Von Kai Rebmann
Kalifornien gilt in den USA als Vorreiter, wenn es um die Nutzung von Solarenergie geht. Ähnlich wie in Deutschland (Erneuerbare-Energien-Gesetz ab dem Jahr 2000) und in vielen weiteren Ländern Europas wurden auch in dem US-Bundesstaat an der Pazifikküste kurz nach der Jahrtausendwende finanzielle Anreize geschaffen, die die grüne Energiewende in erster Linie Privathaushalten schmackhaft machen sollten. Was damals als wertvoller Beitrag zum Klima- und Umweltschutz verstanden wurde, wird sich in den nächsten Jahren aller Voraussicht nach als klassisches Eigentor entpuppen. Laut der Los Angeles Times wurden in Kalifornien bis heute allein rund 1,3 Millionen Hausdächer mit Photovoltaikanlagen ausgestattet, wobei die zahlreichen Solarparks gewerblicher Betreiber noch nicht berücksichtigt sind. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer dieser Module von 25 Jahren wird auf Kalifornien in naher Zukunft also ein Entsorgungsproblem gigantischen Ausmaßes zukommen. Die Los Angeles Times zitiert Serasu Duran, Assistenzprofessor an der Haskayne School of Business der University of Calgary (Kanada) wie folgt: „Während der ganze Fokus auf dem Aufbau dieser erneuerbaren Kapazität lag, wurde dem Ende der Lebensdauer dieser Technologien nicht viel Beachtung geschenkt.“ Und weiter: „Die Branche wird auf die wahrscheinlich kommende Müllflut beklagenswert unvorbereitet sein.“ Auch wenn der Golden State an der Westküste der USA weit entfernt sein mag, sind die Parallelen zu Deutschland und Europa offensichtlich.
Die in Leipzig ansässige SENEC GmbH weist auf ihrer Homepage zwar darauf hin, dass 95 Prozent aller Rohstoffe, die in den Photovoltaikanlagen verbaut werden, wiederverwendet werden können. Das hört sich zwar gut an, jedoch hat die Sache mindestens zwei Haken. Erstens gilt das nur, wenn die Solarmodule fachgerecht entsorgt werden, und zweitens bezieht sich diese Angabe im Wesentlichen auf Glas und Aluminium, die Hauptbestandteile dieser Produkte. Wesentlich problematischer sind die darin ebenfalls verbauten Schadstoffe wie Blei oder Cadmium, die bei nicht fachgerechter Entsorgung ins Erdreich sickern und das Grundwasser kontaminieren können. In der Theorie können private Endnutzer von Photovoltaikanlagen die Solarmodule in „haushaltsüblichen Mengen“ (bis zu 50 Module) kostenlos auf den kommunalen Wertstoffhöfen entsorgen, gewerbliche Nutzer können sich an den Hersteller wenden, der seit dem 24. Oktober 2015 zur Rücknahme und fachgerechten Entsorgung verpflichtet ist. Letzteres gilt jedoch nur für ab diesem Stichtag „in Verkehr gebrachte“ Anlagen, wie die Energie-Experten informieren.
Kaum Erfahrung mit der Wiederverwertung von Solaranlagen
Eben dieses Portal weist auf ein weiteres Problem mit der Wiederverwertung von Photovoltaikanlagen hin. Bislang gibt es nur wenige Unternehmen, „die Solarmodule recyceln, so dass auch die übrigen Wertstoffe wie Silizium, Tellur, Indium oder Seltene Erden in der Regel nicht wiederverwertet werden können“, so die Energie-Experten. Man könne daher von Entsorgungskosten in Höhe von etwa 180 bis 210 Euro pro Tonne ausgehen, was bei einem Gewicht von 20 Kilogramm pro Modul Kosten in Höhe von rund vier Euro entspreche. Bei millionenfach verbauten Photovoltaikanlagen auf den Dächern deutscher Häuser fällt es wahrlich nicht schwer, sich die Folgen für die Umwelt auszumalen, wenn auch nur ein Bruchteil davon nicht fachgerecht entsorgt wird. Und bei diesen Überlegungen sind die schwerwiegenden Eingriffe in die Natur zur Gewinnung Seltener Erden und weiterer Rohstoffe, die in Solarmodulen verbaut sind, noch gar nicht berücksichtigt, von der Verschandelung ganzer Landstriche zur Installation von Solarparks ganz zu schweigen.
