Was ist der Unterschied zwischen Michael Ballweg und den Böller-Angreifern aus Berlin: Ballweg wurde nie gewalttätig, er ist dafür bekannt, dass er keiner Fliege etwas zuleide tun kann, der „Querdenken“-Gründer ist in seiner Heimat Württemberg verwurzelt, er kritisiert öffentlich die Regierung – und sitzt in Haft. Die 103 Berliner Chaoten haben massive Gewalt verübt, manche von ihnen die Gesundheit, wenn nicht das Leben von Polizisten und Mitmenschen in Gefahr gebracht, viele von Ihnen – nicht alle – sind wohl kaum in Deutschland verwurzelt, ob sie die Regierung öffentlich kritisieren, kann man bezweifeln (und wenn, dürfte es dieser mangels Reichweite eher egal sein) – und sie alle 103 sind schon am zweiten Tag nach der Festnahme wieder auf freiem Fuß.
Zur Erinnerung: Corona-Demonstranten wurden in Deutschland in „Blitz-Prozessen“ schon einen Tag nach den Taten verurteilt (siehe meinen Beitrag vom Dezember 2021: Drastische Blitz-Urteile gegen Demonstranten mit Freiheitsstrafen – möglicherweise auch Mutter von mit Pfefferspray verletztem Kleinkind verurteilt). Auch da ging es um Angriffe auf die Polizei. Allerdings von Regierungskritikern – und nicht von der „Partyszene“, wie man im politisch korrekten Neudeutsch einen von Migranten dominierten, gewaltbereiten Mob nennt. Ebenfalls nicht auf Gnade hoffen dürfen Ärzte, die Menschen Maskenatteste ausstellten – ihnen drohen, anders als vielen Vergewaltigern und Kinderschändern, Gefängnisstrafen ohne Bewährung.
Merkwürdige Prioritäten
Dass es nach schweren Angriffen auf die Polizei zu Massen-Freilassungen kommt, dürfte ein sehr deutsches Phänomen sein – andernorts wären eher Massen-Festnahmen zu erwarten – in dem Sinne, dass die Tatverdächtigen auch erst einmal eine Weile in Untersuchungshaft sitzen würden, und die besonders Aktiven auch bis zum Gerichtstermin. Die Freilassungen sind geradezu ein Hohn auf die Lippenbekenntnisse unserer Regierung nach den Taten, dass man streng bestrafen müsse. Wetten, dass dies nicht geschieht? Weil unsere Justiz zwar mit Kanonen auf durchgeknallte Rentner und Alkohol-Phantasie-„Putschisten“ schießt, aber „Kundschaft“, die man nicht beim Namen nennen darf, traditionell mit Samthandschuhen angreift.
Nach allem, was bisher bekannt ist, dürfte ein nicht geringer Teil der Tatverdächtigen aus Kulturen stammen, wo eine rasche Freilassung als Zeichen der Schwäche des Staates gilt – und als Ermunterung zum Weitermachen. Mein alter Arbeitgeber „Focus“ versucht seinen Lesern die schnelle Freilassung schmackhaft zu machen mit folgender Schlagzeile: „Warum alle 103 Berliner Böller-Angreifer wieder auf freiem Fuß sind“ – so der Titel eines Beitrags, der immerhin erscheint und auf der Internet-Seite weit oben und damit einfach zu finden ist. Was für ein Kontrast zu vielen anderen Medien!
‘Üblicher Vorgang‘
„Focus“ erklärt die Massen-Freilassung wie folgt: „Ein üblicher Vorgang, wenn keine ausreichenden Gründe für Untersuchungshaft vorliegen. In Berlin müssen Festgenommene spätestens nach 48 Stunden wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Es sei denn, ein Richter ordnet U-Haft an. Dafür müssen jedoch sogenannte Haftgründe vorliegen, wie etwa Flucht- oder Verdunkelungsgefahr.“ Bei Ballweg liegen diese vor, bei den Berliner Gewalttätern nicht. Oliver Janich schmort auf Betreiben der deutschen Justiz seit vielen Monaten in einer Gefängniszelle in den Philippinen. Wer in Berlin Polizisten angreift, darf kurz darauf wieder ganz normal durch die Stadt flanieren. Dass in allen 103 Fällen eine Fluchtgefahr ausgeschlossen ist, wirkt zunächst merkwürdig. Aus der inneren Logik einer Justiz, die allzu oft mit zweierlei Maß misst, macht es jedoch Sinn: Offenbar geht man davon aus, dass die Strafen so milde sein werden, dass eine Flucht für die Täter keinen Sinn macht. Bezeichnend ist hier eine Formulierung im „Focus“: „Das Entlassen aus dem Gewahrsam heißt nicht, dass die Festnahmen automatisch folgenlos bleiben werden.“ Ja, automatisch nicht. Aber vielleicht unautomatisch?
Die Berliner Politik wirft weiter Nebelkerzen und verlagert die Diskussion auf ein Böllerproblem – ganz offensichtlich, um von der Herkunft der Täter abzulenken. Wie dreist und dumm dies geschieht, kann man in folgendem Beitrag in der „Tagesschau“ sehen:
Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, sagte zu „Focus“: „Bei vielen Einsatzkräften ist der Eindruck vorherrschend, dass Gruppen junger Männer mit Migrationshintergrund bei diesen Ausschreitungen weit überrepräsentiert sind.“ Sodann macht Wendt den heute zwangsweise erforderlichen Gesslergruß, also die Abbitte gegen „Rechts“, bevor er sachlich fortfährt: „Wenn man verhindern wolle, dass rechte Populisten diesen Eindruck für politische Zwecke nutzen, müssen die tatsächlichen Feststellungen exakt analysiert und genannt werden“, so der Gewerkschafter: „Zur Aufarbeitung gehört die ehrliche Antwort auf Fragen wie: Wo kommen die Chaoten her? Wo wohnen sie? Woher kommen diese Wut und diese Verachtung gegenüber Rettungsdiensten und Polizei?“
Erinnerungen an Sozialismus
Eine interessante Logik. Man muss das also tun, um „Populisten“ das Handwerk zu legen, und nicht, um unsere Sicherheit zu gewährleisten? Ich weiß, so hat das Wendt nicht gemeint, und ich tue ihm damit Unrecht – aber ich will die Absurdität verdeutlichen, zu der die Tabuisierung von Kritik geführt hat. Wer Missstände anspricht, ist bei uns „Rechtspopulist“. Und das, was heute als „Nutzung für politische Zwecke“ diffamiert wird, war früher einmal normale Oppositionsarbeit, die zwingend erforderlich ist in einer Demokratie: Dass Oppositionsparteien Missstände benennen, ist ihre ureigenste Aufgabe. Die Unsitte, solche Kritik als „Nutzen für politische Zwecke“ zu diffamieren, ist aus sozialistischen und postsozialistischen Regimen bekannt.
Nach dem Autor und Psychologen Ahmad Mansour wäre eine bundesweite Integrationsdebatte nötig. „Wir haben es mit einer Gruppe zu tun, die nicht integriert ist, die nicht angekommen in dieser Gesellschaft ist. Eine Gruppe, die die Polizei und den Rechtsstaat teilweise verachtet und ablehnt“, sagte Mansour.