Ist die Wiederwahl von Esken als SPD-Chefin Auto-Aggression? Oder nur ein Ausdruck von völligem Realitätsverlust?

„Wir sind von der Wirklichkeit umzingelt“, stöhnte kürzlich Vize-Kanzler Robert Habeck von den Grünen bei Anne Will und entlarvte damit die eigene Realitätsferne. Betrachtet man den aktuellen SPD-Parteitag, muss man erstaunt feststellen, dass Habeck damit weitaus weiter ist als die Genossen: Der Wirtschaftsminister ahnt zumindest, dass er sich von der Realität entfernt hat. Die Sozialdemokraten zeigten bei ihrer Tagung im „City Cube“ am Berliner Messegelände: Sie haben offenbar keinen Schimmer davon, dass sie in einer Parallel-Realität versunken sind.

Böse könnte man auch von einer politischen Schizophrenie reden.

Denn Zuschauer von außerhalb, die nicht über die aktuellen Mehrheitsverhältnisse im Bilde sind, wären bei dem Parteitag zu dem Schluss gekommen, die SPD sei eine Oppositionspartei – und ein böser Regierungschef Merz habe das Land in den Abgrund regiert. Genau so kam das nämlich rüber – als sei nicht die SPD selbst in Regierungsverantwortung, und zwar seit vielen, vielen Jahren – und als sei der Oppositionsführer Friedrich Merz der Kanzler.

„Gegen das Land“ arbeite er, zeige „keine Liebe zum Land“ und betreibe „politischen Vandalismus“, ätzte die wiedergewählte Parteichefin Saskia Esken. Psychologen könnten hier zum Schluss kommen, es handle sich um Projektion – wenn man eigene Absichten und eigenes Verhalten auf andere überträgt. Ihr Co-Vorsitzender Klingbeil nannte Merz einen „Friedrich von gestern“. Er merkt offenbar gar nicht, dass dies für viele Wähler eher ein Kompliment ist – denn vor Scholz und Merkel ging es der Bundesrepublik erheblich besser, und viele wünschen sich diese Zeit zurück.

So leid es mir tut, hier sprachlich grob werden zu müssen: Anders denn als Affentheater ist das kaum noch zu bezeichnen.

Halten die Genossen wirklich die Menschen im Land für so dumm? Oder sind sie so tief in ihr Parallel-Universum versunken, dass sie den Widerspruch gar nicht mehr bemerken?

Weil sie selbst offenbar bemerkt, dass sie den Wählern nichts zu bieten hat, schießt sich die Regierungspartei auf die Opposition ein. „Wer selbst nichts zu bieten hat, sucht sich Pappkameraden, Feindbilder. Das Wettern gegen die Union offenbart die derzeitige Schwäche der Sozialdemokraten, ihr mangelndes Selbstwertgefühl, ihre fehlende Selbstgewissheit“, schreibt sogar der Tagesspiegel, ein sonst brav rot-grünes Blatt – das sich angesichts des Parteitags-Desasters die Kritik nicht mehr verkneifen konnte.

Und treffend kommentieren die Hauptstadt-Journalisten in ganz ungewohnter, regierungskritischer Manier: „Bei den Attacken auf die Union handelt es sich um eine Stellvertreter-Aggression. Die Vorwürfe sind deshalb teils unehrlich, verlogen. Den großen Groll spüren die Sozialdemokraten schließlich gegen die FDP, ihren Koalitionspartner also, mit dem sie doch eine ‚Fortschritts‘-Regierung führen wollten. Nur zwei Jahre ist das her.“

Die Absurditäten gehen noch weiter. „In 16 Jahren unionsgeführter Regierung ist Deutschland träge geworden“, ballert Saskia Esken. Dass in zwölf von diesen 16 Jahren die SPD mitregierte, hat sie entweder vergessen – oder verschweigt es absichtlich, um die Wähler in die Irre zu führen. „Dass die SPD in jenen Jahren stets für Dynamik und Flexibilität gekämpft hat, muss uns entgangen sein“, feixt da selbst der Tagesspiegel.

Von Selbstkritik fehlt dann auch jede Spur auf dem Parteitag. Dass ihr eigener Bundeskanzler laut Deutschlandtrend der ARD der unbeliebteste Regierungschef ist seit Beginn der Umfrageserie 1997 – kein Thema. Dass nur noch 20 Prozent die Arbeit von Scholz gut finden? Kein Thema. Dass die SPD aktuell bei Umfragen nur noch auf 14 Prozent kommt und im Osten sogar an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnte? Kein Thema.

Dass wegen all dem ein Politikwechsel nötig wäre, wie ihn etwa die Sozialdemokraten in Dänemark mit ihrer 180-Grad-Wende in der Migrationspolitik erfolgreich geschafft haben? Kein Thema.

Dafür wird in DDR-Manier die „Gefahr von rechts“ beschworen – so als stünde Deutschland kurz vor einer nationalsozialistischen Machtübernahme. Genau mit den gleichen Methoden versuchten einst Honecker & Co., die Menschen von den Problemen im Land abzulenken und die Machtelite zusammenzuschweißen.

Ebenfalls in DDR-Manier versucht Esken, die Oppositionsarbeit zu diskreditieren: „CDU und CSU hetzen im Chor mit der AfD gegen die Ampel“, plärrt sie in die Halle. Früher nannte man das Regierungskritik und war sich einig, dass die in jeder Demokratie unbedingt notwendig ist.

Die Sozialdemokraten des Jahres 2023 entblößen damit, wie weit sie sich von ihren Urvätern wie einem Kurt Schumacher entfernt haben, die bei allen Fehlern und Schwächen – wie sie alle Menschen haben – durch und durch demokratisch gesinnt waren.

Dass die Partei mit jemandem wie Esken eine Anti-Sympathie-Trägerin, die maßgeblich mitverantwortlich ist für den Niedergang der Partei, im Amt bestätigte, könnte man zugespitzt fast schon als Auto-Aggression bezeichnen – wenn es nicht wohl eher ein Symptom des völligen Realitätsverlusts wäre. Weil die Genossen sich gar nicht mehr ihrer Außenwirkung bewusst sind.

Ebenso wenig wie sie offenbar verstehen, dass sie mit ihrer immer gleichen Umverteilungspolitik keinen Blumentopf mehr gewinnen können. So einigten sich die Genossen wenig überraschend darauf, den Mindestlohn zu erhöhen und – dreimal dürfen Sie raten – die Steuern für Reiche zu erhöhen. Irgendwann kommt es noch so weit, dass die über 100 Prozent ihrer Einnahmen abgeben sollen – verzeihen Sie mir meinen Galgenhumor.

Mir nichts, dir nichts wollen die Genossen auch die Verfassung ändern – und die Schuldenbremse reformieren. Um noch mehr Geld für ihre ideologischen Projekte auf Pump auszugeben.

Die große alte SPD – sie „hat fertig“, um es mit dem legendären Fußballtrainer Giovanni Trapattoni zu sagen: Sie ist „wie Flasche leer“.

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