Von Daniel Weinmann
Christian Drosten offenbarte kürzlich einmal mehr sein seltsames Verhältnis zur Meinungsfreiheit. „Wir müssen an die wissenschaftlichen Institutionen appellieren, eine Selektion unter Wissenschaftlern zu treffen, die wirklich Experten sind“, forderte der Charité-Virologe Mitte Oktober anlässlich des World Health Summit in Berlin. Es habe zu viele abweichende Meinungen in der Wissenschaft und den Medien gegeben. Daher sollten künftig Wissenschaftsorganisationen entscheiden, wer dazu qualifiziert sei, den Forschungsstand für die Öffentlichkeit zusammenzufassen.
Dass gerade die Wissenschaft von einer regen Diskussionskultur geprägt sein sollte, scheint Drosten, der sich wie ein ranghoher Vertreter der chinesischen KP inszenierte, fremd. Gleichwohl passen seine Forderungen, wonach generell nur noch regierungstreue Positionen öffentlich vertreten werden dürfen, zum Zeitgeist.
Am liebsten würde er sicherlich sich selbst in der Rolle der tonangebenden Wissenschaftler sehen, hält er sich doch für fast unfehlbar. „Aber was hat man in Deutschland denn am Ende falsch entschieden?“, fragte er vor knapp einem Jahr in einem Interview mit der „Zeit“, „mir fällt wenig ein“.
»Transparente öffentliche Debatte aller relevanten Disziplinen«
Dass sich seine Dauerwarnungen vor dem Zusammenbruch der Intensivstationen, vor immer höheren Corona-Wellen und Hunderttausenden Toten als Panikmache entpuppten, ficht den selbstherrlichen Charité-Institutsdirektor nicht an. Dennoch würde nicht verwundern, wenn er bei einer künftigen „Pandemie“ wieder zu den einflussreichsten Ratgebern der Bundesregierung zählt.
In einem Gastbeitrag für die „Welt“ bietet Alexander Kekulé Drosten die Stirn. „Eine bereits feststehende Lehre aus der letzten Pandemie ist, dass Äußerungen von Christian Drosten mitunter ungeprüft in politische Entscheidungen münden“, ätzt der Virologe und Epidemiologe, „höchste Zeit also für eine nachdrückliche Widerrede“.
Für künftige Pandemien und andere Herausforderungen, bei denen sich politisches Handeln eng an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren muss, benötige man das glatte Gegenteil des medialen Maulkorbs à la Drosten: eine transparente öffentliche Debatte aller relevanten Disziplinen unter Einbeziehung wissenschaftlicher Mindermeinungen.
Wissenschaftliches Fehlverhalten soll mit Sanktionsmaßnahmen belegt werden
Seine Kollegenschelte hält Kekulé indes nicht davon ab, sich selbst als Maßnahmenbefürworter zu outen: „Dass – nicht nur in Deutschland – Teile der Bevölkerung Masken und Kontaktbeschränkungen ablehnten oder die Impfstoffe für Teufelszeug hielten, ist unter anderem auf eine Epidemie von Falschinformationen zurückzuführen.“ Dazu passt seine Behauptung, dass Drostens Vorstoß nicht darauf abziele, das „Schwurbeln der Corona-Leugner, fundamentalen Impfkritiker und Verschwörungstheoretiker im Netz abzustellen“.
Vielmehr habe es Drosten auf medial präsente Experten abgesehen, die andere Meinungen vertraten als er. Diese hätten laut dem Charité-Virologen aber nicht das „Mandat“ gehabt, für die Wissenschaft zu sprechen. „Die haben sich aber sehr laut geäußert und damit auch sehr große Effekte erzielt, auch negative Effekte“, befand Drosten in seiner extremen Hybris, „sie haben auch die Politik verwirrt und fehlgeleitet. Und das könnte man sogar translatieren in Krankheitslast.“ Drosten forderte daher in bester KP-Manier: Solche „Tatbestände von wissenschaftlichem Fehlverhalten“ sollten deshalb mit „Sanktionsmaßnahmen“ belegt werden.
»Drosten hat weder den PCR-Test auf SARS-CoV-2 erfunden noch das SARS-Virus von 2003 mitentdeckt«
Die Ausgrenzung abweichender Positionen habe der Wissenschaft noch nie gutgetan, wettert Kekulé, obwohl sie auch in der Vergangenheit immer wieder versucht worden sei. Eines seiner Beispiele stammt aus dem 16. Jahrhundert: „Die Ablehnung der kopernikanischen Schriften und die Urteile gegen Giordano Bruno und Galileo Galilei verzögerten den Siegeszug des heliozentrischen Weltbildes um mehr als ein Jahrhundert.“
Kekulé sieht zwar „keine fachlichen Gründe, einzelne Wissenschaftler zu Sprechern ihrer gesamten Zunft zu erheben“, holt aber zu einem weiteren Seitenhieb aus: Entgegen hierzulande verbreiteter Behauptungen habe Drosten weder den PCR-Test auf SARS-CoV-2 erfunden noch das SARS-Virus von 2003 mitentdeckt. Dies tue seiner einschlägigen Qualifikation aber keinen Abbruch.
Auch wenn er ihn fachlich zu schätzen scheint, zeigt Kekulé Drosten mit Blick auf dessen totalitäres Verhältnis zur Meinungsfreiheit klare Kante: „Den Monopolanspruch des akademischen Establishments in der Pandemie könnte man, um Drostens Diktion aufzugreifen, zweifellos in Krankheitslast und Todesfälle translatieren.“
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
Bild: Screenshots Youtube-Video ZDF