Studie entlarvt: Corona-Berichte nicht geschlechtergerecht!

Ein Gastbeitrag von Josef Kraus, Bildungs- und Bundeswehrexperte

Jetzt haben wir in der Corona-Debatte endlich den ultimativen Erkenntnis-Kick bekommen. Darauf hat die Welt (außer vielleicht China und die arabische Welt) gewartet. Im Auftrag der MaLisaStiftung (gegründet von der Schauspielerin, vormaligen Ärztin und Hubert-Burda-Gattin Maria Furtwängler) haben zwei leibhaftige Forscher_*:/Innen (Schreibung des Verfassers JK) namens Prof. Dr. Elizabeth Prommer und Julia Stüwe vom Institut für Medienforschung der Universität Rostock die Fernsehberichterstattung auf gendergerechte Corona-Berichterstattung untersucht. Für die TV-Berichterstattung analysierte man ganze zwei Wochen lang (vom 16. bis 30. April) ARD-/ZDF-/RTL- und SAT1-Sendungen mit Corona-Bezug.

Max Berggren, Urheber des Gender Equality Tracker, hat zudem 79.807 (!!!) Berichte in den Online-Auftritten von 13 Printmedien ausgewertet. Erfasst wurden Hauptakteur*innen (insgesamt 2.240). Dazu zählen sowohl Medienschaffende (Journalist*innen, Reporter*innen, Nachrichtenmoderator*innen und Talkshow-Hosts) als auch Expert*innen und Alltagspersonen, die zentral im Bild waren und namentlich genannt wurden.

Die weltbewegende Frage war: Wie steht es um die Geschlechtergerechtigkeit in der medialen Corona-Berichterstattung? Wie oft kommen Frauen und Männer zu Wort? Wie oft und zu welchen Themen werden sie als Expert*innen befragt?

Lassen wir einfach eine Auswahl der umwerfenden Ergebnisse für sich sprechen: 

1. In den TV-Formaten war nur eine von fünf Expert*innen weiblich (22%). In der Online- Berichterstattung wurden Frauen nur zu rund sieben Prozent als Expertinnen erwähnt.

2. Als Mediziner*innen kamen vor allem Männer zu Wort – obwohl fast die Hälfte aller Ärzt*innen in Deutschland weiblich ist. Von den im TV befragten Ärzt*innen ohne Leitungsfunktion war nur eine von fünf weiblich.

3. Insgesamt kamen sowohl im Fernsehen als auch in den Online-Berichten der Printmedien mit Corona-Bezug auf eine Frau zwei Männer.

4. Insgesamt kamen doppelt so viele Männer wie Frauen zu Wort (67% zu 33%)

5. Bei Journalist*innen, Reporter*innen und Nachrichtenmoderator*innen entsprach der Frauenanteil in den Sendungen mit 52 Prozent in etwa dem der Bevölkerung. In den anderen Kategorien lag der Frauenanteil deutlich niedriger.

Alles klar??? Eben nicht! Was Alltagspersonen sind, wissen wir zum Beispiel nicht. Ist dies etwa der vormalige „Mann von der Straße“? Die „Frau von der Straße“ kann es ja nicht sein, denn das wäre zu zotig. Den Satz „Als Mediziner*innen kamen vor allem Männer zu Wort – obwohl fast die Hälfte aller Ärzt*innen in Deutschland weiblich ist“ versteht ebenfalls kein der deutschen Sprache halbwegs Mächtiger. Pardon: kein/keine/keines der deutschen Sprache Mächtiger/Mächtige/Mächtiges (m/w/d).

Das einzig Innovative an dieser Studie scheint eine sechste Variante der Genderschreibung – der Slash zwischen dem Doppel-n (n/n). Bislang kannten wir nur das Majuskel-I, das Gender-Sternchen-*, den Gender-Unterstrich_, den Gender-Doppelpunkt: und den Gender-Slash. Neu haben wir jetzt den Slash zwischen dem Doppel-n: Expertin/nen, Virologe/n, Virologin/nen sowie Forscher, Forscherin/nen

Eine andere Frage drängt sich angesichts von 79.807 ausgewerteten Berichten allerdings schon auf: Brauchen Forscher:_*:/In/nen Beschäftigungstherapie? Oder noch heftiger gefragt: Geht es diesem Land immer noch so gut, dass es sich solchen Irrsinn ohne jeden praktischen Nutz- und Nährwert leisten kann? Oder geht es wie sonst auch um Quote statt Qualität?

Das Covid-19-Virus kann all dies nicht lange kalt lassen. Es (das Virus – Neutrum) hat sich zwar bereits vor Jahrhunderten gendergerecht ins Geschlechterneutrale zurückgezogen. Aber das kann nicht von Dauer sein. Denn in Kürze werden irgendwelche Grün_*/:Innen und Moderator_*/:Innen nach Steuerinnenzahlern, KinderInnen, MitgliederInnen und GästInnen (ausgesprochen mit einem Glottisschlag, vulgo: stotternden Zungenschnalzer) auch noch ein Vir_*/:In/nen hinkriegen. Außerdem wird es höchste Zeit, dass die Fernseh- und Zeitungsmacher*:_/In/en in Sachen Corona endlich die MaLisa-Gründerin, Schauspieler_:/*In und vormalige Ärzt_:/*In Maria Furtwängler befragen.

Betrachten wir die Sache abschließend aus der Perspektive der praktischen Pädagogik: Wenn Kinder sich langweilen, kommen sie oft auf die dümmsten Ideen.

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Alles kursiv Geschriebene ist Originalzitat aus der „Studie“


Josef Kraus (*1949), Oberstudiendirektor a.D., Dipl.-Psychologe, 1987 bis 2017 ehrenamtlicher Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, 1991 bis 2013 Mitglied im Beirat für Fragen der Inneren Führung beim Bundesminister der Verteidigung; Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande (2009), Träger des Deutschen Sprachpreises 2018; Buchautor, Publizist; Buchtitel u.a. „Helikoptereltern“ (2013, auf der Spiegel-Bestsellerliste), „Wie man eine Bildungsnation an die Wand fährt“ (2017), „Sternstunden deutscher Sprache“ (2018; herausgegeben zusammen mit Walter Krämer), „50 Jahre Umerziehung – Die 68 und ihre Hinterlassenschaften“ (2018), „Nicht einmal bedingt abwehrbereit – Die Bundeswehr zwischen Elitetruppe und Reformruine“ (2019, zusammen mit Richard Drexl)


Bild: NIAID/Flickr/CC BY 2.0, svgsilh.com/Creative Commons

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