Für viele derjenigen, die hierzulande Wladimir Putin verteidigen, ist sie die Kronzeugin dafür, dass der Kremlchef in Wirklichkeit doch gar nicht so schlimm sei: Die langjährige ARD-Korrespondentin Gabriele Krone-Schmalz, die als Dauergast in den deutschen Talkshows zeitweise so präsent war beim Thema Putin wie heute Karl Lauterbach, wenn es um Corona geht.
Nur hat die Frau, die Anfang der 1990er Jahre für das „Erste“ aus der russischen Hauptstadt berichtete und legendär war für ihre Ausfahrten im Porsche-Cabrio durch die damals von Versorgungsnöten geplagte Stadt, eine erstaunliche Wende hingelegt. Unter dem Titel „Ich habe mich geirrt“ hat sie einen Gastbeitrag in der „Berliner Zeitung“ geschrieben.
„Ich war fest davon überzeugt, dass der Aufbau dieser gigantischen russischen Drohkulisse in den letzten Wochen und Monaten, so riskant und überzogen er auch sein mochte, einem einzigen Zweck diente: nämlich ernstzunehmende Verhandlungen mit dem politischen Westen zu erzwingen, um Russlands Sicherheitsinteressen endlich zum Thema zu machen. Ich habe mich geirrt“, schreibt sie in dem Text. Und zwar mehrfach: „Nicht nur mit Blick darauf, was jetzt an Leid und Verwüstung folgt, bin ich fassungslos, sondern auch angesichts dieses Schlags ins Gesicht all derjenigen, die sich – teilweise gegen große politische Widerstände im eigenen Lager – auf den Weg nach Moskau gemacht haben, um diplomatische Lösungen für die tatsächlich vorhandenen Probleme zu finden.“
Es sei nicht so, dass sie keine Kriegsgefahr gesehen hätte, beteuert Krone-Schmalz, aber dieses Risiko habe sie „nicht mit einem russischen Angriff verbunden, der für mich ausgeschlossen schien, sondern mit Missverständnissen, technischen oder menschlichen Pannen zwischen Nachbarn, denen jegliches Vertrauen zueinander abhandengekommen ist“. Einen „kalkulierten und geplanten Überfall auf die Ukraine“, so die Journalistin, „das habe ich nicht für möglich gehalten.“
‘Völkerrechtswidriger Angriffskrieg
Sie geht sogar noch weiter: „Habe ich mit meinen Positionen dazu beigetragen, diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zu ermöglichen, wie jetzt manche behaupten? Bin ich für den russischen Einmarsch mitverantwortlich? Es wäre schrecklich, wenn es so wäre.“ Überzeugend fände sie diesen Vorwurf allerdings nicht, so Krone-Schmalz. Denn so eine Verantwortung setzte voraus, „dass die Idee der Verständigung, der Entspannungspolitik grundverkehrt war, und dass eine Abschreckungspolitik Putin hätte im Zaum halten können“. Beide Punkte halte sie nicht für richtig. Und führt dann ausführlich aus, warum (nachzulesen hier).
Es sei nun „müßig, noch über die Vergangenheit zu streiten“. Sie führt aus: „Die Verständigungspolitik, deren Sinnhaftigkeit ich mit meiner Arbeit immer versucht habe zu erklären und journalistisch zu begleiten, liegt in Trümmern. Putin hat die Hand verdorren lassen, die zwar reichlich später, aber dann doch ausgestreckt war.“
Krone-Schmalz verweist darauf, dass dem Hörensagen nach selbst einige russische Regierungsmitglieder von dem Einmarschbefehl ihres Präsidenten überrascht gewesen seien, um so mehr „unmittelbar vor weiteren geplanten Gipfeltreffen.“
Sodann stellt sie klar: „Der russische Einmarsch in die Ukraine ist durch nichts zu rechtfertigen.“ Nun müsse nach einer diplomatischen Lösung gesucht werden: Auch wenn es eine „Zumutung“ sei, mit einem Gegenüber zu verhandeln, das dreist gelogen hat: „Aber Zumutung, Gesichtsverlust und ähnliches sind keine akzeptablen politischen Kategorien, wenn es darum geht, einen Krieg zu beenden.“
Bild: © Superbass/CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)Text: br