Wie weit Theorie und Praxis bei der Wiederverwertung von Photovoltaikanlangen auseinanderliegen, zeigen die Erfahrungswerte von Sam Vanderhoof. Der Geschäftsführer der Recycle PV Solar gilt in den USA als Kenner der Solarindustrie und sagte der Los Angeles Times, dass nur eines von zehn Modulen tatsächlich recycelt werde. Vanderhoof macht aus seinem Herzen keine Mördergrube und gibt unumwunden zu: „Die Branche will zwar grün sein, aber am Ende geht es nur ums Geld.“ Diese erfrischend ehrliche Aussage wird durch diese Einschätzung des National Renewable Energy Laboratory untermauert: „Das Recyceln eines Panels kostet in Kalifornien 20 bis 30 Dollar, während die Entsorgung auf der Deponie lediglich ein bis zwei Dollar kostet.“ Niemand hat die Absicht, hier irgendwelche Illusionen zu zerstören, aber auch die Hersteller und letztendlich auch Verkäufer von Photovoltaikanlagen in Deutschland sind nicht in erster Linie als Wohlfahrtsorganisationen bekannt.
Warum serviert die Wetterküche Europas seit Jahren nur noch Hausmannskost?
Ein weiteres Puzzleteil der Energiewende ist die Nutzung der Windenergie. Der Atlantik galt seit jeher als zuverlässige Wetterküche Europas, die den Kontinent ganzjährig mit idealen Klimabedingungen versorgt hat – im Winter nicht zu kalt, im Sommer nicht zu heiß, und immer ausreichend Niederschläge. Die für diese gemäßigte Klimazone verantwortlichen Köche sind das Azorenhoch und das Islandtief, die in wechselseitiger Abhängigkeit für die Wetterlagen insbesondere in Mitteleuropa verantwortlich sind. Wo Hochdruck- und Tiefdruckgebiete aufeinandertreffen, entsteht den Naturgesetzen folgend immer Wind. Dieser meist milde Westwind, der vom Atlantik her über Europa weht, war über Jahrhunderte hinweg ein Garant für beständige Niederschläge. Nun mischt seit wenigen Jahren aber ein dritter Koch in der Wetterküche mit, der sich vom Tellerwäscher zum Chefkoch hochgearbeitet hat. Die Rede ist von den Windrädern, die inzwischen nicht nur Offshore und an den Küsten, sondern auch im Landesinneren immer mehr Raum einnehmen.
Laut einer am 5. Oktober 2020 veröffentlichten Studie der Deutschen Windguard mit dem Titel „Volllaststunden von Windenergieanlagen an Land“ geht die mittlere Windgeschwindigkeit in Deutschland seit dem Jahr 2012 immer mehr zurück. Ein besonders starker Rückgang der Windgeschwindigkeiten ist demzufolge vor allem in den Regionen zu beobachten, die als besonders windintensiv gelten und in denen deshalb in der jüngeren Vergangenheit immer mehr Windräder aufgestellt wurden. Die Historikerin Dagmar Jestrzemski fasste diese Erkenntnisse wie folgt zusammen: „Konkret handelt es sich um die Abnahme von 420 Watt/qm auf ca. 295 W/qm in Schleswig-Holstein, von 400 auf 300 W/qm im Norden, von 380 auf 270 W/qm in der Mitte und von 380 auf 280 W/qm im Süden Deutschlands.“
Man muss kein Meteorologe oder Klimaexperte sein und es braucht auch nicht viel Fantasie, um sich vorstellen zu können, dass der Wind jedes Mal einen mehr oder weniger großen Teil seiner natürlichen Energie, sprich Geschwindigkeit, einbüßt, wenn er ein Windrad passiert. Einerseits wird also Strom aus Windenergie erzeugt, andererseits wird dem Wind aber durch eben diesen Vorgang die notwendige Energie entzogen, um seiner natürlichen Bestimmung gerecht zu werden. Zum Klimawandel – ob menschengemacht oder nicht – kann man stehen, wie man will, aber dass dieses Phänomen in Europa von immer häufigeren und immer längeren Dürreperioden begleitet wird, sollte zu denken geben, zumal mögliche Erklärungsansätze auf dem Tisch liegen. Das Azorenhoch und das Islandtief kochen in der Wetterküche Europas immer noch nach den altbewährten Rezepten, so dass es der neue Chefkoch zu sein scheint, der den Brei verdorben hat. Aber letztendlich gilt für die Politik und die Mainstream-Medien auch in diesem Fall: Was nicht sein darf, kann auch nicht sein!
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: ShutterstockText: kr
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