STERN: Masken als „Symbol der Freiheit“ Propaganda wie in finsteren Zeiten

Es war ein Erkennungszeichen von Nationalsozialisten und Sozialisten, dass sie die Sprache vergewaltigten. Mit Wörtern genau das Gegenteil von dem ausdrückten, was diese eigentlich bedeuteten. Zynisch bis zur Unerträglichkeit. Etwa, wenn an den Eingängen zu Konzentrationslagern stand: „Arbeit macht frei“. Insassen bescheinigte man teilweise, sie seien in „Schutzhaft“ – als würden sie durch die Haft geschützt. In der zweiten deutschen Diktatur, der DDR, stand das zweite „D“ in ihrem Namen für „demokratisch“. Die verbrecherische Mauer, mit der die SED ihre eigenen Bürger einsperrte, wurde in der Propaganda als „antifaschistischer Schutzwall“ getarnt.

In George Orwells Roman 1984, einer Abrechnung mit dem Sozialismus, war dieser Missbrauch der Wörter Vorlage für das „Neusprech“. So nennt er dort die sprachpolitisch umgestaltete Sprache: Durch Sprachplanung werden die sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten beschränkt und damit die Freiheit des Denkens aufgehoben. Der fiktive totalitäre Staat Ozeanien entwickelt diese Sprachform, um die Ideologie von „Ingsoc“ (English Socialism) im Unterbewusstsein der Menschen zu verankern. Krieg wird als Frieden bezeichnet, Unfreiheit als Freiheit, Diktatur als Demokratie.

Es wäre absurd, die heutige Bundesrepublik mit einer Diktatur gleichzusetzen. Und noch absurder, sie mit einer der deutschen Diktaturen in eine Reihe zu stellen. Aber es wäre auch verantwortungslos, zu übersehen, dass gewisse Elemente aus der Gifttruhe des Totalitarismus wieder auf dem Vormarsch sind. Orwells „Neusprech“ scheint heute so lebendig wie einst. Ein Blick in die Tageszeitungen reicht, um das festzustellen: Es wimmelt da nur von Begriffen, die speziell zur Steuerung des Denkens künstlich erfunden wurden. Wie etwa „Schutzsuchende“, „Geflüchtete“, „Klima-Leugner“, „Corona-Leugner“, „Rechte“, und so weiter.

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Eine neue Stufe bei der Verdrehung von Begriffen ist jetzt im Magazin Stern zu finden. Das hatte zuvor schon seine Absage an den Journalismus endgültig klar gemacht: Indem er seine jüngste Ausgabe zusammen mit Aktivisten gestaltete – von „Fridays for future“. Die Kollegen bemerken offenbar nicht einmal mehr selbst, wie sehr sie sich damit von allen Idealen unseres Berufsstands lossagen. Nun erschien auch noch eine unfassbare Kolumne in dem Heft, das von Henri Nannen gegründet wurde, der unter den Nationalsozialisten in einer Propagandakompanie diente. Überschrift des Werkes von Ex-Welt-Vize-Chefredakteur Frank Schmiechen: „Warum die Maske ein Symbol unserer Freiheit ist.“

Man kann über die Maske völlig unterschiedlicher Meinung sein. Es ist legitim, sie für die Rettung der Menschheit vor dem Corona-Virus zu halten. Genauso wie es in einer Demokratie umgekehrt möglich sein muss, massive Bedenken gegen die so genannte „Mund- und Nasenbedeckung“ zu haben. Schließlich hatten die auch noch vor gar nicht allzu langer Zeit Kanzlerin Angela Merkel und Virologe Christian Drosten höchstselbst. Aber ganz egal, was man von der Maske hält: Sie als „Symbol der persönlichen Freiheit“ zu bezeichnen, wie es weiter unten im Text gar heißt, ist ein Zynismus, wie man ihn sonst nur aus Diktaturen kennt. Eine völlige Verdrehung der Fakten. Ja ihre Pervertierung.

Der gesamte Artikel ist in diesem Duktus geschrieben. Ein Werk, wie man es früher im SED-Blatt „Neues Deutschland“ oder in der sowjetischen Prawda erwartet hätte. Selbst der hartnäckigste Befürworter von Masken wird diese wohl kaum als Freiheits-Ausdruck empfinden. Sondern als lästiges, aber notwendiges Übel.

Weiter führt Schmiechen zwei Aussagen von Journalisten an:

„Die Maske muss der Maske wegen getragen werden. Als Symbol für Gehorsam den Maßnahmen der Regierung gegenüber.“  (Stefan Aust, Herausgeber WeltN24)

„Ein Regieren mit Notstandsverordnungen (hat) die Tür zum autoritären Durchregieren geöffnet.“  (Podcaster Gabor Steingart)

Diese Zitate kommentiert der Stern-Autor so, wie man es von Propagandisten aus Diktaturen kennt: „Mir ist nach solchen Sprüchen ein bisschen übel.“ In demokratischen Staaten sollte Journalisten von anderen Meinungen nicht übel werden, sondern sie sollten sie mit Argumenten widerlegen.

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In Schmiechen Autoren-Info beim Stern heißt es: „Heute berät er Politik und Wirtschaft in allen Fragen der Kommunikation.“ Auf gut Deutsch: Er ist in der PR tätig. Also arbeitet für die und lebt von den Aufträgen derjenigen, die er eigentlich kontrollieren sollte. Das findet der Leser aber nur im Kleingedruckten. Der Stern stellt seine Seiten also nicht nur Aktivisten zur Verfügung, sondern auch PR-Beratern der Politik, die für die meisten Leser gar nicht als solche zu erkennen sind. Um wenigstens ein Minimum an journalistischem Anstand beizubehalten, hätte der Stern den Autor und mögliche Interessenkonflikte zumindest oben in der Autoren-Zeile gut erkennbar als „Politik-PR-Berater“ erkennbar machen müssen.

Schmiechen schreibt weiter: „Es geht gerade eine gefährliche Erzählung um, die geht ungefähr so: Die Bundesregierung nutze die Zeit der Pandemie, um unsere Demokratie auszuhöhlen.“ Kritik an der Regierung und die Warnung davor, dass diese Maßnahmen überzieht, als „gefährliche Erzählung“. Das klingt fast nach Warnung vor „Virus-Wehrkraft-Zersetzung“.

Weiter führt Schmiechen aus: „Maskenträger … machen keinen künstlichen Gegensatz zwischen Freiheit und Gesundheit auf, nur weil das so klug klingt.“ Was für ein Unsinn! Man kann auch für Masken sein, und trotzdem einen Gegensatz sehen – nur den eben zu Gunsten von Masken auflösen.

Der Artikel endet mit folgendem Satz über das Tragen von Masken: „Auf diesen solidarischen Ausdruck von gelebter persönlicher Freiheit, diesem Bekenntnis zur freiheitlichen Demokratie können wir Deutsche stolz sein.“

Mein bitteres Fazit nach der Lektüre: Erschreckend viele haben nichts aus den zwei Diktaturen in Deutschland gelernt. Stehen Gewehr bei Fuss. Man kann in diesen Tagen geradezu spüren, wie es damals gewesen sein muss. Die Geister sind noch lebendig. Bleibt nur die Hoffnung, dass sie diesmal für ihren vorauseilenden Kadaver-Gehorsam und ihre Freude am Denunzieren und Diffamieren von Menschen mit anderen Meinungen keine allzu große Plattform bekommen und der ganze Irrsinn wenigstens diesmal rechtzeitig in seinen Anfängen gestoppt wird.

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Bild: Dragana Gordic/Shutterstock
Text: br


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