Gastbeitrag von Lukas Mihr, Historiker und freier Journalist
Vergangene Woche beklagten die Neuen Deutschen Medienmacher (NDM), dass deutsche Redaktionsstuben eine „erstaunliche Homogenität“ aufweisen. Fast alle Chefredakteure seien deutsch, die wenigen Ausnahmen entstammten allesamt anderen europäischen Ländern. Nicht-Weiße, vor allem Muslime und Afrikaner, seien gar nicht vertreten.
Als Argument führen die NDM oft an, dass die Zahl der Ausländer in Deutschland beständig steige. In manchen Großstädten sei sogar eine Mehrheit der Kinder ausländisch. Dieser demographische Wandel müsse angemessen berücksichtigt werden. Die Medien applaudieren solchen Forderungen zumeist. Seltsam: als Thilo Sarrazin vor 10 Jahren exakt auf die gleichen Umstände hinwies, wurde dies noch als „rechte Verschwörungstheorie“ abgetan. Die NDM sind eine migrantische Lobbyorganisation. Wichtigste Ansprechpartnerin für die Öffentlichkeit ist Vorstandsmitglied und Journalistin Ferda Ataman, die stets auf mehr „Diversity“ (Vielfalt) unter deutschen Medienschaffenden pocht.In der Vergangenheit erwiesen sich die NDM zumeist als Sprachpolizei orwellscher Prägung. Als Negativpreis verleiht die Organisation die „Goldene Kartoffel“, um auf besonders unsensible Berichterstattung hinzuweisen. Der Begriff „Flüchtlingswelle“ solle durch „Zuzug“ ersetzt werden, der „Asylant“ durch den „Schutzsuchenden“. Menschen aus Einwandererfamilien seien „Diverskulturelle“. Dass der SPIEGEL Informationen über die Corona-Pandemie auch in türkischer Sprache verbreitete, sei ein Beispiel „gelungener Integration der Medien im Einwanderungsland.“Etwas seltsam mutet an, dass Ataman, die selbst nur holpriges Türkisch spricht und perfekt in die Mehrheitsgesellschaft integriert ist, immer wieder die Ausländerkarte spielt.
Von 2016 bis 2018 erhielten die NDM aus staatlichen Fördertöpfen insgesamt 2.3 Mio. Euro. Als Kooperationspartner werden auf der Website der NDM mehrere Bundesministerien, die Bundeszentrale für politische Bildung, parteinahe Stiftungen und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten angegeben. Dem Anspruch eine NGO (Nichtregierungsorganisation) zu sein, werden die NDM also nicht gerecht. Bei massiver staatlicher Förderung spricht die Politikwissenschaft von QUANGOs (quasi-Nichtregierungsorganisationen). Dass ihre Vertreter oft zum Integrationsgipfel der Bundesregierung und anderen hochrangigen Veranstaltungen geladen werden, unterstreicht erneut ihre Staatsnähe. Ataman selbst hatte einige Jahre lang als Redenschreiberin für den heutigen Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens, Armin Laschet, gearbeitet.
Doch wie steht es um die These der NDM, mehr „Diversity“ würde die deutsche Medienlandschaft bereichern?
Denn es zeigt sich: Gerade die „Vorzeigemigranten“ der deutschen Medienlandschaft sind fast nie Journalisten im eigentlichen Sinne, sondern linksgrüne Politaktivisten.
Mely Kiyak warnte in der Diskussion über Salafisten vor „Salachristen“. So gäbe es nur geschätzte 500 Islamisten in Deutschland, aber eine Million fundamentalistischer Christen. Ohnehin gehe von der Lebensmittelindustrie und dem Bankenwesen die weit größere Gefahr aus. Mal abgesehen davon, dass diese Schätzungen in den vergangenen Jahren deutlich nach oben korrigiert worden: Wie viele der christlichen Fundamentalisten – über deren Wertevorstellungen sich tatsächlich streiten lässt – haben in Deutschland Anschläge verübt oder sind in einen christlichen Gottesstaat ausgereist, um Menschen zu köpfen?
Über Thilo Sarrazin schrieb Kiyak, dieser sei eine „lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur“ und entschuldigte sich damit, ihr sei nicht bekannt gewesen, dass dieser an einer Gesichtslähmung leide. Deniz Yücel sprang Kiyak bei und meinte, dass man Sarrazin „nur wünschen kann, der nächste Schlaganfall möge sein Werk gründlicher verrichten“. Nur um Haaresbreite entgeht er mit einer solchen Formulierung dem Vorwurf, er habe einem Menschen den Tod gewünscht. Die sinkende Geburtenrate der Deutschen bezeichnete Yücel als „Völkersterben von seiner schönsten Seite.“ Insbesondere über den Bevölkerungsrückgang der „Ossis“, also der „Sandys, Mandys und Jacquelines“ zeigte er sich erfreut: „Woran Sir Arthur Harris, Henry Morgenthau und Ilja Ehrenburg gescheitert sind […] übernehmen die Deutschen nun also selbst.“
Yassin Musharbash, dessen arabische Abstammung man ihm weder ansieht noch anhört, wünscht sich so sehr den „Opferbonus“, dass er imaginiert, auf der Straße von AfD-Wählern schräg angesehen zu werden. Ohne seinen Namen wäre er eben nur ein weiterer weißer, heterosexueller Mann. Über Sarazzins Werk „Deutschland schafft sich ab“ schrieb er: „Thilostan“ sei ein „mentales Nordkorea“, der Autor nur ein „Schmalspur-Intellektueller“. Argumente muss er Sarrazin natürlich nicht entgegensetzen, denn dieser verbreite schließlich nur „Pöbeleien“.
