Früher war die türkische Küstenwache dazu da, um illegale Grenzübertritte zu verhindern. Inzwischen tut sie nach Angaben der griechischen Behörden das Gegenteil – sie begleitet gezielt Flüchtlingsboote in Richtung Griechenland. Die Behörden in Athen unterlegen die Vorwürfe mit einem Video auf dem offiziellen YouTube-Kanal der Küstenwache.
Vor diesem Hintergrund ist es brisant, dass die Bundeskanzlerin Präsident Erdogan 32 Millionen Euro für die türkischen Küstenwache „zur Unterstützung der Eindämmung von Migrationsbewegungen aus der Türkei nach Europa“ zugesagt hat. So meldete der Sender n-tv noch im Februar: „Die türkische Küstenwache müsse zum frühestmöglichen Zeitpunkt unterstützt werden, argumentierte die Bundesregierung“. Wobei? Beim Begleiten der Migranten in die EU?
Die parteilose Bundestagsabgeordnete Frauke Petry hat jetzt eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, wie sie sicher stellen möchte, dass die Millionen „zweckentsprechend und nicht zum illegalen Grenzübertritt eingesetzt werden“. Weiter fragt Petry: „Worauf begründet sich die Annahme der Bundesregierung, eine der am besten ausgestatteten Armeen innerhalb der NATO bräuchte eine deutsche Bootsmotoren- und Ersatzteil-Spende im Wert von 32 Millionen Euro?
Die Reaktion der Bundesregierung zeigt, dass sie keine Antwort hat. Sie verliert sich in Allgemeinplätzen. Das Antwortschreiben an Petry von Andreas Michaelis, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, das mir vorliegt, besteht aus sieben Zeilen:
„Die Bundesregierung hat der Türkei Unterstützung bei der Beschaffung von Bootsmotoren und Ersatzteilen sowie bei Schulungen im Bereich Wartung der technischen Ausstattung der türkischen Küstenwache zugesagt. Die Umsetzung wird derzeit geprüft.
Die türkische Küstenwache trägt wesentlich dazu bei, gefährliche Überfahrten zu verhindern und illegale Aktivitäten von Schleppern zu bekämpfen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die türkische Küstenwache sich auch künftig an internationales Recht und entsprechende Standards hält.“Das ist keine Antwort – sondern das demonstrative Ignorieren einer Anfrage. Und damit eine Ohrfeige ins Gesicht einer Abgeordneten, und somit des gesamten Parlaments, dessen Aufgabe es ist, die Regierung zu kontrollieren. Eine Aufgabe, der es kaum noch nachkommt.
Mich erinnert die Antwort der Regierung an die Reaktionen von Behörden im postsowjetischen Russland, wo einfach die Realitäten ausgeblendet, auf Argumente und Fakten nicht eingegangen wird – und im Zweifelsfall genau das Gegenteil von dem behauptet wird, was offensichtlich ist. Und zwar ganz demonstrativ und dreist. Denn man hätte ja zum Beispiel auch antworten können, die Bundesregierung sei besorgt, werde sich das genau ansehen, etc.. Wie stark Unsitten, die man sonst nur aus autokratischen Staaten kennt, in Deutschland unter Angela Merkel eingerissen sind, ist erschreckend.
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