Das Ausmaß an Realitätsverzerrung in den deutschen Medien verwundert einen immer wieder aufs Neue. Einen neuen Höhepunkt liefert jetzt die Berichterstattung über Donald Trumps Aussagen zum Würgegriff der Polizei. Der ist in Amerika in vielen Staaten grundsätzlich erlaubt, aber nach der brutalen Tötung des Afroamerikaners George Floyd in Minneapolis höchst umstritten.
In vielen deutschspachigen Medien kommt man dieser Tage zu dem Schluss, der US-Präsident sei ein Freund des Würgegriffs. Das Zentralorgan des linksgrünen Zeitgeists, die „Zeit“ schreibt in ihrer Überschrift: „Donald Trump verteidigt Würgegriffe durch Polizisten“. Weiter heißt es im Vorspann: „Der US-Präsident hat sich in der Debatte um Polizeigewalt zu Wort gemeldet. Er meint, Polizisten sollten auf den umstrittenen Würgegriff im Einzelfall nicht verzichten.“
Doch nicht nur die „Zeit“ vermittelt in ihren Schlagzeilen (und mehr lesen heute viele Leser gar nicht mehr) so einen Eindruck: „Trump verteidigt Würgegriffe„, titelt n-tv. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Österreich ORF macht mit der Schlagzeile auf: „Trump verteidigt Würgegriffe der Polizei“. Auch die Überschrift in der Kronen-Zeitung vermittelt diesen Eindruck: „Trump verteidigt im TV Würgegriffe der Polizei“.
„Die hinterhältigste Lüge ist die Auslassung“, sagte — Simone de Beauvoir. In der „Zeit“ muss man sich erst bis zur Mitte des zweiten Absatzes vorkämpfen und ein aufmerksamer Leser sein, um zu merken, dass die Überschrift und der Vorspann in die Irre führten. Da heißt es: „Der Präsident sagte allerdings auch, dass er Würgegriffe nicht möge: ‚Ich finde es sehr gut, wenn sie im Allgemeinen beendet werden.’ Er wolle eine ‘mitfühlende, aber starke‘ Polizei auf Amerikas Straßen sehen“
Als mündiger Leser fühle ich mich hier betrogen. Umso mehr, wenn ich mir ansehe, wie Schlagzeilen in englischsprachigen Medien ausfielen. Bei Sky News lautete die Überschrift: „,Allgemein gesprochen sollte der Würgegrif verboten werden.“ Selbst die als links bekannte New York Times titelte völlig sauber: „Trump sagt, er ist gegen den Würgegriff, außer in bestimmten Situationen“. Ebenso BBC: „George Floyd: Trump unterstützt ‚im Allgemeinen‘ ein Verbot von Würgegriffen.“
Das erstaunliche Resultat der google-Recherche: In deutschsprachigen Medien habe ich keine einzige Überschrift gefunden, in der die zentrale Botschaft wäre, dass Trump gegen die Würgegriffe ist. Die fairste Variante ist hier noch: „Trump verteidigt Würgegriff in Ausnahmefällen“, wie bei der Deutschen Welle – wobei auch das schon in die negative Richtung führt. In englischsprachigen Nachrichten ist es genau umgekehrt: Hier ist in den Schlagzeilen der Tenor, dass Trump gegen den Würgegriff ist.
In meinen Augen ein sehr anschauliches Beispiel dafür, wie mit einer selektiven Auswahl Nachrichten manipuliert und der Leser in die Irre geführt wird. Und wie subjektiv und durch Vorurteile geprägt die journalistische Arbeit heute bei vielen Kollegen ist. Schlimm wird das besonders dann, wenn es an Vielfalt fehlt und eine bestimmte Sichtweise die Vorherrschaft oder gar das Monopol hat. Sind Ihnen viele Medien bekannt, die einen Gegenakzent gegen die Anti-Trump-Stimmung setzen und die Sicht des US-Präsidenten mit Sympathie oder wenigstens neutral wiedergeben? Genau solche Stimmen wären als Gegenpol unerlässlich, damit der mündige Bürger auch ohne Umweg über englischsprachige Medien umfassend unterschiedliche Sichtweisen kennenlernen und sich so eine eigene Meinung bilden kann.
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