Es krone-schmalzt

Es krone-schmalzt in einigen deutschen Medien: ein Artikel voller absurder, irreführender Aussagen zu Putin im CICERO- unten die schlimmsten analysiert. Der Autor: Ein Ex-Professor an der Universität der Bundeswehr. Mit dem klassischen Brimborium an Nebelkerzen und Desinformation, das man aus Moskau kennt.

 

„Der Westen scheint frustriert über den selbst verschuldeten Niedergang. Ist es vielleicht dieser Frust, der gegenwärtig auch die anti-russischen Phobien befeuert?“
Nein, es sind Putins Aggressionen: Bewiesener Mord an Litwinenko, Abschuss MH17 mit fast 300 Toten, Überfall auf die Ukraine, Annexion der Krim, Kriegsverbrechen in Syrien, etc.. Angesichts von Kritik an all dem und an Putin von „anti-russischen Phobien“ zu sprechen entspricht genau der Kreml-Propaganda.

 

„Sucht die angeschlagene Regierung May möglicherweise durch sicherheitspolitische Panikmache und anti-russisch aufgeputschten Patriotismus wieder Rückhalt in der Bevölkerung zu erlangen?“
Theresa May hat im Mordfall Litwinenko versucht, eine Aufklärung zu verhindern – weil sei Moskau nicht reizen wollte. Dafür geriet sie in die Kritik. Dass sie nach 14 Todesfällen mit Zusammenhang zu Russland harte Töne anschlägt ist eher notgedrungen als ein aktiver Versuch Rückhalt zu erlangen.

 

„Suchen die militanten anti-sowjetischen Kalten Krieger im Westen nach Bestätigung ihrer liebgewonnenen Stereotypen?“
Es ist Putin, von dem die Aggression ausgeht, das haben britische Richter, niederländische Ermittler und die UNO festgestellt. Hier werden Ursache und Wirkung verdreht.

 

„Die russische DNA ist demnach eindeutig: Der Russe ist anti-westlich, aggressiv und autoritär, erklärt der ehemalige Geheimdienstchef Clapper freimütig.“
Clapper meint Putin und seine Geheimdienstriege, und nicht „den Russen“. Und auf die KGB-Leite trifft das zu.

 

„Auch liberale und kosmopolitische Menschenrechtler wollen vielleicht durch anti-russische Hysterie ihre Träume von der friedlichen Verbreitung von Demokratie vor allem in Russland wiederbeleben.“ 
Es gibt keine „anti-russische Hysterie“, sondern massive Kritik an Putin und dem Unrechtsstaat, den er errichtet hat. 

 

„Auch der militärisch-industrielle Komplex in den westlichen Gesellschaften, insbesondere in den USA, ist möglicherweise für das frisch aufgeblasene Feindbild dankbar; geschürte Angst könnte die Waffengeschäfte ankurbeln.“
Ja, dieser Komplex mag dankbar sein. Aber was hat das mit der Tat zu tun? Und sicher mindestens genauso dankbar ist der riesige militärisch-industrielle Komplex in Russland, der dort unter Putin mehr Einfluss hat als seine westlichen Gegenüber. 

 

„Kann und soll man diesen Giftanschlag zum weltpolitischen Test zwischen Gut und Böse stilisieren? „
Ja, bei Giftanschlägen kann, ja muss man wie bei den meisten Morden zwischen Gut und Böse unterscheiden.

 

„Sollte sich der Westen weiterhin selbstgerecht auf die Brust klopfen, wie in dieser Agentenkrise?“
Warum klopfen wir uns. selbstgerecht auf die Brust? Eine absurde Aussage, die nichts mit der Realität zu tun hat.

 

„Droht nicht nur weitere Eskalation in den Ost-West Beziehungen?“
Klar – aber weil Moskaus Agenten Terror auf unserem Territorium verbreiten, und nicht weil wir darauf reagieren.

 

„Russland könnte vielmehr aus der jetzigen Position der Stärke heraus dem geschwächten und frustrierten Westen das Leben noch schwerer machen als bisher.“
Nicht Russland, sondern Putin. Und wir können ihm und seinen Getreuen das Leben noch weitaus schwerer machen, weil dessen Mittelpunkt und vor allem ihr Geld bei uns liegt – und nicht umgekehrt. Es ist nicht bekannt, dass superreiche Europäer und Amerikaner massenhaft Geld nach Russland bringen, dort Villen kaufen, ihre Kinder dort zur Schule gehen lassen und Wochenendsitze für ihre Frauen bei Sotschi bauen. 

