Für die einen ist sie eine Qual und Zumutung, für die anderen die Rettung vor der Pandemie: die Maske. Über den Mund- und Nasenschutz scheiden sich die Geister. Doch drum herum kommt heute niemand, wenn er nicht vor Monaten Vorräte Zuhause gebunkert hat. Selbst mit einem ärztlichen Attest, das einen von der Maskenpflicht befreit, kommt man in viele Geschäfte nicht rein. Von Pöbeleien und Aggressionen ganz zu schweigen. In vielen deutschen Medien wird weniger über die Masken informiert als vielmehr für sie agitiert. Bezeichnend ist, dass etwa die Stiftung Warentest sonst wirklich auch noch so ausgefallene Dinge testet – aber in sieben Monaten der Pandemie noch keinen umfassenden Masken-Test auf die Reihe brachte. Dabei wäre das eigentlich ihre ureigenste Aufgabe.
Dafür gibt es nun einen Masken-Test aus der Schweiz. Über den sogar die grundsolide Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRF berichtet. Das Ergebnis ist vernichtend. Ist das der Grund, warum man in den deutschen Medien nichts dazu findet? Obwohl das Thema doch von höchster Brisanz sein sollte. Das Fazit des Tests fasst die SRF wie folgt zusammen: „Das Labor Testex hat Masken unter die Lupe genommen. Keine der Stoffmasken und nur ein Teil der Hygienemasken besteht.“
Das Ergebnis des Tests im Auftrag der Westschweizer Konsumentensendung «A Bon Entendeur» ist ein Desaster, wie es in dem Beitrag heißt. Besonders schlecht schneiden die acht getesteten Stoffmasken ab: „Die Filtrationseffizienz erweist sich als Killerkriterium. Sieben von acht Masken fallen bei der Laborprüfung laut Testex durch und filtern Partikel der Grösse eines Mikrometers (ein Tausendstel Millimeter) nur ungenügend. Ein Mikrometer entspricht in etwa der Tröpfchengrösse, die Menschen beim Husten ausstossen. Einzig die Maske Osann besteht diesen Test. Die Maske ist aber so dicht gewebt, dass sie als einzige beim Kriterium Luftdurchlässigkeit versagt. Sprich: Das Atmen fällt mit dieser Maske sehr schwer“.
Aber es kommt noch schlimmer. Denn das grundsätzliche Urteil von Jean-Pierre Haug, dem Vorstand fürs operative Geschäft von Testex, ist laut SFR eindeutig: „‘Viele der getesteten Community-Masks erfüllen die Anforderungen an Filtration schlicht überhaupt nicht.‘ Dafür falle das Atmen sehr leicht. Das sei verständlich: ‘Bei einem groben Filter kann man gut atmen. Ein grober Filter filtert aber auch schlecht.‘“
Vier von den acht gestesteten Stoffmasken fielen nicht nur bei der Filterleistung, sondern auch beim Kriterium Spritzwiderstand durch. Die Oberfläche der Masken weist demnach Tröpfchen nur ungenügend ab, die Flüssigkeit schlägt auf die Maskeninnenseite durch. Auf diese Weise gelangen Bakterien und Viren an Mund, Nase und Schleimhäute, so Jean-Pierre Haug.
Auch von den acht getesteten Hygienemasken scheiterten vier bei der Filtration an den Anforderungen. Haug bezweifelt, ob die medizinischen Normen hier eingehalten werden.
Ebenso erschütternd wie die Testergebnisse ist das Schweigen der deutschen Medien. Einerseits betonen sie ständig, es gehe ihnen um das Wohl und die Gesundheit der Bevölkerung. Damit begründen sie zumindest inoffiziell die sehr einseitige Berichterstattung. Die im Bereich Masken in vielem Agitation gleichkommt. Wenn es aber um die Gesundheit geht, müssten die Probleme mit den Masken, die der Schweizer Test an den Tag bringt, sofort und schnell thematisiert werden. Genau das geschieht aber nicht. Hier kann und muss sich jeder selbst einen Reim machen. Und sich die Frage stellen: Wie verhältnismäßig ist es, wenn Maskenmuffel als Soziopathen diffamiert werden, und sogar Menschen mit Gesundheitsproblemen mit Anfeindungen rechnen müssen ohne Maske – und wenn gleichzeitig das Versagen von vielen dieser Masken kein Thema ist?
Die „Welt“ etwa machte einen „Test“ der ganz eigenen Art: Sie veröffentlichte „Die 33 coolsten Masken für den Herbst“. Dabei ging es fast ausschließlich um modische Aspekte. Und die Maske wurde als schickes Accessoire dargestellt. Das „Stilressort“ der einst konservativen Zeitung schrieb: „Der mit dem hauseigene Logo bedruckte, großformatige Plastikschutz von Louis Vuitton ist jetzt schon ein Klassiker: Er verbindet den Futurismus beider Kreativdirektoren (Nicolas Ghesquière und Virgil Abloh) mit der Dramatik der Couture. Auf den roten Teppichen und anderen öffentlichen Bühnen wimmelt es von kreativen Maskenlösungen. Und Modeikonen wie das Ex-Modell Michelle Elie…nutzt die Zeit, in der sie sich sonst auf ihre Auftritte bei den Schauen in Mailand und Paris vorbereiten würde, zum kreativen Spiel mit dem Thema.“
Sodann steht da weiter: „Masken, die nicht nur schützen, sondern auch noch gut aussehen“. Dabei gibt es im Text keinerlei Hinweis darauf, dass die Leistung dieser Masken auch wirklich getestet wurde. Und sie damit auch zuverlässig schützen. Die „Frankfurter Allgemeine“ schreibt in einer „Kolumne Modeerscheinung“ als Vorspann: „Welche Masken tragen eigentlich die wichtigen Modeleute? Unsere Autorin hat sich auf den Fashion Weeks in Mailand und Paris umgesehen.“ Weiter heißt es da: „Die Maske, dieses Mittel zum Zweck, ist natürlich ein Must-have im besten Sinne, kann aber nebenbei auch ein Spaßaccessoire sein. Die Maske könnte insofern die neue Handyhülle sein, weil ohne sie aus dem Haus zu gehen riskant ist; trotzdem ist sie eine Gelegenheit zum Ausdruck des eigenen Stilgefühls.“
Manchmal wünscht man sich, man würde in der Schweiz leben. Aber es ist ja schon ein Trost, dass man die Schweizer Medien bei uns lesen kann.
Bild: Charlie Waradee/Shutterstock
Text: br