Kaum Interesse an #unteilbar in Berlin Anton Hofreiter ohne Maske, dafür Sea-Watch mit Antifa

Sehen Sie hier auch das Video zur Demo.

Von Alexander Wallasch

Findet keine Demo statt? Haben wir uns im Datum geirrt? Berlin ist jedenfalls nie wirklich aus dem Häuschen, wenn irgendwo wieder irgendwer die deutsche Hauptstadt als Bühne braucht oder gar missbraucht, um den Regierenden einen einzuschenken. Heute am ersten Samstag im September gehen die Regierungstreuen auf die Straße. Und richtig groß und mächtig soll es werden, aber am Ende verlieren sich die Menschen auf einer Strecke zwischen Siegessäule, Straße des 17. Juni, Brandenburger Tor und Alexanderplatz.

Über 200.000 Besucher erhofften sich die Veranstalter an diesem milden Wochenende für ihre „#unteilbar“-Demo, anknüpfen will man an 2018, als angeblich so viele Besucher schon einmal unter dem gleichen Hashtag demonstrierten.

Weshalb es 2021 so viel weniger Menschen waren, muss noch in den kommenden Tagen analysiert werden. Über weite Strecken sah es nämlich so aus, als würden die vielen teilnehmenden Organisationen nur jeweils ihre Kernklientel beisteuern, die sich hier fast ängstlich zusammengeklumpt hat zu vielleicht 7.000, möglicherweise bis zu 10.000 Teilnehmern insgesamt, mehr können es aber kaum sein.

Noch weniger, nimmt man die große Querdenker-Demo zum Maßstab, als es Ende August 2020 nur wenige Zehntausend gewesen sein sollen, aber der Eindruck entstand, es wären bestimmt 150.000 Besucher gewesen. Wer sich erinnert und denselben Maßstab anlegt, der kann heute nur auf maximal 5.000 Leute kommen.

Also noch einmal: Ist gar keine Demo, oder haben wir uns vielleicht im Datum geirrt? Auf dem Weg zur Siegessäule am Spreeufer entlang liegt am Wegesrand eine zertretene schwarz-rot-goldene Flagge. Soll das ein erster Hinweis sein, was uns erwartet? In einem parkähnlichen Gelände wird schon eine Demo für die kommende Woche vorbereitet, aber wir werden getröstet, nein, #unteilbar käme noch ein paar hundert Meter weiter ums Eck, erklärt ein Macher der „Klima-Retten“-Demo von morgen.

Kunstobjekte mit automatischen Gewehren

Extinction Rebellion baut hier gerade ihre Transparente auf: „Stop Burning our Future“ heißt es auf einem. Wir gehen weiter vorbei am Haus der Kulturen. Hier wird aggressiv der Zuwanderung gehuldigt, eine kräftige farbige Frau im lila Bikini wurde in überlebensgroß als Denkmal vor dem Haus plakatiert, daneben Kunstobjekte mit Bohnendosen und automatischen Gewehren, die Passanten machen Bilder mit ihren Handys.

An einer Haltestelle wirbt das Versandhaus Otto mit dem Slogan: „Zusammensein ist ein toller Ort“. Ein Bus fährt vorbei, das Leuchtdiodendisplay über dem Fahrerhaus wirbt für eine „Red Route“. Es scheint tatsächlich für den Moment so, als wäre alles mobilisiert worden für diese Demo, aber dann kaum jemand gekommen – eine ausgequetschte Zitrone kann man kaum ein zweites Mal drücken. Aber wo floß der linksgrüne Saft schon mal in Strömen? Hier jedenfalls nicht.

Wann haben die Veranstalter von #unteilbar in Berlin begriffen, dass sie nicht einmal ansatzweise an diese Massen anknüpfen können, welche die Mannschaft um Querdenker Michael Ballweg vor fast exakt einem Jahr hier zusammengeführt hatte? Die Planung ließ zunächst den Schluss zu: Hier will Rot-Rot-Grün drei Wochen vor der Bundestagswahl ein Zeichen setzen.

Das ging allerdings in die Hose und der Schaden kann nur noch verheimlicht werden, wenn die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender und die Alt-Medien der Inszenierung der Veranstalter folgen, denn realistisch betrachtet wurden die Erwartungen und #unteilbar-Hoffnungen (über 200.000 Menschen) bei weitem nicht erfüllt.

