Nach der 1:1-Pleite der deutschen U21-Nationalmannschaft gegen Israel zu Beginn der Europameisterschaft der Junioren kochten die Emotionen hoch. In den sozialen Netzwerken kam es laut „Deutschem Fußball-Bund“ (DFB) und Medienberichten zu rassistischen Beleidigungen gegen die beiden Junioren-Nationalspieler Youssoufa Moukoko und Jessic Ngankam. Die beiden Stürmer hatten in dem Spiel je einen Elfmeter verschossen. Moukoko berichtete nach dem Spiel von rassistischen Kommentaren.
Eines vorweg: Beleidigungen jeder Art sind zu verurteilen. Rassistische Beleidigungen sind besonders verachtenswert und durch nichts zu rechtfertigen. Ebenso wie etwa Beleidigungen von Menschen aufgrund ihres Impfstatus.
Punkt.
Dies vorausgeschickt, kann ich mir trotzdem nicht verkneifen, mich über die Reaktion des DFB und vieler Medien zu wundern.
Dass der Verband rechtliche Schritte wegen der Beleidigungen gegen seine Spieler ankündigte, finde ich gut und richtig. Dasselbe gilt für die Aussagen von Funktionären, man werde „alles Mögliche tun, um diese Täter und Menschen zur Rechenschaft zu ziehen.“ Man müsse sich einfach gegen diese Menschen stellen.
Sehr stark nach Aktionismus riecht für mich dagegen ein anderes Statement, das der DFB auf Twitter veröffentlicht hat: „Denjenigen, die gestern nach dem Spiel der U21 diskriminierende, beleidigende und menschenverachtende Kommentare gegen einige Spieler verfasst haben, möchten wir sagen: Ihr widert uns an. Ihr seid keine Fans, euch brauchen wir nicht, euch wollen wir nicht. Eure Äußerungen werden wir strafrechtlich verfolgen. Seid euch sicher: Ihr werdet nie gewinnen. Denn wir sind mehr. Wir sind offen, vielfältig, bunt und verdammt stolz drauf.“
So sehr man den ersten Teil dieser Botschaft menschlich noch nachvollziehen kann – der letzte Teil ist in der heutigen Zeit ein ganz klares politisches Statement, und das hat in meinen Augen nichts im Sport zu suchen.
Der DFB hat erst kürzlich genau das Gegenteil von dem bewiesen, was er in dieser Botschaft beteuert: Nämlich, dass er nicht offen, vielfältig und bunt ist. Zumindest nicht dann, wenn jemand eine andere Meinung hat als die vorherrschende. Wolfsburgs Mittelfeld-Fußballspieler Felix Nmecha bekam nämlich wegen eines Postings in sozialen Netzwerken massiven Ärger mit eben diesem DFB. Der überzeugte Christ und Fußballer hatte am Anfang des sogenannten „Pride-Monats“ das Video eines christlichen Nutzers auf Instagram geteilt. In diesem war davon die Rede, dass der Begriff „Pride“ (also „Stolz“) vom Teufel stamme. Der DFB mischte sich massiv in die Meinungsfreiheit von Nmecha ein; drohend kam die Ankündigung, man wolle mit dem Spieler über seine Einstellungen sprechen. Der Druck war so groß, dass der 22-jährige den Beitrag löschte.
Zweierlei Maß?
Erstaunlich auch, dass der DFB offenbar gar nicht daran dachte, Nationalspieler Joshua Kimmich zu verteidigen, als dieser massiv attackiert wurde, weil er sich nicht gegen Corona impfen lassen wollte. Bei der Hetze gegen einen Nationalspieler aufgrund seines Impfstatus hatte der von einem SPD-Politiker geführte Verband ganz offensichtlich keine Bauchschmerzen.
