Uschi Glas ist für mich untrennbar mit meiner Kindheit verbunden – vor allem durch ihre Paraderolle in der Serie „Polizeiinspektion 1“. Da verkörperte sie an der Seite von Walter Sedlmayr und Max Grießer die ebenso attraktive wie eigenwillige Ilona Heinl, die Ehefrau des Polizeibeamten Helmut Heinl, den Elmar Wepper spielte. Noch heute sehe ich mir gelegentlich eine Folge der Serie an, wenn mich die Nostalgie packt und ich für kurze Zeit wieder in die Welt meiner Kindheit eintauchen möchte. Glas ist die letzte Überlebende der aufgezählten Hauptdarsteller. Sie ist für mich wie für viele ein Sinnbild der alten Bundesrepublik, insbesondere der 1980er Jahre. Und nun wird sie frontal konfrontiert mit dem woken Absurdistan, in das sich die Bundesrepublik verwandelt hat.
Mir blieb fast die Spucke weg, als ich von dem Auftritt von Glas im WDR-Talk „Kölner Treff“ las – und dem Eklat, den es dort gab, weil Glas sich einmal nicht selbst zensierte und so redete, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Bei ihr leider keine Selbstverständlichkeit, weil sie sonst brav mit dem Zeitgeist schwimmt. Allein die Überschrift im einstmals konservativen „Focus“, der inzwischen voll auf rot-grünem Zeitgeist-Kurs ist, kommt einer Diagnose gleich: „Als Uschi Glas das ‚N-Wort‘ in WDR-Talk sagt, wird es plötzlich mucksmäuschenstill“. Weiter schreibt mein ehemaliger Arbeitgeber: „Uschi Glas hat im WDR über ihren 80. Geburtstag gesprochen und blickte auf ihre erfolgreiche Karriere zurück. Dabei wählte sie allerdings eine Formulierung, die nicht nur im Publikum für Entsetzen sorgte. Moderator Micky Beisenherz (46) musste unterbrechen.“
Ja, Sie ahnen es schon! Sie hat „Neger“ gesagt. Eines der verbotenen Wörter! Igitt! Pfui-Teufel! Jetzt ist also auch Uschi Glas „Nazi“. Und das, wo es noch gar nicht lange her ist, das sie als „Musterbürgerin“ für die Impfung Werbung machte. So schnell kann es gehen im Gesinnungsstaat. Ein falsches Wort – und man ist am Pranger.
Der „Focus“ berichtet über die Geschichte jedenfalls so, als sei sie eine Staatsaffäre: „Uschi Glas (80) hat definitiv schon einiges erlebt. Seit 1965 steht sie vor der Kamera. „Ein Schätzchen war ich nie“, verrät schon der Titel ihres neusten Buches, dass die Schauspiel-Ikone auch gerne mal angeeckt hat. Am Freitag (8. März 2024) nahm sie sich im „Kölner Treff“ für den Geschmack vieler Anwesenden aber wohl etwas zu viel heraus …“
Echt? Liebe Kollegen, fühlt Ihr Euch als Sprachpolizei? Als Zensoren?
Den vermeintlichen „Eklat“, der in meinen Augen nicht im Geringsten einer ist, löste Glas aus, als sie von ihrer Kindheit als Protestantin in einem niederbayrischen Dorf erzählte. Sie hatte damals schwarze Haare und einen braunen Teint, wurde deswegen häufig beschimpft, so erzählte sie. „Dann war ich halt der evangelische Neger aus Niederbayern“, sagte Uschi Glas. Der „Focus“ traut sich nicht, das Wort auszuschreiben, und setzt ein Sternchen. So als seien seine Leser keine erwachsenen Menschen, sondern Kinder, die es zu erziehen und vor der Realität zu schützen gilt.
Weiter schreibt der „Focus“ so, als habe nach dem Wort im Saal eine Anspannung und ein Entsetzen geherrscht, als ob jemand umgebracht worden wäre: Plötzlich herrschte Stille. Dann nervöses Lachen. Das Publikum tauschte im Hintergrund irritierte Blicke aus.“
Echt? Ich glaube, irritierte Blicke sind hier vor allem bei woken Journalisten auszumachen.
Weiter schreibt das Blatt: „Schnell griff Micky Beisenherz ein und versuchte die Situation zu retten: ‚Man erkennt an der Reaktion, dass wir glücklicherweise heute andere Begriffe verwenden.‘“
„Die Situation zu retten“ – Kollegen, geht es nicht drei Nummern kleiner?
Und dass heute andere Begriffe verwendet werden (müssen), ist das eine – dass mit diesen aber die Authentizität der Erzählung von Glas verloren gehen würde, scheint den Sittenwächtern in der Redaktion gar nicht aufzufallen.
Es kommt noch dicker (das schlechte Deutsch ist aus dem Original übernommen): „‚Ich weiß, dass man das nicht mehr sagen darf, aber …‘, wollte Uschi Glas gerade noch einmal Bezug auf das umstrittene N-Wort nehmen, da unterbrach sie der Moderator erneut. ‚Wir setzen das mal in den zeitlichen Kontext. Es war damals noch beschissener als heute‘, versuchte Micky Beisenherz das Thema schnell abzuhaken und stellte der Schauspielerin prompt eine andere Frage.“
Mein Gott, in was für einer bigotten, spießigen Gesellschaft sind wir gestrandet! Ausgerechnet die rot-grünen Glaubenskrieger verbreiten heute den Mief der Spießigkeit, den man in meiner Jugend den „Rechten“ zuschrieb.
Verbotene Worte gab es damals in der Regel nicht. Es wurde auch nichts mit Sternchen ausgeblendet, und Moderatoren verboten ihren Gästen nicht das Wort. Sicher gab es Ausnahmen, aber nicht eine Kultur der Verbote und Tabus wie heute.
Nur in Komödien wurde das verballhornt, was heute traurige Realität geworden ist. Wie in einer legendären Szene in dem Film-Klassiker „Das Leben des Brian“ der grandiosen britischen Komiker-Truppe „Monty Python“, in der ein Mann gesteinigt wird, dessen einziges Verbrechen darin bestand, dass er ein verbotenes Wort aussprach: „Jehova“.
Am Ende hat es der Delinquent satt und schreibt die Meute der Steiniger an: „Ich verstehe nicht, was schlimm sein soll an dem Wort! Jehova, Jehova, Jehova!“ Die Meute steinigt, ihr Anführer, ein Schriftgelehrter, versucht sie zu bremsen, sagt, sie dürften erst steinigen, wenn er pfeife, selbst wenn jemand vorher „Jehova“ sagt – und weil er damit das verbotene Wort selbst in den Mund nimmt, wird auch er von der Menge gesteinigt. Ansehen können Sie sich die Szene hier.
Diese Parodie ist Wahrheit geworden, Moderator Beisenherz fürchtet den Zorn der (Medien-)Meute – nur dass die Steinigung heute Gott sei Dank nur noch eine virtuelle ist.
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