Das wird teuer: 1.214.000.000.000 Euro für die Energiewende Dringend benötigte Geldgeber investieren aber lieber anderswo

Von Daniel Weinmann

Die Sonne schickt uns keine Rechnung, lautet eines der Heilsversprechen grüner Energie-Experten. Auch der Wind bläst umsonst, könnte man auf geistig gleichem Niveau hinzufügen. Das Beratungsunternehmen EY zeigt gemeinsam mit dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) auf, von welcher Naivität derlei Behauptungen zeugen.

Der „Fortschrittsmonitor Energiewende 2024“ kommt bis 2035 auf die stolze Summe von 1,214 Billionen Euro. Allein in den kommenden sechs Jahren sind demnach 721 Milliarden Euro bzw. rund 60 Milliarden Euro pro Jahr für die Bereiche Energieerzeugung, Stromnetze, Wasserstoffwirtschaft, Wärme und Verkehr erforderlich.

Um diese Zahl besser einordnen zu können: Die gesamte jährliche Wirtschaftsleistung belief sich hierzulande gemessen am Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr bei rund 4,1 Billionen Euro. 353 Milliarden der bis 2035 aufzubringenden 721 Milliarden Euro entfallen auf den Ausbau von Wind- und Solarkraft. 281 Milliarden müssen in die Übertragungs- und Verteilnetze für Strom und Erdgas fließen. Dahinter folgen Fernwärme (32), grüne Gase wie beispielsweise Wasserstoff (23), Energiespeicher (17) und für das Wasserstoffkernnetz (15).

Deutliche Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit

„Im vergangenen Jahr ist der Anteil Erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch erstmals auf über 50 Prozent gestiegen“, heißt es in der Studie. 2023 war demnach vor allem ein Rekordjahr für die Photovoltaik: „Insgesamt wurde eine Leistung von 13,6 Gigawatt an Photovoltaik-Anlagen hinzugefügt, was fast einer Verdoppelung des Zubaus im Vergleich zum Vorjahr entspricht und damit über dem Zielpfad von neun Gigawatt liegt.“

Dies dürfte zwar die Herzen manch grüner Energie-Exzentriker höher schlagen lassen. Aber nur, wenn sie ausblenden, dass für die Erreichung der Ausbauziele der Ampelkoalitionäre ab 2026 ein jährlicher Zubau von über 20 Gigawatt erforderlich ist. Ähnlich sieht es bei der Windenergie an Land aus. Zwar konnte sie um rund 3,3 GW und damit so stark wie seit 2017 nicht mehr ausgebaut werden. Der Zubau liegt aber signifikant unter dem Zielpfad von 5,5 GW.

Die immensen Investitionen könnten „in erheblichem Umfang Wachstum und regionale Wertschöpfung generieren“, meint Metin Fidan, Partner bei EY und Leiter des Bereiches Green Transformation und Mining & Metals in der Region Europe West. Denn sie würden für eine erhebliche Wertschöpfung bei den Herstellern der Investitionsgüter sorgen, beispielsweise von Windturbinen, Solarpaneelen oder bei Herstellern von Prozessanlagen für Elektrolyse.

»Wir können uns dabei nicht allein auf öffentliche Mittel verlassen«

Die Studie geht von einer Bruttowertschöpfung von etwa 52 Milliarden Euro pro Jahr und damit 1,5 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung in Deutschland aus. Auch hier sieht die Realität gänzlich anders aus: Die im vergangenen Jahr 2023 tatsächlich generierte Bruttowertschöpfung von geschätzten 28 Milliarden Euro lag gerade einmal bei 54 Prozent dieses Potenzials.

„Wir sehen, dass das jährliche Wertschöpfungspotenzial noch bei weitem nicht vollständig realisiert werden kann“, bekennt denn auch Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Der Handlungsdruck bleibe hoch, um die Ziele bis 2030 zu erreichen, so Andreae.

Fragt sich, wer all dies wie bezahlen soll bzw. wie sich dieses Vorhaben überhaupt stemmen lässt. „Um die überaus ambitionierten Ziele bis 2030 erreichen zu können, braucht es Kapital“, unterstreicht BDEW-Chefin Andreae. Dieses anzureizen und Investitionen zu ermöglichen, gehöre zu den größten Herausforderungen der kommenden Jahre. „Wir können uns dabei nicht allein auf öffentliche Mittel verlassen. Mehr denn je gilt es, privates Kapital für die Energiewendeprojekte zu gewinnen.“

Wenig Anreize für Investoren

Das Interesse potenzieller Geldgeber lässt aber zu wünschen übrig. So steht beispielsweise in den Sternen, wie sich die neuen wasserstoffgeeigneten Gaskraftwerke rechnen sollen, mit denen Bundeswirtschaftsminister Habeck im Rahmen seiner Kraftwerksstrategie steuerbare Kapazitäten für die Zeiten ohne Wind- und Solarkraft bereitstellen will. Da sie nur unregelmäßig Elektrizität produzieren, werfen sie entsprechend wenig Rendite ab – und eignen sich entsprechend wenig für anspruchsvolle Investoren.

Wenig einladend dürfte sich auch der Beschluss Berlins vom November 2022 wirken, zur Finanzierung der „Strompreisbremse“ sogenannte „Übergewinne“ der Energieerzeuger „abzuschöpfen“. Besonders bluten mussten ausgerechnet die Produzenten des viel gepriesenen Ökostroms.

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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

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