Da haben sich im Vorfeld auch die Gewerkschaften alle Mühe gegeben, Menschen aus ganz Deutschland zu mobilisieren. Busse wurden gechartert, Mitfahrgelegenheiten organisiert, in den Betrieben plakatiert – aber wo sind die Arbeiter und Angestellten?

Sie sind zu Hause geblieben. Die Polizei war schlauer, die Einsatzkräfte sind entsprechend gering vertreten, heute wird’s ein ruhiger Tag. Hier demonstrieren keine Regierungskritiker. Es ist eine Demonstration für die Corona-Maßnahmen der Merkel-Regierung, für mehr Zuwanderung, gegen den Kapitalismus, wie eine Perlenschnur reihen sich die Parteien und die Nichtregierungsorganisationen hier auf, als wäre schon Karneval und jeder wollte nur seinen Themenwagen vorführen, aber alle hätten rein aus Versehen das gleiche Motiv gewählt.

Felix Krull am Reichstag

Die Bushaltestelle vor dem Reichstag wirbt für Felix Krull, „ab 2. September im Kino“, der Hochstapler hat hier in Berlin aber nicht Premiere, es ist eine Wiederauflage, das Murmeltier grüßt. Ein paar Meter weiter schaut man durch übergroße Seifenblasen auf den Reichstag, welche von einem Seifenblasenkünstler unaufhörlich produziert werden – passendere Bilder könnte sich ein Regierungskritiker kaum wünschen.

Auf dem Weg zum Brandenburger Tor sitzt ein Berliner Bär mit Deutschlandfahne auf einer der grünen Bänke – ein tollkühner Kritiker mit den Farben des Landes? Weit gefehlt. Er wartet nur auf Menschen, die sich für ein Foto und ein paar Euro zu ihm setzen, so wie der Russe ein paar Bänke weiter, der ganz grün angemalt ist und auch Mützen der NVA und der Sowjet-Armee für ein Foto mit ihm verleiht. Deutschland als Nostalgieangebot, der Bär und der Offizier. Fehlt nur noch der Kasper und die ewige Kanzlerin.

In den Alleebäumen gegenüber vom Brandenburger Tor hängen DIN-A4-Schilder, die Polizei fotografiert schon fleißig die Provokation an diesem rot-rot-grünen Wahlkampftag: „Nicht meine Mutti! Ab in den Knast ausgemerkelt.“ Auf dem Vorplatz zum Tor steht ein alter Mann und hält eine übergroße Deutschlandfahne zwischen seinen Händen. Darauf steht geschrieben: „Deutschland wohin? Zurück zu Gott!“ Das geht hier gerade noch so durch, nur die Deutschlandfahne alleine wäre wohl übel aufgestoßen.

Nach etwa eineinhalb Stunden werden wir von „Ordnern“ angesprochen, wir wären schon aufgefallen durch zu aggressives Fotografieren. Wir sollten bitte auch andere Masken tragen, unsere Gesichtsverhüllungen nur mit Tüchern wären ebenfalls unangenehm aufgefallen. Weitere Ordner gruppieren sich um uns. Wir gehen weiter.

Loses Antifa-Personal

Während der gesamten Strecke wurde wohl lose Antifa-Personal postiert. Jedenfalls sitzen oder stehen die jungen Frauen und Männer alle 250 Meter auf Posten und schauen, wer sich falsch bewegt. Wir sind offensichtlich aufgefallen, aber so recht weiß man es doch nicht. Da die Massen aber überschaubar sind, schaut man halt ein bisschen genauer.

Ich filme derweil weiter, will gerade diese gähnende Leere zwischen den Ständen von Rot-Rot-Grün und den Nichtregierungsorganisationen filmen, da kommt ganz locker und ohne Personenschutz, den Casco-Helm nur pro forma am Arm hängend, der Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter die Straße des 17. Juni heruntergefahren, er muss kaum ausweichen, bis zum Stand der Grünen stehen auf 250 Meter kaum Leute, die Lücke zu den Linken, die näher zum Tor stehen, ist weit offen.

