Datenschützer warnt: Tabubruch bei Abfrage des Impfstatus Massive Eingriffe in Bürgerrechte von Ungeimpften geplant

Von Alexander Wallasch

Datenschützer mögen einem heute manchmal vorkommen wie Relikte aus einer analogen Zeit angesichts der freiwilligen Datenabgabe der Bürger in den sozialen Medien. Aber dieser Denkansatz ist falsch: Denn nur, weil jemand raucht, hat er dennoch ein Anrecht auf eine Behandlung, wenn er Husten oder Schlimmeres hat.

Die Gesellschaft ist in hohem Maße auf die couragierte Arbeit der Datenschützer angewiesen: Sie sind es nämlich, die von den Regierungen eingesetzt wurden, dem Staat selbst auf die Finger zu klopfen. Beispielsweise dann, wenn er mit den Daten der Bürger Unfug treibt. Diese wichtigen Datenschutzstellen wurden auch installiert, um den Bürgern ihre Ängste vor der Krake „Digitalisierung“ zu nehmen.

Umso bedeutsamer, wenn ein Datenschützer die Öffentlichkeit sucht und Alarm schlägt, wie es jetzt in Baden-Württemberg wieder geschehen ist, wo der Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink eindringlich davor warnt, dass die staatlichen Pandemie-Maßnahmen massiv in die Bürgerrechte eingreifen würden.

Dem vorausgegangen war die Idee der Landesregierung des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, bzw. des Sozialministerministeriums unter seinem grünen Parteifreund Manne Lucha, den Druck auf Ungeimpfte deutlich zu erhöhen. Und scheinbar ist dafür jedes Mittel recht – sehr zur Empörung des Mannes, der im Land den Datenschutz überwachen soll.

Baden-Württemberg drängt nämlich darauf, dass Beschäftigte im Falle einer Corona-Quarantäne ihren Impfstatus beim Arbeitgeber melden müssen. Verschärfend gibt es von November an für Ungeimpfte in Quarantäne keinen Verdienstausfall mehr.

Der Datenschützer von Baden-Württemberg stellt es seiner Landesregierung gegenüber interpretationsfrei klar: Der Arbeitgeber kann so viel fragen wie er mag, der Arbeitnehmer hat hier keine Auskunftspflicht. Stefan Brink befindet weiter: „Die Pandemie greift nach wie vor massiv in die Bürgerrechte der Menschen ein.“

Ist der Datenschutz schon in den Brunnen gefallen?

Es geht aus Sicht des Datenschützers nicht einmal nur um die Abwehr einer drohenden Gefahr, sondern schon um die Vermeidung einer weiteren Eskalation. Für Brink sind Datenschutz und Informationsfreiheit modere Bürgerrechte. Sie würden unsere Selbstbestimmung im digitalen Zeitalter garantieren.

Der Landtag hatte Brink 2017 für sechs Jahre ins Amt gewählt und der Mann scheint gewillt zu sein, diesen Job auch nach bestem Wissen und Gewissen zu erledigen. Es sei misslich, so der Datenschützer, dass die gesetzlichen Vorgaben viele praktische Fragen offen ließen wie jetzt eben bei der Lohnfortzahlung im Quarantäne-Fall.

Das grüne Sozialministerium sieht das freilich ganz anders. Uwe Dahl, Amtschef unter Manne Lucha, ist – gemessen am möglichen Schaden für die Betroffenen – ein ziemlich übler Zyniker. Der nämlich bestätigt zunächst sogar den Einwand des Datenschützers, es stände dem Beschäftigten frei, Auskunft zu geben.

Aber – und dieses „Aber“ ist ein sehr schrilles – dann ergänzt Dahl: „Tut er dies nicht, dann muss sich der Arbeitnehmer aber bewusst sein, dass er Gefahr läuft, keinen Lohn für den Zeitraum der Absonderung zu erhalten.“

Die Alternative, die Anträge selbst beim Regierungspräsidium zu stellen, wiegelt Dahl gleich mit ab, ein solches Verfahren würde zu tausenden Einzelanträgen führen und die Verwaltung überfordern.

