Stellen Sie sich für einen Moment vor, Donald Trump wäre dabei ertappt worden, dass sein Buch zahlreiche Plagiate enthält. Noch dazu kurz vor den entscheidenden Präsidentschaftswahlen. Wetten, dass Ihnen das ganz groß aus den Seiten der „Qualitätsmedien“ und von den Fernsehbildschirmen entgegenspringen würde? Die Häme und die Schadenfreude wären riesig.
Und jetzt machen wir den Realitätstest: Wie viele von Ihnen haben bei ARD, ZDF, Spiegel, Zeit & Co. etwas davon gelesen oder gehört, dass Trump-Konkurrentin Kamala Harris sage und schreibe „mindestens 24 bösartige Plagiate“ in ihrem 2009 erschienenen Buch „Smart on Crime“ nachgewiesen wurden? Ausgerechnet durch einen Plagiatsjäger aus Österreich: Stefan Weber in Salzburg. „Er sorgt gerade international für Schlagzeilen, weil er das Sauberfrau-Image der Demokratin ordentlich angekratzt hat“, schreibt das Portal „exxpress.at“.
„Diese Enthüllung ist für Kamala Harris mehr als peinlich und der Zeitpunkt kommt ungelegen“, schreiben die österreichischen Kollegen zu Recht. Konkret geht es sogar um mindestens 27 Stellen, von denen bei 24 sogar „ein bösartiges Plagiat“ vorliege, so Weber. Unter „bösartigen Plagiaten“ versteht man – im Gegensatz zu solchen, die vielleicht ohne böse Absicht oder mit geringer Bedeutung passieren – Fälle absichtlicher und schwerwiegender Übernahme fremder Texte ohne Quellenangabe.
„Joan O’C. Hamilton, die das Buch als Ghostwriterin mit Harris geschrieben hat, soll von der Enthüllung überrascht und schockiert sein“, heißt es in dem Bericht. Was für ein Kontrast zu Deutschland – wo Politik und Medien jede Kleinigkeit genüsslich ausbreiten, bei der Donald Trump irgendwie negativ aussehen könnte – aber den Harris-Skandal unter den Teppich kehren. Sie verschweigen ihn, verstecken ihn im Kleingedruckten oder drehen die Nachricht um, wie „Der Standard“, Österreichs Hofblatt von Rot-Grün, das titelt: „Rechte Influencer werfen Kamala Harris Plagiat vor und beziehen sich auf Weber-Gutachten.“ Hier wird also nicht die Tatsache, dass Plagiate gefunden wurden, als wichtigste Nachricht gemeldet, sondern dass „rechte Influencer“ solche Vorwürfe machen. Was für eine Manipulation!
„Wir befinden uns medial gerade in einer höchst problematischen Arena, weil linke Medien einen Plagiatsvorwurf gegen linke Politiker direkt kleinreden – und man sieht es jetzt mal wieder perfekt am Beispiel von Kamala Harris“, erklärt Weber in einem Interview mit „exxpress.at“: „Die Berichterstattung der ‚New York Times‘ ist hochgradig manipulativ, denn es werden selektiv Dinge herausgepickt. Ein Beispiel: Ich habe in meinem Plagiatsbericht 27 Fragmente online veröffentlicht, weil ich immer zu einhundert Prozent transparent arbeite. Und die ‚New York Times‘ zerlegt fünf Fragmente, die sie ausgewählt haben. Das ist hochgradig manipulativ gegenüber dem Leser. Wir haben seit 100 Jahren die Norm, dass wir wörtlich Übernommenes in Anführungszeichen setzen. Das gilt nicht nur in der Wissenschaft.“
Diese Methoden erinnern an die der „Faktenfinder“ – die genau nach diesem manipulativen Strickmuster Berichte kritischer Journalisten zu diskreditieren versuchen.
