Wie Lanz/ZDF Zuschauer in die Irre führen

Dass etwas faul sein muss an der letzten Sendung von „Lanz“ im ZDF mit Hans-Georg Maaßen, sieht man, wenn man auf die Website seiner Produktionsfirma geht. Dort können sich Zuschauer anmelden für die Sendung (was die Frage aufwirft, ob da zuweilen ganze Ortsvereine von SPD, Linken und Grünen geschlossen das Studio besetzen – das könnte den stets politisch korrekten Applaus bzw. dessen Unterbleiben bei Maaßens Auftritt erklären – wenn man nicht an die böse Version von „Einklatschern“ glauben möchte – obwohl der Applaus merklich für Lanz auffällig abließ, nachdem Maaßen das Klatscherverhalten thematisiert hatte).

Laut eigener Website ist Lanz bzw. seine Sendung seit 12. Dezember in der Winterpause. Die Sendung mit Maaßen wurde aber am 17. Dezember ausgestrahlt. Wie das? Geister-Zuschauer? Und ein Geister-Lanz? Nein, alles viel profaner: Wie eine Nachfrage bei Maaßen ergab, ist die Sendung bereits am 11. Dezember aufgezeichnet worden – also sechs Tage vor der Ausstrahlung. Wohl in der Hoffnung, es werde schon nichts Relevantes passieren. Und im Wunsch, die Woche vor Weihnachten entspannt zu genießen, statt Dienst am zahlenden Zuschauer zu schieben. Wie viele andere Talkshows auch wird „Lanz“ von einer privaten Firma aufgezeichnet – Kritiker sprechen in diesem Zusammenhang vom „öffentlich-rechtlichen Goldesel“ bzw. Reibach auf Kosten der Gebührenzahler.

Die Sendung „Lanz“ wird – zumindest nicht immer – so

ausgestrahlt, wie sie aufgezeichnet wird. Zumindest erlebte ich das, als ich 2015 zu Gast in der Sendung war (siehe hier). Und erleichtert, weil ich glaubte, ich hätte mich gut geschlagen. Als ich die Sendung dann Abends auf dem Bildschirm sah, war ich völlig baff – in meinen Augen entscheidende Szenen fehlten, und teilweise wurde durch das Herausschneiden der Charakter des Gesprächs in meinen Augen maßgeblich verzerrt.

Deshalb habe ich jetzt auch nachgeforscht, ob die Sendung mit Maaßen ebenfalls geschnitten und gekürzt wurde – es sich also, zugespitzt ausgedrückt, um Lücken-TV handelt. Und siehe da: Ja, auch bei Maaßen bekamen die Zuschauer nicht das Original. 20 bis 30 Minuten wurden gekürzt, wie ein Teilnehmer bestätigte. Auch die Konversation von Maaßen war von den Streichungen betroffen. Was dieser auf meine Anfrage bestätigte. Auf eine Presseanfrage dazu hat das ZDF nicht geantwortet (obwohl es m.E. wegen der Gebührenfinanzierung der Öffentlichkeit Rede und Antwort schuldig ist).

Schaut man sich die Sendung aufmerksam an, fällt auf, wie etwa Maaßen mitten im Satz abgeschnitten wird (siehe Video der Sendung hier bei Zeitmarke 22.31). In anderen Talkshows, in denen ich aufgetreten bin, wie „Anne Will“, „Hart aber fair“, oder der „Phoenix-Runde“, wurde nichts geschnitten. Teilweise wurden sie ebenso wie Lanz vorab aufgezeichnet – aber ohne jegliche Schnitte. Auch, wenn sie Lanz ansehen, werden sehr viele Zuschauer glauben, sie würden genau das Gespräch im Original und voller Länger sehen, das sich im Studio abgespielt hat. Dass dies nicht geschieht, dass nicht einmal ein Hinweis eingeblendet wird, zumindest ein deutlicher Hinweis, dass die Zuschauer eine bearbeitete Fassung mit Lücken sehen, ist in meinen Augen Etikettenschwindel und Mogelei.

Vor diesem Hintergrund gibt es noch eine besondere Ironie. Neben Maaßen saß in der Sendung der Journalisten Olaf Sundermeyer, der passend mit entsetztem Gesicht oder Kopfschütteln eingeblendet wurde, wenn Maaßen gegen die politische Korrektheit verstieß – Schnitttechnik vom Feinsten. Sundermeyer, dessen Biographie für sich spricht (unter anderem hat er auf Kuba „Kommunikationswissenschaften“ studiert – was auf der kommunistischen Insel wohl in Richtung Agitation und Propaganda gehen dürfte) warf Maaßen vor, dessen Kritik an den Medien führe dazu, dass die Menschen Lügenpresse rufen. Also nicht Mogeleien wie die hier aufgedeckte bei Lanz. Sondern eben Berichte darüber – also wohl auch dieser Artikel. Nach der Logik wären Meteorologen an Unwettern schuld.

Maaßen sagte in der Sendung: „Das Problem ist, dass die Menschen mehr und mehr den Medien nicht mehr glauben.

Sundermeyer darauf vorwurfsvoll: „Sie verstärken den Trend“.

Wei sagte einst Tucholsky: „Im übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht.“

Sundermeyer wies Maaßens Kritik am öffentlich-rechtlichen Fernsehen entschieden zurück: „Wir bilden das ab, was die Menschen denken“.

Aber ganz offenbar mit Schnitten, wie die Lanz-Sendung zeigt.

PS: Als ich diesen Artikel vorbereitete, warnte mich ein Kollege: „Bist Du verrückt? Wenn Du das schreibst, wirst Du nie mehr in eine Talkshow eingeladen.“ Ich finde: Zu schreiben was ist, ist für einen Journalisten viel wichtiger als Einladungen zu Talkshows. Aber ich habe jetzt einen Verdacht, warum Sie Artikel wie diesen anderswo so selten lesen können..

PPS.: Ein Faktenchef auf Youtube ergab, dass Lanz einen Maaßen-tweet falsch wiedergab. Er warf ihm vor, in seinem Tweet selbst von Flüchtlingen gesprochen zu haben – das tat er aber nicht. Das Video, in dem darüber berichtet wurde, ist auf Youtube inzwischen gesperrt (Warum???). Es ist aber noch hier abzurufen.

Update: Am 20.12. kam folgende Antwort von der ZDF-Pressestelle: „Die Sendung wurde am 11.12. voraufgezeichnet, was in diesem Vorlauf vor den Ferien üblich ist.

Dass das Interview um circa sieben Minuten gekürzt wurde, ist bei Überlängen ebenfalls üblich.


Bilder: Screenshots ZDF

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