In den Kommentaren der großen Medien gab es denn auch teilweise heftige Kritik am DFB. Hier ein paar Beispiele aus der Kommentarspalte der „Welt„:
„Kann man denn erfahren, was genau geschrieben wurde? Abgesehen davon, dass ich entsprechende verbale Ausfälle ausdrücklich nicht gutheiße…aber wenn man bedenkt, was sonst so alles geäussert wird…z.B., als die Fünfkämpferin Annika Schleu und deren Trainerin Kim Raisner in die Kritik gerieten…was für ein shitstorm danach entbrannte…oder wenn z.B.eine Heidelinde Weiss öffentlich im Fernsehen Prügelstrafen für Ungeimpfte fordert, Kinder mit Ratten verglichen werden, und man könnte noch viel mehr Beispiele aufführen…gab es Konsequenzen, Entschuldigungen? Wenn, dann bitte gleiches Recht für alle.“
‘Gehört nicht zum Sport‘
„Rassistische und beleidigende Kommentare gegen die Spieler sind unterstes Niveau und das braucht man wirklich nicht. Was ich aber auch nicht will sind die ‘Wir sind super bunt und divers und was nicht alles‘ Statements vom DFB, gerade nicht wenn sie z.B im Ausland spielen. Das gehört nicht in den Sport, der soll bitte nicht politisch werden. Das hilft auch nicht wirklich weiter. Der Rest gehört in die Politik und zu den Strafverfolgungsbehörden.“
„‘Seid euch sicher: Ihr werdet nie gewinnen. Denn wir sind mehr. Wir sind offen, vielfältig, bunt und verdammt stolz drauf‘ Rassistische Beleidigungen sind unakzeptabel. Sprüche wie dieser wirken auf mich allerdings eher bemüht als aus natürlicher Selbstverständlichkeit heraus.“
„Ich würde mir gern eine Meinung darüber bilden, darum lesen ich eigentlich Nachrichten. Aber ich kann nicht ansatzweise erfassen um welche Art Angriff oder Beleidigung es sich handelt. Was soll das für eine Information sein? Kann man es nicht benennen oder wenigstens umschreiben?“
Böse ‘Urdeutsche‘
„Gibt es denn Handfestes vorzuweisen oder stützt sich alles auf die Aussagen des einen Spielers? Erstaunlich wie die Empörungsmaschinerie anläuft. Man scheint aus Fällen wie dem von Ofarim einfach nicht zu lernen. Aber möchte man wahrscheinlich auch gar nicht. Alle sollen mitbekommen, wie systemisch der Rassismus in den bösen „Urdeutschen“ (Zeit Online) noch verankert ist, völlig egal ob es sich hinterher wieder als Ente herausstellt.“
„Ein anderer Leser kommentiert: „Negative, unpassende, auch strafbare Kommentare im Internet wird es immer geben. Nur hat man das früher nicht in den Vordergrund geschoben, jedes Mal wenn man miserabel schlecht gespielt hat.“
„Wir sind offen, vielfältig, bunt und verdammt stolz drauf“, twitterte der Verband am Freitag.“ Und, nicht zu vergessen, latent erfolglos…. Bezeichnend und schade, dass aus Anlass dieses nicht entschuldbaren Vorfalls, die Prioritäten beim DFB nochmals klar aufgezeigt werden! Fußball ist es zumindest mal nicht! Die schwachen Leistungen der Männerteams haben einen nährbaren Boden: Es ist dieser Verband!“
„Vielleicht widert der DFB auch einfach nur noch viele Fußball Fans an. Nur weil Multi-Kulti drauf steht ist es doch in dem Land eher ein Nebeneinader. Und wer im eigenen Land die Kartoffel ist darf zu anderen auch sagen was seine Meinung ist. Und wenn es um Rassismus geht, hab ich aus meinem bunten Freundeskreis schon Dinge gehört die bei Bio-Kartoffeln nur angewidertes Kopfschütteln auslösen, da sie sehr an die dunkelste Zeit dieses Landes erinnern. Alles nur Menschen, keine Engel oder programmierte Maschinen. So und bei soviel Kartoffel gibts heute Pasta.“
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