Şeyda Kurt stößt negativ auf, dass in der Corona-Krise der Virologe Christian Drosten ständig in den Nachrichten zu sehen ist. Ob dies anhand seiner wissenschaftlichen Expertise gerechtfertigt sein mag, ist für sie zweitrangig. Sie verstehe den „Hype“ nicht. Es werde mal wieder ein „weißer cis-Mann angehimmelt.“
Sibel Schick retweetet den Hashtag #menaretrash (Männer sind Müll.), verfasste ein Gedicht mit dem Titel „Männer sind Arschlöcher“ und fordert: „Fast alle Amokläufe können wir auf die Männlichkeit zurückverfolgen. Tötet die Männlichkeit.“
Die Meinungsfreiheit lehnt sie ab:„Lasst alles kurz liegen und denkt paar Minuten darüber nach, wie geil euer Leben wäre, wenn sich Deutsche tatsächlich nicht mehr trauen würden, offen ihre Meinung zu sagen.“Dem Handballer Stefan Kretzschmar warf sie vor, er habe den „rechten Ausdruck“ „Meinungsfreiheit“ benutzt.
Hengameh Yaghoobifarah definiert sich aufgrund ihrer iranischen Wurzeln als „Person of color“, also als Nicht-Weiße. Auch sie geht in ihrer Opferrolle auf – denn rein äußerlich könnte man sie für eine Deutsche halten. Sie gehört der „Fat-Acceptance“-Bewegung an, die Männer dazu umerziehen will, übergewichtige Frauen attraktiv zu finden. Dass ein hohes Körpergewicht gesundheitliche Schäden nach sich zieht, bestreiten die Aktivisten.Deutsche nennt Yaghoobifarah „Kartoffeln“ und fordert sie dazu auf, sich abzuschaffen. Rassismus gegen Deutsche gäbe es nicht, wohingegen es schon rassistisch sei, wenn ein Deutscher sich mittels Federschmuck als Indianer verkleide.
Aras B. kam im Zuge der Flüchtlingskrise nach Deutschland. Er wurde schnell als Nachwuchshoffnung gefeiert. In seinen Artikeln forderte er die Versorgung von Flüchtlingen mit Smartphones. Auch meint er, dass AfD-Wähler nicht zu Deutschland gehörten und dass Frauen an den sexuellen Belästigungen der Kölner Silvesternacht 2015 selbst schuld seien, da sie sich nachts allein ins Freie begeben hätten. Mittlerweile läuft ein Verfahren gegen Aras B. , ihm wird vorgeworfen, Frauen begrapscht zu haben.
Tarik Tesfu erfährt als schwuler Afrikaner ständig Hass in den sozialen Netzwerken. Nicht minder rassistisch ist es jedoch, wenn er seine Gegner als „privilegierte Weiße“ verspottet. Dass es auch weiße Hartz-IV-Empfänger gibt, fällt ihm in seinem buchstäblichen Schwarz-Weiß-Denken nicht auf.
Thembi Wolf zeigte sich erschreckt über Dating-Apps. Dort suchten Frauen ernsthaft nach großen Männern, während Männer sich erdreisteten, bevorzugt schlanke Frauen anzuflirten. Es sei rassistisch, dass Weiße vermehrt andere Weiße daten wollten. Die feministische Logik des „no means no“ gilt für die Feministin Wolf also nur sehr selektiv.
Doch kein „Vorzeigemigrant“ denkt so autoritär wie Hasnain Kazim. In seinem Buch „Auf sie mit Gebrüll“ fordert er als Antwort auf den Rechtsruck, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Dies gebiete schon der „Anstand“. Und schließlich verbiete man auch Kindern, Schimpfwörter zu benutzen.Thilo Sarrazin rückte er in die Nähe von Rechtsextremen und sprach sich dafür aus, ihn von Medienauftritten auszuschließen. Auch wolle er keine Ostdeutschen akzeptieren, die „mit nem Trabbi angeknattert kommen“ und die AfD wählen. Besonders die Sachsen haben es Kazim angetan. So erklärte er im Scherz, sich zum Kalif von Dresden ernennen zu wollen. Samt Harem und Semperoper als Großmoschee.Erst im November hatte er demokratische Spielregeln im Umgang mit der AfD für ungültig erklärt. Ziel sei es, deren Wähler „auszugrenzen, zu ächten, sie klein zu halten, ihnen das Leben schwer zu machen, sie dafür, dass sie Neonazis und Rassisten den Weg zur Macht ebnen wollen, zur Verantwortung zu ziehen.“ Alexander Gaulands Befürchtung, „heute tolerant und morgen fremd im eigenen Land“ zu sein, entgegnete Kazim ein: „Gewöhn dich dran, Alter! Wir sind hier, werden immer mehr und beanspruchen Deutschland für uns. Ob du willst oder nicht.“ Kazim beansprucht immer wieder für sich, als Deutscher anerkannt zu werden – aber beweist mit solchen Tweets, dass er sich selbst zu den Ausländern zählt und hofft, dass die Deutschen zur Minderheit im eigenen Land werden.
Ferda Ataman ist selbst kein Kind von Traurigkeit. In ihren Augen hat die CDU „ein Problem mit alten weißen Männern“. „Menschen mit Gebärmutterhintergrund“ spielten keine Rolle in der Personaldebatte bezüglich des Parteivorsitzes. Die Errichtung des Heimatministeriums durch Horst Seehofer sah sie in der Tradition der Blut-und-Boden-Ideologie der Nationalsozialisten. In der Corona-Krise deutete sie jüngst an, Ärzte würde im Zweifelsfall ausländische Patienten sterben lassen, um Deutsche zu retten.
Von Lukas Mihr erschien auf reitschuster.de u.a. der Beitrag „Neusprech aus Pakistan“ über den früheren SPIEGEL-Autor Hasnain Kazim.
Bild: ARD/Screenshot