Deutschland und der Phantom-Strom 807 Millionen Euro für nie produzierte Windenergie

Von Kai Rebmann

Nirgends in Europa bezahlen die Verbraucher für den Strom so viel wie in Deutschland. Laut Eurostat lag der Preis für eine Kilowattstunde (kWh) im Jahr 2021 hierzulande bei stolzen 32 Cent und damit um mehr als das Doppelte höher als bei vielen unserer Nachbarn. Daran hat auch der Wegfall der EEG-Umlage im Juli nichts Wesentliches geändert. Und nein, für die hohen Preisen sind nicht allein Wladimir Putin und sein Krieg in der Ukraine verantwortlich, sondern die völlig verfehlte und mit ideologischem Eifer weiterbetriebene Energiepolitik der Bundesregierung. Unglaublich, aber wahr: Die Verbraucher in Deutschland bezahlten zuletzt 807 Millionen Euro für Energie, die nie erzeugt wurde. Genauer gesagt, für Strom, der in Windparks hätte produziert werden können.

Aber wie kann das sein? Bereits im September haben wir an dieser Stelle über Wolfgang Kiene berichtet, der sich in bemerkenswerter Offenheit mit einem Klartext-Brief direkt an die Verbraucher gewandt hatte. Der Geschäftsführer der Maka Windkraftanlagen GmbH erläuterte seinen Kunden einige in der breiten Öffentlichkeit weniger bekannten Faktoren, die einen wesentlichen Teil zu den explodierenden Strompreisen beitragen. Demnach müssen Windparks immer dann abgeregelt werden, wenn zu viel Wind weht und gleichzeitig aber wenig Strom benötigt wird. Ein Großteil der Windenergie wird in der Nordhälfte Deutschlands produziert und kann auch nur dort ins Stromnetz eingespeist werden. Grund sind bisher nicht vorhandene Trassen, über die die wertvolle Energie in Richtung Süden transportiert werden könnte. Und über allem steht der Grundsatz, dass Strom immer genau dann produziert werden muss, wenn er benötigt wird.

Kosten für Phantom-Strom explodieren

An genau dieser Stelle kommt jetzt aber die deutsche Energiepolitik ins Spiel. Die Betreiber von Windparks erhalten garantierte Vergütungen und zwar unabhängig davon, ob der Strom auch tatsächlich produziert wird oder nicht. Das führt dazu, dass in windarmen Zeiten zu wenig Windenergie produziert wird und dann auf Kohle- oder Atomstrom zurückgegriffen werden muss. Im schlechtesten Fall muss zu überhöhten Preisen Strom aus dem Ausland zugekauft werden. Wenn nun aber zu viel Strom produziert wird, oder besser gesagt, produziert werden könnte, bleibt den Betreibern oft nur die Abregelung ihrer Windparks, da Energie nicht in nennenswertem Umfang gespeichert werden kann. Diese nicht produzierten Kapazitäten bekommen die Betreiber aber dennoch vergütet. Maka-Chef Kiene entschuldigte sich damals bei seinen Kunden: „Dafür muss man sich schämen. Das darf man niemandem erzählen. Aber wir können nichts dafür.“

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Um welche Größenordnungen es beim Phantom-Strom in Deutschland geht, offenbarte jetzt eine Anfrage im Bundestag. Die Linken wollten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wissen, wie viel die Verbraucher in diesem Jahr für nicht erzeugte Windenergie bezahlen mussten. Antwort: Für 5.800 Gigawattstunden, die in Windparks hätten produziert werden können – wenn denn Angebot und Nachfrage immer übereingestimmt hätten – wurden die Bundesbürger mit 807 Millionen Euro zur Kasse gebeten. Doch damit noch nicht genug. Ein Vergleich mit den Vorjahren zeigt einen beunruhigenden Trend und vor allem einen exponentiellen Anstieg der Kosten für Phantom-Strom. Im Jahr 2016 schlug dieser Posten noch mit „nur“ 373 Millionen Euro zu Buche. Was den deutschen Stromkunden schon in normalen Zeiten nur schwer zu vermitteln ist, nämlich dass sie für Strom bezahlen müssen, der überhaupt nicht produziert wird, wiegt vor dem Hintergrund einer Rekord-Inflation im zweistelligen Prozentbereich sowie ohnehin schon exorbitanten Strompreisen umso schwerer.

Umdenken ist nicht in Sicht

Anstatt mit pragmatischen und an die Realität angepassten Lösungen begegnet die Bundesregierung den explodierenden Strompreisen aber mit knallharter Ideologie – koste es, was es wolle. Die letzten drei AKWs sollen nach aktueller Planung im Frühjahr 2023 endgültig vom Netz genommen werden, womit Deutschland in Sachen Energie ein weiteres Stück abhängiger von seinen europäischen Nachbarn und vor allem vom Wetter wird. Denn der Wind wird auch in Zukunft dann wehen, wenn ihm danach ist, und nicht, wenn er von Robert Habeck und den Grünen bestellt wird.

Aber weshalb wird der Phantom-Strom in Deutschland immer teurer? Die Antwort ist relativ einfache Mathematik. Mit jeder kWh Windenergie, die in der Bundesrepublik theoretisch, sprich rein rechnerisch produziert werden könnte, steigen die garantierten Vergütungen an die Betreiber entsprechender Anlagen. Im Klartext: Jedes einzelne Windrad, das irgendwo in Deutschland das Licht der Welt erblickt, wird zwangsläufig zur Kostensteigerung in diesem Bereich beitragen. Gut möglich also, dass wir im Zusammenhang mit unnötigen Ausgaben für Phantom-Strom schon in naher Zukunft nicht mehr über Millionen reden, sondern über Milliarden.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Shuttserstock

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