Ein Gastbeitrag von Manfred Schwarz
Am Samstag strömten in Hamburg in der Innenstadt am Nachmittag zunächst etliche kleine Gruppen von „Spaziergängern“ an die Alster. „Spazieren zu gehen“ – dazu war in der „Corona-Maßnahmenkritiker-Szene“ aufgerufen worden.
Vorher hatte die Versammlungsbehörde der Polizei eine geplante Großdemonstration in der City unter dem Motto „Das Maß ist voll – Hände weg von unseren Kindern!“ verboten. Aus „Infektionsschutzgründen“, wie es hieß. Anscheinend hatten die Organisatoren die Protestaktion ohne Masken durchführen wollen.
Die Organisationsgruppe legte Beschwerde gegen die behördliche Entscheidung beim Verwaltungsgericht ein. Vergeblich.
OVG bestätigt Demo-Verbot
Das Gericht erklärte: „Angesichts einer angemeldeten Teilnehmeranzahl von 11.000 und einer prognostizierten Anzahl von 10.000 bis 15.000“ bestehe im Hinblick auf die aktuelle „hohe Infektionszahl in Hamburg ein hohes Risiko für ein großes Ausbruchsgeschehen innerhalb einer solch großen Personenansammlung“.
Auch das anschließend angerufene Oberverwaltungsgericht (OVG) bestätigte das Versammlungsverbot der Polizei.
'Spaziergänge' unterbunden
Die Spaziergänge rund um die Binnenalster sind zum Beispiel vis-à-vis dem international bekannten Fünf-Sterne-Hotel Vier Jahreszeiten von der Polizei schnell strikt unterbunden worden. Spätestens dann, als sich die Spaziergänger anschickten, auf dem Boulevard Neuer Jungfernstieg zu flanieren.
Begründung: Die Polizisten werteten solche „Spaziergänge“ als unangemeldete Versammlung – und taten dies auch kund mit weithin vernehmbaren, energischen Lautsprecher-Ansagen.
Eine Demo startet gegenüber dem OVG
Eine große – genehmigte – Protestaktion startete hingegen am späten Nachmittag. Ausgerechnet in unmittelbarer Nachbarschaft des Hamburger Oberverwaltungsgerichts.
Rund 2.000 Demonstranten versammelten sich bei einsetzender Dunkelheit auf dem Steindamm, um von dort – mitten auf den Hauptverkehrsadern – über die Lübecker Straße in die Wandsbeker Chaussee zu ziehen. Ziel war die U-Bahnstation Wartenau – auf der Grenze zwischen den Stadtteilen Eilbek und Hohenfelde.
'Nazis raus!'
„Friede, Freiheit, Selbstbestimmung!“ skandierten die Protestteilnehmer. Auch „Nazis raus!“ wurde oft gerufen. Rechtsradikale oder Reichsbürger sind allem Anschein nach nirgends aufgetreten.
Die Demonstranten wirkten demonstrativ friedlich, oft sogar ein wenig fröhlich. In den letzten Jahrzehnten hat es solche riesigen Demonstrationen von ausgesprochen bürgerlichen Menschen bis zum Jahr 2021 kaum oder gar nicht gegeben.
Das Demonstrationsgeschehen in früheren Jahren haben vielmehr meist linke und linksradikale Gruppierungen bestimmt, die sich oftmals gar nicht erst bemühten, ihre Gewaltbereitschaft zu verbergen.
Polizei verhielt sich hier kooperativ
Der eindrucksvolle, große Demo-Zug der Corona-Maßnahmenkritiker ist links und rechts von einzelnen Gruppen der Hamburger Bereitschaftspolizei begleitet worden. Im Hintergrund standen zwei imposante Wasserwerfer zur Verfügung. Dahinter ein gepanzertes Räum-Fahrzeug.
Auch die berittene Polizei war hoch zu Ross im Einsatz, hielt sich aber vornehmlich in Nebenstraßen auf.
Bei dieser Groß-Demonstration verhielt sich die Polizei jedoch durchweg kooperativ. Nur in seltenen Ausnahmefällen wurden ein paar Demo-Teilnehmer kontrolliert, die die Corona-Maske nicht vorschriftsgemäß – oder gar nicht – trugen. Zu Festnahmen ist es offenbar nicht gekommen.
Antifa-Gruppe eingekesselt
Eine größere Gruppe von Gegen-Demonstranten, die die Gegner der allgemeinen Impfpflicht provozieren wollten und die offenbar aus der linksextremistischen Antifa-Szene stammten, ist von Bereitschaftspolizisten sogar längere Zeit an der Lübecker Straße auf dem Bürgersteig eingekesselt worden.
Auffällig kompromisslos verhinderte die Polizei auf diese Weise Gewalt, zu der Aktivisten der linksextremistischen Antifa bekanntlich sehr oft neigen.
Es ist davon auszugehen, dass es auch in den kommenden Wochen wieder große Demonstrationen gegen die staatliche Corona-Politik in der Hansestadt geben wird. So wie in vielen anderen Regionen Deutschlands auch.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen, und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Manfred W. Schwarz ist Politologe, er war einige Jahre Medienreferent. Heute schreibt der Publizist zu Themen der Politik und der Medien insbesondere für verschiedene Internet-Portale.
Bild: privatText: Gast