Focus-Gründer Helmut Markwort warnte schon vor Jahren vor Markus Söder, seinem autoritären Gehabe und seinem Opportunismus. „Der schreibt ja seinen Abgeordneten bei uns im Landtag sogar vor, mit wem sie Kaffee trinken dürfen und mit wem nicht. Das ist zutiefst illiberal“, sagte Markwort im Interview mit mir: Er sprach sogar von einem Allmachtsanspruch Söders. Und zitierte Ex-CSU-Chef Horst Seehofer, der seinem Nachfolger attestierte: „Er neigt zu Schmutzeleien und maßlosem Ehrgeiz.“
An all das musste ich heute denken, als ich die Szenen von der Demonstration gegen das Heizgesetz der Grünen im Bayerischen Erding sah. 13.000 Menschen sollen in der Stadt bei München zum Protestieren zusammen gekommen sein. Unter dem Motto: „Stoppt die Heizungsideologie“. „Magnet“ für die Veranstaltung war die Kabarettistin Monika Gruber, die zur Teilnahme aufgerufen hatte.
Viele Menschen, die anfangs sehr erfreut waren über die Ankündigung von der Demonstration, waren sehr enttäuscht, als sie hörten, dass dort auch Ministerpräsident Markus Söder als Redner angekündigt und willkommen ist. Während die Veranstalter die AfD ausdrücklich abwiesen.
So kam es, wie es wohl kommen musste. Söder wurde mit lautstarken Pfiffen und Buhrufen „begrüßt“. Eine Gruppe von Demonstranten skandierte „Hau ab!“ Der Auftritt war ein Debakel für Söder. Was für eine Demütigung für den sonst so großspurigen Ministerpräsidenten, dass die Kabarettistin Gruber noch vor Beginn seiner Rede intervenieren musste zu seinen Gunsten, um den Protest gegen ihn wenigstens etwas zu beruhigen und ihn zu Wort kommen zu lassen. Noch schlimmer: Söders Stellvertreter, Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern, kam beim Publikum weitaus besser weg als sein Chef.
Aiwanger trifft den Ton. Etwa mit seiner „Ansage an die Medien: Stellt Euch endlich an die Seite der normalen Bevölkerung“. Die Menge tobt, der Applaus ist gewaltig. So gewaltig, dass der Freie-Wähler-Chef gar nicht gleich weiterreden kann. „Berichtet mehr über die normalen Leute und nicht über den 17-jährigen Klimakleber aus reichem Hause“, fährt er fort. Und bekommt „Zugabe“-Rufe.
Söder, der sich sonst gerne mit Claqueuren umgibt, konnte mit dem Debakel nicht umgehen. Und er verlor die Fassung. Er schrie zurück: „„Sie rufen ‚Hau ab‘. Ich kann Ihnen nur sagen: Haut selber ab! Wer so agiert, ist kein Demokrat für unser Land. Von solchen Leuten grenzen wir uns ab – und zwar grundlegend!“
Markus Söder wurde bei seinem Auftritt in Erding ausgepfiffen und ausgebuht.
Nachdem man ihn mit „Hau Ab“-Rufen übersät hat.
Er entgegnete mit: „Haut doch selber ab!“ pic.twitter.com/cUsG5pdRBp— GeorgeOrwell3 (@george_orwell3) June 10, 2023
Damit offenbart Söder genau das, was ihm Focus-Gründer Markwort attestiert hat – seinen autoritären Charakter. Denn es ist eine Sache, wenn Politiker bei einer Veranstaltung etwa ihrer Partei oder ihrer Unterstützer auftreten, und dann von Gegendemonstranten geschrien wird: „Hau ab!“ Das kann man in der Tat als undemokratisch kritisieren. Denn jeder muss das Recht haben, vor seinen Unterstützern oder Gleichgesinnten ungestört aufzutreten.
Wenn nun aber Söder, der jahrelang vor den Grünen Männchen machte, wieder einen Salto hinlegt und versucht hat, auf den Protest gegen die Grünen als Trittbrettfahrer aufzuspringen, war Widerstand zu erwarten. Dass ein Teil der Demonstranten – von denen viele auch schon zu Corona-Zeiten aktiv waren und entsetzt über den Corona-Fanatismus von Söder – ihn bei „ihrer“ Demo nicht sehen wollen, halte ich für legitim.
Und wenn Söder ihnen deswegen vorhält, sie seien „keine Demokraten“, entlarvt das sein autoritäres Demokratie-Verständnis. Denn lautstarke Unmutsäußerungen über den Versuch, demokratischen Protest zu kidnappen, sind eben auch ein Teil von Demokratie.
Ebenso entlarvend wie Söders Reaktion ist die von vielen Medien. Die Süddeutsche verschweigt in einem Bericht Söders so gar nicht staatsmännische Beschimpfung seiner Bürger einfach. „Videos zeigen, wie Söder auf der Bühne mit Buhrufen und Pfiffen von Rechten zu kämpfen hatte“, schreibt der „Spiegel„. Das ist schlicht Irreführung der Leser – denn die Kollegen aus Hamburg können nicht wissen, wer genau die Buhrufer und Pfeifer waren.
Irreführung der Leser
Exemplarisch für die Manipulationen hier eine Kurz-Analyse zum Bericht von Euronews: „13.000 bei Heizungsdemo in Erding: Söder von AfD-Fans ausgebuht“. Das riecht nach Desinformation. Woher haben die Kollegen die Information, dass die Buhrufer „AfD-Fans“ waren? Weiter heißt es in dem Bericht, Söder sei ausgebuht worden, „als er die AfD kritisierte.“ Er wurde aber auch schon zuvor ausgebuht. Die Aussage ist somit keine eindeutige Lüge, aber ein Trick, um die Leser in die Irre zu führen.
Sodann kommt Euronews mit der Kontaktschuld: „Auf Twitter kritisieren viele, die die rechtsextremistische Szene in Deutschland beobachten, dass Söder bei einer Veranstaltung aufgetreten ist, bei der auch Vertreter:innen von Verschwörungsideologie, Querdenker:innen und Rechtsextreme mitmischen.“
Das ist so dumm, so dreist und so infam, dass ich es gar nicht mehr kommentieren will. Das Bizarre daran: Die Autoren solcher manipulativen Berichte sind sich gar nicht bewusst, dass sie damit genau das erreichen, was sie unbedingt verhindern wollen – sie stärken mit ihrem Framing und mit ihren Lügen die AfD.
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