Der Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion trägt Jeans und Pullover, fährt dazu ein schwarzes E-Bike der Marke Kalkhoff. Er entdeckt seine grünen Fraktionskollegen, macht sein Rad an einem Baum fest und gesellt sich dazu. Drumherum stehen Menschen mit FFP-2-Masken. Aber Anton Hofreiter trägt seine Maske nur lässig am Handgelenk, auch seine Kollegen denken gar nicht daran, Mindestabstand zu halten, Maske auch hier Fehlanzeige.

Währenddessen werden Besucher ohne Maske am Weitergehen gehindert und per Lautsprecher wird, gefühlt öfter als in den Durchsagen in Bus und Bahn, daran erinnert, an die Maske zu denken und Abstand zu halten. Eng stehen hier nur der maskenlose Hofreiter und seine Bundestagskumpels, ansonsten bräuchte hier kaum einer eine Maske. Es ist direkt schwer, überhaupt einen Mindestabstand zu unterbieten.

Alles ist vertreten, was in der linksgrünen Szene schon einmal ein Plakat gemalt hat. Und jeder der heute Farbe bekennt, hält irgendwas in den Händen, das organisiert aussieht – gedruckt, geplant, veröffentlicht. Politisches Guerilla-Markteing aus der Retorte.

Ein Hund trägt als Regencape das Logo der Antifa, aber es regnet ja gar nicht.

‘Nie wieder!‘

Ein mobiler Stand der sogenannten Seenotretter „Sea-Watch“ läuft zusammen mit der Antifa und bebildert so, auf treffende Weise, die Übereinkunft und Zusammenarbeit. Etwas weiter dann Björn-Höcke-Plakate mit ausgestrecktem rechten Arm „Nie Wieder! Keine Bühne der AfD“ und weitere rot-rot-grüne Adepten halten Rahmen hoch, mit denen sich Teilnehmer fotografieren lassen können. Die Bilder sollen später – so wohl die Idee – online veröffentlicht werden. Auf dem Rahmen aufgedruckt: „Keine Stimme für die AfD!“ Und: „Deutschland aber tolerant!“

Ein freundlicher älterer Herr, offensichtlich mit Migrationshintergrund, trägt ein Schild um den Bauch mit der Info: „Nazis dürfen wählen – wieso nicht ich?“ Das ist ja schon fast traurig, dass sich der gute Mann mit Nazis vergleicht. Und während also Millionen schon nicht wissen, was sie wählen sollen, weil das Angebot so verflacht erscheint, sehnt sich dieser Herr danach, seine Stimme abzugeben. Für Anton Hofreiters Truppe? Kann man sich auch kaum vorstellen. Der Anton sollte sich in seinem Aufzug dem Herrn besser nicht vorstellen, er könnte einen Wähler, der noch gar nicht wählen darf, schneller verlieren, als ihm der Bundestag das Wahlrecht geben könnte.

„Leere Taschen – Voller Fäuste“ steht auf einer Kartonpappe von Amazon, die Polizei langweilt sich hier zu Tode. Was #unteilbar hier erreichen wollte, ist ins Gegenteil gekippt, was eine Machtdemonstration werden sollte, wurde zur Pleite – mangels Interesse. Was die zentrale Wahlveranstaltung für Rot-Rot-Grün werden sollte, könnte sogar diesem traurigen #teamlaschet wieder Aufschwung geben.

„Richtig gut wäre es, wenn alle vor der Demo noch einen Schnelltest machen würden. Wir werden das nicht kontrollieren (können)“ hieß es in der Vorankündigung.

 

Und über allem schwebt dann noch ein Heißluftballon der WELT – das sagt dann ebenso viel über die Zeitung wie über diese Veranstaltung: Nur heiße Luft.

Das war dann wohl doch auch vielen Anhängern zuviel des Guten, was da klang, wie mit Herrn Spahn persönlich abgesprochen und später von den schwarzen Jugendlichen der Antifa mit fast schüchternem Blick kontrolliert, die sich in ihrer Rolle als Maskenkontrollkids auch sichtbar unwohl fühlten.

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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger und betreibt den Blog alexander-wallasch.de. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann) schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster“. Dieser Artikel erschien zuerst auf seiner Seite  alexander-wallasch.de

Bild: privat
Text: wal

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