkswagen wissen um die historischen Ursprünge und die Schuld unseres Unternehmens im Nazi Regime“.

Letztere ist unbestritten, und natürlich ist sie eine Verpflichtung zu besonderer Sensibilität. Aber muss man sich deswegen ein Büßergewand anziehen und sich durchs virtuelle Dorf treiben lassen, wenn es dafür keinen Anlass gibt? Entwertet, ja bagatellisiert man nicht genau dadurch diese historische Verantwortung? Und wäre der historische Ballast nicht auch Anlass, nicht bedingungslos und in vorauseilendem Gehorsam dem politischen Zeitgeist hinterher zu hecheln?

Selbst die Bundesregierung schaltete sich ein – anders als bei der Wahl der Linksextremen zur Verfassungsrichterin. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes twitterte: „Ein Mindestmaß an Sensibilität für Rassismus sollten Unternehmen aufbringen. Das gilt in der Werbung für ihre Produkte, wie es auch im Umgang mit ihren Beschäftigten gilt.“In den meisten Medienmeldungen zu dem „Skandal“, die ich auf die Schnelle durchsehen konnte, war das Corpus delicti, der Werbespot, gar nicht verlinkt. Als ich das Video endlich fand, kam mir ein böser Gedanke: Vielleicht ist er deshalb nicht verlinkt, weil beim Ansehen die Aufregung recht schnell in sich zusammenbricht.

Jedenfalls traute ich meinen Augen nicht: In dem Spot schnippt eine übergroße Hand einen kleinen Mann hin und her, der an einem neuen VW-Golf steht. Dann kommt eine schnelle Buchstabenfolge, und daraufhin setzen sich die Buchstaben zu „der neue Golf“ zusammen. Sie können sich den zehn Sekunden langen Spot hier ansehen. Die vermeintlich frevelhafte Buchstabenfolge ergibt in meinen Augen ein „REG“ bzw. ein „ERNEG“. Man muss zuerst die zweite Zeile lesen, dann die letzte und dann, als letzte, die erste, um auf das Wort „Neger“ zu kommen. Da die Einblendung aber kaum eine Sekunde dauert, muss man wirklich sehr viel Phantasie und Verfolgungseifer mitbringen, um hier das verbotene Wort zu sehen. „Wenn man bei den zwei Wörtern von Volkswagen jeweils den letzten Buchstaben nimmt und dann umdreht, kommt NS heraus. Das kann kein Zufall sein“, kommentiert Felix Krautkrämer mit Galgenhumor auf twitter.

Dass der nur winzige und schwer zu erkennende Mann in dem Spot schwarz ist, wäre mir gar nicht aufgefallen. Ebenso wenig wie ich bewußt wahrgenommen habe, dass die übergroße Hand, die mit ihm spielt, weiß ist. Für mich, und wohl die meisten Zuschauer, ist da eben vor allem ein kleiner Mann und eine viel zu große Hand zu sehen. Mein Verdacht: Wer in diesem Spot Rassismus sieht, wer da auf die Hautfarbe achtet, ja gar alles auf diese herunter bricht, muss selbst ziemlich rassistisch denken, denn sonst käme er gar nicht auf diese Idee.

Ich musste bei der Geschichte sofort an einen der besten russischen Witze denken, der eine geniale Antwort ist auf viele Blüten, die unsere politische Korrektheit treibt: Der mit allen Wassern gewaschene Marschall Schukow brummt nach einer Visite bei Stalin „Arsch mit Schnurrbart“ vor sich her. Stalin-Sekretär Poskrjobyschew, die Inkarnation des Speichelleckers und Denunzianten, schnappt das auf und rennt sofort zu seinem Chef, um zu petzen: „Schukow hat Sie gerade Arsch mit Schnurrbart genannt“. Stalin lässt sofort Schukow rufen, ist außer sich vor Wut: „Haben Sie gerade ,Arsch mit Schnurrbart´ gesagt?“ Schukow findet nach einer Schreckenssekunde sofort wieder zu sich und entgegnet betont ruhig und gelassen: „Ja, Genosse Stalin. Ich habe selbstverständlich Hitler gemeint.“ Sodann dreht sich Schukow kühl zu Poskrjobyschew um: „Wen haben denn Sie gemeint, Genosse?“

Dass solche Pseudo-Skandale ein Vielfaches an Aufregung und Medien-Aufmerksamkeit auslösen wie die Berufung einer Linksextremen ins Verfassungsgericht zeigt, wie weit sich unsere Medien von ihren Kunden entfernt haben. Ich bin felsenfest überzeugt: Eine große Mehrheit in unserem Lande hat den Sinn für Verhältnismäßigkeit nicht verloren und versteht sehr wohl, was der schwerwiegendere Vorfall ist. Umso fragwürdiger ist hier die Rolle unseres Berufsstandes. Das ungute Phänomen wird durch die Aufregungs-Maschinerie in den sozialen Netzwerken noch verstärkt.

Der Rassismus-Vorwurf ist der Gessler-Hut der Glaubenswächter des quasiamtlichen linksgrünen Zeitgeistes. Wehe, man kommt auch nur in Verdacht – das ist das moderne Kainsmal. Aus Angst davor schreit die Mehrzahl (bis hin zu Weltkonzernen wie VW) „Haltet den Rassisten“, um bloss nicht selbst als einer da zu stehen, weil man zu spät geschrien hat. Da kommen Mechanismen zum Wirken, die man sonst eher aus autoritären Staaten mit einer alleingültigen, verpflichtenden Ideologie kennt. Diese seit langem bestehende, aber immer schneller voran schreitende Entwicklung ist Gift für unsere Demokratie, für den Pluralismus und die Freiheit. Wenn schon gestandene Manager wegen solchem Unsinn derart vor einer ideologischen Meute einknicken, öffentlich auf die Knie gehen und erklären, dass sie sich schämen, ist es bis zu „Sittenwächtern“, wie wir sie etwa im Iran kennen, gar nicht mehr so weit, wie wir vielleicht glauben.


Bild: Screenshots youtube

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