 

„Berlin muss couragierter als bisher auf eine Politik der Wiederannäherung zwischen dem Westen und Russland hinwirken.“
Warum, wenn Putin auf Aggression setzt und etwa gerade unser Verteidigungsministerium hat hacken lassen? 

 

„Berlin sollte auch in dieser Agentenkrise eine vermittelnde und aufklärerische Position beziehen, statt fragwürdige Vorverurteilungen mitzutragen.“
Berlin vermittelt ohnehin die ganze Zeit. Niemand ist da dagegen. Aber gleichzeitig muss Berlin Kante zeigen mit einem Regime, das bereits für Morde überführt ist (Litwinenko etc.).

 

„Deshalb ist jetzt mäßigende Geheimdiplomatie und rückhaltlose Aufklärung gefragt – auch mit Blick auf Salisbury. Dann könnte das schreckliche Attentat vielleicht doch noch – politisch gesehen – einen Sinn bekommen: als Signal zur Umkehr auf beiden Seiten Europas, als Auftakt für einen konstruktiven Neubeginn.“
An Zynismus kaum zu überbieten.

 

„Im übrigen können nur mit Russland gemeinsam die brennenden Probleme in der Welt, im Nahen Osten und in Europa angepackt werden.“
Putin ist nicht Teil der Lösung, sondern des Problems. 

 

„Denn nur mit Russland kann in Europa wieder langfristig eine Friedensordnung entstehen, in der alle ihren gutnachbarschaftlichen Platz finden.“
Das würde stimmen, wenn Putin eine Friedensordnung wollte. Aber bisher demonstriert er das Gegenteil. Warum unterstellen wir ihm, dass er genauso außenpolitischer Vegetarier ist wie wir? 

 

„Sie alle wussten auch um die prekäre russische Psyche, die es schon im Kalten Krieg zu pflegen galt.“
Ja, aber da wurde Klartext geredet und niemand wäre auf die Idee gekommen, Autokraten im Kreml den Bauch zu pinseln – wie es der Autor tut.

 

„Das perfide Attentat von Salisbury könnte sich also als potente anti-russische Allzweckwaffe entpuppen, dem Westen eine erneuerte anti-russische Solidarität bescheren und von eigenen Fehlern, Misserfolgen und innerer Zerissenheit ablenken.“
Vieles kann sich als vieles entpuppen. Unsinnige Aussage im Konjunktiv, die irreführend ist. Es könnte sich auch als Anschlag des madagaskarischen Geheimdiensts entpuppen; nur geht die Wahrscheinlichkeit dafür gegen null.

 

„Hätte der Kreml ihn ermorden wollen, dann doch gleich zu Hause. Oder er hätte mit dem Attentat bis nach Ende der Fußballweltmeisterschaft gewartet.“
Warum? Ein Boykott der WM droht so und so nicht. Und Zuhause umbringen hätte nicht die Signal-Wirkung gehabt, um die es wahrscheinlich ging.

 

„Warum sollte Putin zu diesem Zeitpunkt Russlands miserables Ansehen noch weiter ruinieren?“ 
Weil es da nichts mehr zu ruinieren gibt.

 

„Auch hätte ein so entsetzlicher Anschlag kurz vor den undemokratischen Wahlen Putin innenpolitisch geschadet.“
Unsinn. Selbst Putin-Getreue sagten, dass die Affäre die Wahlbeteiligung erhöhte. 

 

„Zum autokratisch mobilisierten Urnengang wollte Putin aber alles andere als Furcht verbreiten.“
Beim normalen Wähler ging es nicht um Furcht, der hat auch keine Angst vor Giftanschlägen, es geht um Mobilisierung.

 

„Könnten auch andere Akteure ein Interesse daran haben, das Image Putins als internationalem Schurken und rücksichtslosen Autokraten zu bekräftigen?“

Eher weniger, weil dieses Image ohnehin bekräftigt ist.

 

„Gerade Doppelagenten müssen – verständlicherweise – mit einer verkürzten Arbeitstätigkeit rechnen.“
Irreführend: Skripal wurde vom russischen Präsidenten begnadigt, Begnadigte umzubringen ist ein Tabu, ihre Töchter mit anzugreifen noch mehr.

 

„Könnten deshalb vielleicht Spuren zur Mafia führen?“
So wahrscheinlich wie Spuren zu Außerirdischen.

 

„Das Nervengift Novitschok wurde in Usbekistan entwickelt. 
Irreführend. Es wurde in der Sowjetunion entwickelt, deren Nachfolger Russland ist. Zwar in der usbekischen Teilrepublik, aber die Giftprogramme übernahm Moskau und nicht Taschkent.

