Der Gebührenzahler als Schimpfobjekt Öffentlich-rechtliche Verhöhnung

Ein Blick zurück – besondere Nachrichten aus dem Jahr 2020. Hier vom Januar:

„Immer an den Leser denken, immer freundlich sein zum Leser, unter allen Umständen“ – so habe ich das in meiner Journalistenausbildung bei der Augsburger Allgemeinen von 1995 bis 1997 gelernt. Und mich auch daran gehalten. Auch wenn es – das muss ich offen gestehen – durchaus Momente gab, in denen mir das schwer fiel. Aber ziehen wir den Mantel des Vergessens darüber.

Leser beschimpfen? Allein diese Idee wäre für mich und meine Kollegen von dem Blatt, das eines der größten in Deutschland ist und es mit der Journalistenausbildung sehr genau nahm (danke dafür heute nochmal!) völlig undenkbar gewesen. Hätte uns jemand erzählt von einem Fall, in dem Kollegen öffentlich ihre Kunden beleidigen – wir hätten das nicht geglaubt.

Und heute: Da werden zuerst vom WDR-Kinderchor Senioren als „Umweltsäue“ verspottet, dann schreibt ein Mitarbeiter des WDR von „Nazisäuen“, und es hört nicht auf: Ein Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks, Malcolm Ohanwe, schrieb zum Jahreswechsel auf twitter Folgendes: „Westliche Menschen, mehrheitlich weiße bildungsbürgerliche und gut situierte Menschen, sind Unweltsäue“. Gibt´s nix zu rütteln daran.“

Bei mir als Journalisten sträubt sich alles, wenn ich so etwas lese. Den Leser, also den Kunden – in diesem Fall den Zuschauer – so zu beschimpfen (ganz abgesehen davon, dass „Umweltsäue“ noch nicht einmal richtig geschrieben wurde)? Wie konnten wir so weit kommen, dass so etwas heute fast schon als normal aufgefasst wird? Dass es (wohl auch in diesem Fall) keine Konsequenzen gibt? Dass allzu schnell der Eindruck entsteht, der Spieß werde umgedreht – etwa bei dem WDR-Journalisten? Dass die Pöbler im Handumdrehen als die eigentlichen Opfer dargestellt werden?

Wenn sie wirklich Bedrohungen erhalten haben, ist dies durch nichts zu rechtfertigen und heftig zu verurteilen! Aber das ändert nichts daran, dass solche Fehltritte unerträglich sind und Konsequenzen notwendig! Und warum hat man den Eindruck, dass solche Konsequenzen nur dann gezogen werden, wenn die Ausfälle nicht im strammen Einklang mit dem linksgrünen Zeitgeist sind?

Hand aufs Herz: Wie würden Sie sich fühlen, wenn aus der Nachbarsfamilie immer wieder jemand heftig auf Sie schimpfen würde, Sie frech beleidigen („Sau!“) – und sie ihn dann auch noch dafür bezahlen müssten? Ich persönlich finde so eine Vorstellung nicht sehr erquickend. Und wohl die meisten nicht.

Aber genau so empfinde ich heute das Gebührenmodell. Es ist offensichtlich, dass die Verantwortlichen ihren Mitarbeitern nicht einmal ein Minimum an Respekt gegenüber den „Kunden“, also uns Gebührenzahlern, abfordern. Das sind die Auswüchse eines Systems, in dem es keine Rückkoppelung gibt, und in dem das Geld selbst dann fließt, wenn man sich lustig macht über diejenigen, die bezahlen. Eine Reform ist dringend notwendig.


Bilder: twitter, Jan Zappner /Wikipedia/re:publica (CC BY-SA 2.0),

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