Die Landesregierung unter Kretschmann hat übrigens schon länger verstanden, dass man sich mit Stefan Brink einen Datenschützer ins Haus geholt hat, der sich nicht ziert, Missstände im Hause als solche zu benennen. Und der gerne auch mal mit seinen Forderungen nach außen geht. Kaum ein Job wie der des Datenschützers innerhalb der staatlichen Institutionen genießt beim Bürger mehr Vertrauen – mit diesem Pfund kann Brink also wuchern.

Zuletzt hatte sich der Datenschützer zu den Betrügereien in den Corona-Schnellteststellen scharf geäußert:

Man konnte fast davon ausgehen, dass so etwas passiert. Diese Testzentren sind wie Pilze aus dem Boden geschossen. Und häufig kommen die Anbieter von Testzentren gar nicht aus dem Gesundheitsbereich, sondern sind eher „Glücksritter“.

Sei dies nicht gut geplant, würden Datenschutz und Datensicherheit nachrangig behandelt, so Brink gegenüber dem SWR. Insbesondere störte ihn, dass die Datenschützer direkt und indirekt bei der Ausführung ihrer Arbeit behindert wurden:

Unser Problem ist, dass wir gar nicht genau wissen, wo überall Testzentren betrieben werden. Und weil wir von vielen gar nicht wissen, dass sie existieren, haben wir als Behörde keine Chance, uns direkt mit den Testzentren in Verbindung zu setzen.

Das aber wäre notwendig gewesen, weil es eine Aufgabe der Datenaufsichtsbehörde sei, Unternehmen zu kontrollieren, die sensible Patientendaten verarbeiten.

Ein Tabubruch der Landesregierung ist als solcher zu benennen

Aber auch zum aktuellen Fall intervenierte der Datenschützer aus Baden-Württemberg schon seit Wochen: Ende August nannte Brink die geplante Abfrage des Impfstatus durch die Arbeitgeber wörtlich einen „Tabubruch“. Dass Brink jetzt erneut interveniert, zeigt vor allem, wie wenig ernst es die Grünen unter Winfried Kretschmann tatsächlich mit dem Datenschutz nehmen.

Und Baden-Württemberg preschte früh voran: Das grüne Sozialministerium in Stuttgart forderte den Bund bei der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes bereits auf, eine Rechtsgrundlage für die Abfrage in weiteren Bereichen zu schaffen. Auch hier intervenierte der Datenschützer und bemängelte, dass aus der Forderung an den Bund nicht klar hervorgehe, ob die Regierung in Stuttgart auch privaten Unternehmen die Abfrage erlauben möchte.

Jetzt bestätigt sich, dass der Verdacht des Datenschützers gegenüber seiner Landesregierung und hier insbesondere des grünen Sozialministers nicht unbegründet war.

Perfide geht’s weiter auf der Internetseite des Sozialministeriums. Dort darf nämlich der Ministerpräsident selbst in einer fast neunminütigen Ansprache für das Impfen werben. Kretschmann wendet sich zu Beginn beschwichtigend an die Ungeimpften:

Meine Regierung will Sie weder ausgrenzen noch auf Linie bringen. Denn das Schöne am Menschen ist doch gerade, dass wir so verschieden sind. Das niemand dem anderen gleicht und jeder seinen eigenen Kopf hat.

Die Botschaft Kretschmanns geht noch etliche Minuten weiter, aber es sei mir verziehen, dass ich an dieser Stelle einfach abbreche. Denn wer seine Rolle als Landesvater auf diese Weise auszufüllen gedenkt, darf als Märchenonkel ernst genommen werden, nicht aber als Ministerpräsident oder in irgendeinem anderen politischen Amt.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine.

Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger und betreibt den Blog alexander-wallasch.de. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann) schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster“.

Bild: Shutterstock
Text: wal

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