 

„Als das kommunistische Imperium zerfiel, hätten auch dort chemische und biologische Kampfstoffe illegal hergestellt und in kriminelle Hände geraten können.“
Hätten – ja. Aber genau deshalb bat London ja Russland um entsprechende Hinweise. Und bekam nie irgend eine Antwort.

 

„So vermutet etwa der ehemalige britische Botschafter in Usbekistan, Craig Murray, in Usbekistan geheimdienstliche Rivalitäten.“
Murray verbreitet seit langem Kreml-Narrative, sein Ruf ist miserabel.

 

„Offene Rechnungen könnten also auch als Motiv für das Gift-Attentat in Salisbury in Frage kommen.“
Es könnte so ziemlich alles in Frage kommen – die Frage ist nur, was plausibel ist. 

 

„Auch könnten tschetschenische Fanatiker ein Interesse daran haben, dem Kreml diesen perfiden Anschlag in die Schuhe zu schieben.“
Ein Interesse ja. Aber kaum die Möglichkeit. Interessen könnten viele haben, Zugriff zu einem Nervengift militärischen Grades aber eher nicht.

 

„Ukrainischen Nationalisten käme eine Verschärfung des Ost-West-Gegensatzes ebenfalls gelegen, um Kiew noch stärker an den Westen zu binden.“
Mag sein. Aber es gibt keinerlei Indizien die in diese Richtung führen.

 

„Eine andere Spur könnte zu Donald Trumps „Russia-Gate“ führen. Der britische Geheimdienst MI6 war nicht ganz unbeteiligt an der Verbreitung eines perfiden Dossiers über Donald Trump. Grundsätzlich treten westliche, insbesondere amerikanische Geheimdienstler ja nicht gerade als Klosterschüler auf. So haben diese in Mittel- und Osteuropa seit 1990 recht robust, aber letztlich nur wenig erfolgreich versucht, russische Interessen zu durchkreuzen. Eine Diskreditierung des Putin-Regimes als perfider Giftmischer käme auch hier westlichen Interessen nicht ungelegen.“
Dass westliche Geheimdienste auf eigenem Territorium einen Überlaufer töten, um Putin zu scharen – man muss schon sehr verschwörungstheoretisch denken und wenig Ahnung vom Funktionieren westlicher Staaten haben, um etwas zu unterstellen… 

 

Sodann erinnert der Autor an Fehler des Westens und fragt dann: „Sitzt der Westen also im Glashaus, wenn er jetzt mit Steinen wirft?“
Irreführend: Wo bitte ist hier der Zusammenhang? Wann haben westliche Dienste begnadigte Ex-Doppelagenten in Russland umgebracht und damit 150 Zivilisten mit Giftgas in Kontakt gebracht?

 

„Selbst wenn Putin dieses Attentat angezettelt haben sollte, durch seine hysterische Reaktion gießt der Westen weiter Öl ins Feuer.“
Also ist der Westen mitschuld, selbst wenn Putin der Mörder ist. Abenteuerlich. Hätte man ein Dankestelegramm nach Moskau schicken sollen?

 

„Auch zeigt der israelische Mossad beachtliche Raffinesse bei Attentaten auf fremdem Boden.“
Mag sein. Aber was hat das mit Skripal und Russland zu tun?

 

„Auch Israel könnte ein Interesse daran haben, Russlands Prestige anzuknabbern.“
Eher nicht. Der Autor weiß offenbar nicht, dass die Beziehungen zwischen Moskau und Tel Aviv pragmatisch sind. 

 

„Auch die USA unterstützen islamistische Fanatiker, aus denen Al-Kaida und der IS hervorgegangen sind, tatkräftig – seit 1979, seit dem Kampf gegen die sowjetische Besetzung von Afghanistan.“
Mag sein. Aber was hat es mit Skripal und Russland zu tun?

 

„Es gibt also auch hier vielerlei Gründe und Akteure, denen es nicht unangenehm wäre, wenn Putin als der Giftmörder von Salisbury international weiter diskreditiert würde. Weil der Westen hier mitspielt, verschärft er die ohnehin aufgewühlten Ost-West-Beziehungen weiter.“
Erstaunliche Gedankenakrobatik – die völlig ausklammert, dass es einen Indizienbeweis gegen Russland gibt. Dass auch andere Motive hätten ist bei den meisten Morden so – aber es sind die Indizien, die zählen. Der Westen „spielt“ nicht mit – er zieht Konsequenzen aus der erdrückenden Beweislast.

 

„Die USA haben ihre Rolle als zivilisatorisches Vorbild verloren, ziehen sich schmollend in die Isolation zurück und blasen zum Handelskrieg mit China.“
Mag sein. Aber was hat es mit Skripal/Russland zu tun?

 

 

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