Von Daniel Weinmann
Latife Arab ist fünf Jahre alt, als sie mit ihrer Familie aus dem Süden der Türkei nach Deutschland auswandert. „Almanya“ gilt als gelobtes Land – ein Land, in dem sich die arme Familie ein besseres Leben verspricht als in den Bergen Anatoliens. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass in „Almanya“ auch Nichtstun mit Geld belohnt wird. Um keine Abschiebung zu riskieren, reisen die Arabs mit gefälschten Pässen ein, die sie zur Sicherheit noch am Flughafen in Deutschland die Toilette hinunterspülen.
Schon damals erweist sich die Bundesrepublik als Wohlfahrts-Dorado für Migranten. Das Motto: je mehr Kinder, desto mehr Sozialtransfers gilt ebenso wie heute. Neun Kinder bringt Latifes Mutter zur Welt. Eine kluge Strategie, denn jede weitere Geburt führt nicht nur zu zusätzlichen Überweisungen aus der Staatskasse, sondern schützt die Familie vor der Abschiebung. Jede Mark, die übrig bleibt, fließt zurück in die alte Heimat, um noch mehr Mitgliedern des Familienclans die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen.
Nach acht Monaten im Flüchtlingsheim erhält die Familie trotz des noch nicht genehmigten Asylantrags eine Wohnung. „Das hielt meine Eltern nicht davon ab, immer dreistere Forderungen zu stellen – und den deutschen Staat, sie zu erfüllen“, schreibt Latife Arab in ihrem Mitte März im Heyne-Verlag erschienenen Buch „Ein Leben zählt nichts – als Frau im arabischen Clan: Eine Insiderin erzählt“.
Die Deutschen als Nazis zu bezeichnen machte sich bezahlt
Die Biografie, die schon jetzt zu den „Spiegel“-Bestsellern zählt, gibt Einblick in die Macht der Clans und das Versagen des deutschen Staates. Innenansichten in ein kriminelles System, das sich „ungehindert ausbreiten konnte in Deutschland“ – begünstigt durch Strukturen, die parallel zur Gesellschaft existieren. Um sich zu schützen, schreibt Arab unter Pseudonym und lebt an einem unbekannten Ort.
Die 44-Jährige hat Angst, von ihrer Großfamilie aufgespürt zu werden. Der Clan stehe für Menschenhandel, Schutzgelderpressung, Drogengeschäfte, Raub und Geldwäsche. Vor der Polizei habe man keinen Respekt, über allem stehe die Ehre der Familie. „Ich spiele mit meinem Leben“, schreibt sie der „Neuen Zürcher Zeitung“. Doch sie kann nicht mehr schweigen.
Als Mädchen ist sie innerhalb ihrer Familie nur eine billige Arbeitskraft. Die Kinder werden von den Eltern geschlagen. Der Clan wird zunehmend krimineller: Schutzgelderpressung, Drogengeschäfte und auch Menschenhandel sind an der Tagesordnung. Ihr Vater sitzt mehrfach in U-Haft, wird aber nicht verurteilt. Einmal muss Latife als Kurier Geld überbringen, das bündelweise an ihren Körper geklebt wird.
Die illegal erwirtschafteten Gelder fließen wahlweise in die Türkei, um weitere Familienmitglieder in die Bundesrepublik zu locken. Oder es dient zur Finanzierung von Wohnungen. Man könne den deutschen Staat „ohne Scham ausnehmen und verlachen“, zitiert die „NZZ“ die Buchautorin. Sie fragt sich, wie jemand vierzig Jahre Sozialhilfe beziehen könne, ohne dass dies jemand hinterfrage – und gibt sich selbst die Antwort: „Ich erinnere mich an Situationen, in denen meine Mutter auf dem Sozialamt die Nazi-Karte zog.“ Die Deutschen als Nazis zu titulieren zahlte sich offenbar aus.
Bis zum Lebensende vor der eigenen Familie verstecken
Mit 16 wird sie aus der Schule genommen, ohne Abschluss. Als 17-Jährige wird ihr hartes Leben zur Leidensgeschichte: Sie wird zwangsverheiratet und muss Schläge, Erniedrigungen und Sex zum Zweck, möglichst schnell schwanger zu werden, ertragen. Zu Hilfe kommt ihr niemand, auch nicht der deutsche Staat. „Hätte es eine Behörde gewagt, sich meinen Eltern entgegenzustellen, drohten diese mit ihren hoch bezahlten Anwälten“, blickt die Geschundene zurück. Sie bekommt schließlich drei Kinder. Zweimal versucht die Familie, Latife umzubringen, weil sie sich nicht kritiklos in ihre Rolle fügt. 2003, berichtet sie, habe sie vor den Augen der Polizei den Versuch eines Ehrenmordes überlebt.
Eine entfernte Cousine hatte sich 2008 gegen ihre Kultur und Religion und für ein westliches Leben entschieden – und wurde an einer Autobahnraststätte getötet. Nach vielen Jahren des Martyriums und mehreren vergeblichen Fluchtversuchen, schafft es Latife, ihrem Clan zu entkommen. Sie hat den Ausstieg geschafft, muss sich nun aber für den Rest ihres Lebens vor ihrer Familie verstecken.
Latife Arabs Geschichte klingt kaum glaublich. Doch der Heyne-Verlag bürgt für ihre Authentizität, bestätigt durch Medien, die Teile des Buchs überprüfen ließen. Es ist bezeichnend für dieses Land, dass Menschen unbemerkt in einem System bleiben können, das unseren Gesetzen entgegensteht – und diesen Staat ausnehmen wie eine Weihnachtsgans.
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
Bild: Screenshot Youtube-Video Früstücksfernsehen