Weber erzählt in dem Interview, wie groß das internationale Medieninteresse ist – offenbar ganz im Gegensatz zu dem geringen in Deutschland: „Ich habe gerade viele Interview-Anfragen. Die ‚The Times’ wird heute mit mir sprechen, ich gebe am Nachmittag einige Zoom-Interviews für amerikanische Fernsehsender. Ein längeres hab ich gestern schon gegeben.“
Auf die Frage der österreichischen Kollegen, wie er darauf gekommen sei, das Buch von Kamala Harris zu überprüfen, antwortete Weber: „Das ist eine sehr gute Frage, weil jetzt natürlich alle glauben, dass mich irgendeine Trump-Foundation finanziert hätte. Ich sag’ ganz ehrlich: Schön wär’s. Jetzt nicht in Bezug auf Trump, sondern in Bezug auf mein Bankkonto. Zur Not kann ich es ohnehin beweisen, dass ich es unbezahlt gemacht habe. Tatsächlich war es so: Ich habe einen Spezialisten in meinem Team, der sich auf die Überprüfung von Sachbüchern spezialisiert hat und er hat mir schon vor einigen Wochen geschrieben, dass es doch mal interessant wäre, Harris zu überprüfen. Ich habe also ihre drei Bücher bestellt und dann den üblichen Prozess mit der Digitalisierung und der Plagiatssoftware durchgeführt. Aber die kleinteilige Ausarbeitung hat dann mein Mitarbeiter übernommen, der anonym bleiben möchte.“
Für Harris könnte noch weiteres Ungemach folgen: „Als Nächstes werden wir uns ihr Buch ‚The Truth We Hold’ anschauen und dann werden wir sehen, ob das eine Methode ist“, so Weber: „Wichtig ist ja, dass sie ihr Erstlingswerk zusammen mit der Autorin Joan O’C. Hamilton geschrieben hat, wonach Harris nur geredet hat und die Autorin das aufgenommen und verschriftlicht hat. Wenn das stimmt, hätte ja die Hamilton plagiiert für die Harris.“
Als Entschuldigung lässt das Weber aber nicht gelten: „Das ist für die Frau Harris genauso peinlich. Das ganze Konstrukt mit einem Ghostwriter für ein Sachbuch ist ja ohnehin ein Bluff. Und dann tauchen auch noch die Textbausteine aus dem Buch in einem Interview auf. Ich will ehrlich gesagt schon, dass wenn ein Politiker interviewt wird, er die Fragen selber beantwortet.“
Weber hat sich als Plagiatsprüfer und Medienwissenschaftler einen Namen gemacht. Sein Spezialgebiet ist die Überprüfung wissenschaftlicher Arbeiten auf Plagiate. Zu seinen bekanntesten Enthüllungen zählt der Fall des CSU-Politikers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), dessen Doktorarbeit erhebliche Plagiatsanteile enthielt. Diese Enthüllung führte letztlich zum Rücktritt des damaligen Verteidigungsministers. Darüber hinaus deckte Weber Plagiate in der Dissertation der ehemaligen Bildungsministerin Annette Schavan auf, was ebenfalls weitreichende politische Konsequenzen hatte.
Ein weiterer Fall, der Weber große mediale Aufmerksamkeit einbrachte, betraf die Plagiate in der Dissertation von Franziska Giffey, der ehemaligen Berliner Bürgermeisterin und Bundesministerin. Auch hier sorgte Weber durch seine akribische Arbeit dafür, dass die unkorrekte Zitierweise in der Öffentlichkeit bekannt wurde, was schließlich zum Verlust des Doktortitels von Giffey führte.
Annalena Baerbock ist ein weiteres prominentes Beispiel, das durch Stefan Weber ins Visier genommen wurde. In ihrem Buch „Jetzt: Wie wir unser Land erneuern“ identifizierte Weber zahlreiche Passagen, die nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet waren. Über 100 Stellen stellte er als Plagiate dar, wobei es sich teilweise um wörtliche Übernahmen aus anderen Texten handelte, die nicht als solche ausgewiesen waren. Obwohl Baerbock sich verteidigte und erklärte, es handele sich nicht um bösartige Plagiate, hinterließ der Vorfall einen erheblichen Schaden in der öffentlichen Wahrnehmung und belastete ihre Kanzler-Kandidatur erheblich.
Neben diesen Fällen ist Weber auch durch die Untersuchung weiterer Politiker und Wissenschaftler bekannt geworden. So brachte er Plagiatsvorwürfe gegen den ehemaligen österreichischen Kanzler Werner Faymann ans Licht und überprüfte zudem die akademischen Arbeiten hochrangiger Politiker und Amtsträger der Europäischen Union. So hat er beispielsweise Plagiate in Arbeiten von Mitgliedern der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments aufgedeckt. Unter die Lupe nahm er auch eine Arbeit von José Manuel Barroso, dem ehemaligen Präsidenten der Europäischen Kommission. In diesem Fall kam es aber zu einer Entlastung durch Weber – Barroso hatte sauber gearbeitet.
„Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd“
sagt ein altes chinesisches Sprichwort. Bei uns ist es wohl eher ein guter Anwalt – und der kostet Geld. Augsburgs CSU-Oberbürgermeisterin Eva Weber hat mich gerade angezeigt, weil ich es gewagt habe, ihre Amtsführung zu kritisieren. Es geht um mehr als nur diesen Fall. Es geht um das Recht, Kritik an den Mächtigen zu üben, ohne kriminalisiert zu werden. Helfen Sie mir, dieses wichtige Recht zu verteidigen! Jeder Beitrag – ob groß oder klein – macht einen Unterschied. Zusammen können wir dafür sorgen, dass unabhängiger Journalismus stark bleibt und nicht verstummt. Unterstützen Sie meine Arbeit:
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