Nach meinem Ausschluss habe ich mir eine Bundespressekonferenz-Auszeit gegönnt. Und war – mit dem gebührenden Abstand – umso entsetzter, als ich mir jetzt die Veranstaltung mit Karl Lauterbach ansah, um ein „Dechiffriert“-Video darüber zu machen (zu sehen hier). Die Veranstaltung hat etwas geradezu surreales und wirkt wie eine Parodie auf eine echte Pressekonferenz, in der kritische Fragen gestellt werden – eher ist es eine Regierungssprechstunde. Das beginnt schon damit, dass die Maskenpflicht auf der Bundespressekonferenz zwar nun offiziell abgeschafft ist. Wohl notgedrungen, weil es keinerlei rechtliche Voraussetzung mehr dafür gibt. Dennoch haben alle Journalisten, die in der Liveübertragung zu sehen waren, eine Maske auf – und zwar sogar eine FFP2-Maske. Nur die Regierungsvertreter auf der Bühne oben treten ohne Maske auf.
Höhepunkt der Absurdität: Lauterbach appellierte daran, freiwillig auch in Innenräumen Masken zu tragen – und tat das in einem Innenraum, ohne selbst eine Maske zu tragen. In jeder normalen Pressekonferenz würde ein Minister auf so einen Widerspruch angesprochen. Nicht so in der Bundespressekonferenz, die alles daran setzt, kritische Mitglieder auszuschließen oder jemanden wie Henryk M. Broder gar nicht erst aufzunehmen. In der gesamten Liveübertragung gab es nur zwei halbwegs kritische Fragen – und auch die waren völlig harmlos. Insbesondere, weil nicht nachgehakt wurde. Einer aus meinem Team schrieb mir, nachdem er das Video zur Fehlerprüfung ansah: „Inhaltlich war diese Werbekampagne für die Pharma nur durch deine Kommentare erträglich.“
Dass sich Lauterbach in Widersprüche verwickelte, dass viele seiner Aussagen höchst zweifelhaft sind, dass es viele brisante Fragen zu seiner Arbeit gibt – all das ließen die am Hofe zugelassenen Journalisten geflissentlich aus. Seine Ankündigung, dass es im Herbst wieder losgeht mit den Corona-(Zwangs-)Maßnahmen, löste offenbar Wohlgefallen aus bei den freiwilligen Maskenträgern im Saal. Mehr noch: Der Minister wurde in einer Art „Co-Referaten“ regelrecht aufgefordert, die Maßnahmen doch jetzt schon zu verschärfen. Ich empfehle Ihnen das „Dechiffriert-Video“ wärmstens und hoffe, diese Pressekonferenz wird in künftigen Journalisten-Studiengängen gezeigt werden als abschreckendes Beispiel dafür, wie weit Journalismus deformiert werden kann und aus der Bundespressekonferenz eine Bundesstreichelkonferenz wurde. In ihrer ganzen unfreiwilligen Komik. Sehen Sie sich das Video hier an.
Bild: photocosmos1/Shutterstock
Text: br