Steuergelder in Millionenhöhe für Corona-Anzeigen Fragwürdige Werbung

Von Christian Euler

Die Bundesregierung investiert viele Millionen Euro für Corona-Anzeigen auf Facebook. Allein das Bundespresseamt hat im Namen der Bundesregierung in den vergangenen zwölf Monaten für knapp 1,4 Millionen Euro Anzeigen auf unterschiedlichen Plattformen geschaltet, das Bundesgesundheitsministerium gab 1,3 Millionen Euro für Anzeigen wie „Deutschland krempelt die #ÄrmelHoch“ aus. Dies berichtet die Welt am Sonntag. Die Zeitung hat die öffentliche Werbebibliothek von Facebook ausgewertet, auf der alle gekauften Anzeigen auf Facebook oder der zu dem Social-Media-Giganten gehörenden Bilder-Plattform Instagram zu politisch oder gesellschaftlich relevanten Themen zu finden sind, darunter Videobotschaften der Kanzlerin oder Informationen zum Fortschritt der Impfkampagne.

Besonders aktiv bei der Platzierung von Werbung zeigten sich auch die Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Knapp 250.000 Euro flossen in Anzeigen, die jeweils mehr als eine Million Mal gesehen worden sind. Der exakte Betrag, der an Facebook floss, dürfte weitaus höher liegen, da die Ministerien und Länder auch etliche kleine Kampagnen für je drei- oder vierstellige Beträge bei dem US-Konzern geschaltet haben.

Besonders häufig, analysiert die Welt am Sonntag, wurde im Namen der Bundesregierung die Corona-Warn-App beworben. „Jetzt die Corona-Warn-App herunterladen und Corona gemeinsam bekämpfen“, lautete die Botschaft. Dass dieses einstige Prestige-Objekt der Regierung alles andere als eine Erfolgsgeschichte ist, bestreiten mittlerweile nicht einmal mehr frühere Befürworter. Gleichwohl überwies Berlin laut Facebook-Werbebibliothek allein 380.000 Euro für Anzeigen an den Zuckerberg-Konzern, die mehr als eine Million mal gesehen wurden. Insgesamt zählt der Tech-Riese mehr als 500 Corona-politische Anzeigen der Regierung seit Ausbruch der Krise.

Opposition hegt Bedenken

Allein für die reichweitenstärksten Anzeigen gab der Bund der Auswertung zufolge fast eine halbe Million Euro aus. Das Bundesarbeitsministerium etwa rührte seit März 2020 für die Sozialschutz-Pakete die Werbetrommel, etwa zu den Themen Kurzarbeitergeld und Kinderbonus. Das Bundesgesundheitsministerium wiederum rückte die Impfkampagne in den Fokus. Das Bundespresseamt verweist vor diesem Hintergrund auf den gesetzlichen Auftrag, die Öffentlichkeit „crossmedial und zielgruppengerecht“ über die Arbeit der Bundesregierung zu informieren. Die konkreten Inhalte würden „hausintern in enger Abstimmung mit unserer Kommunikationsagentur“ entwickelt.

Für die Opposition sind diese Anzeigen offensichtlich mit Vorsicht zu genießen. „Die Bundesregierung ist zur größtmöglichen Neutralität verpflichtet“, sagte Manuel Höferlin, Digitalpolitiker und Mitglied im Bundesvorstand der FDP, der Welt am Sonntag, „der Grat zwischen neutralen Informationen und parteipolitischen Interessen ist gerade bei Werbemaßnahmen einzelner Ministerien sehr schmal.“ Zudem bemängelt der Politiker die Abhängigkeit von den US-amerikanischen Technologie-Giganten. Leider gäbe es keine echte Alternative zu den großen amerikanischen Social-Media-Plattformen: „Es rächt sich, dass man es in Deutschland und Europa seit vielen Jahren sträflich versäumt, ein eigenes digitales Ökosystem aufzubauen.“

Zweifel an der Sinnhaftigkeit

Dass die Bundesregierung nur allzu gern die reichweitenstarken US-Portale nutzt, ist nicht neu. Erst Mitte Februar untersagte das Landgericht München eine Kooperation zwischen Google und dem Gesundheitsministerium. Bei der Suche nach Krankheiten bevorzugte die weltweit größte Internetsuchmaschine das von Jens Spahn verantwortete Ressort. Wer Begriffe wie „Grippe“ eingab, bekam weit oben in der Suche einen Info-Kasten mit Texten einer Ministeriums-Seite angezeigt – samt Link zu gesund.bund.de.

Fragwürdig ist nicht nur, dass die Anzeigen mit Steuergeldern finanziert werden. Zumindest zweifelhaft ist überdies der Nutzen solcher Aktionen – zum Beispiel, wenn eine Impfkampagne angepriesen wird, obwohl bisher nur für einen Bruchteil der Bevölkerung die entsprechenden Vakzine zur Verfügung stehen. Allein die 33 reichweitenstärksten Anzeigen schlugen per saldo mit insgesamt 300.000 Euro zu Buche, so die Welt am Sonntag.

Ein Teil davon dürfte ausgegeben worden sein, um die Wirksamkeit des AstraZeneca-Vakzins zu bewerben – bis zum Tag, als Deutschland einen Impfstopp verhängte. Ab diesem Tag bekamen Facebook-Nutzer dieses Inserat nicht mehr zu sehen.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
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Dipl.-Volkswirt Christian Euler widmet sich seit 1998 intensiv dem Finanz- und Wirtschaftsjournalismus. Nach Stationen bei Börse Online in München und als Korrespondent beim „Focus“ in Frankfurt schreibt er seit 2006 als Investment Writer und freier Autor u.a. für die „Welt“-Gruppe, Cash und den Wiener Börsen-Kurier.
Bild: Promo/Shutterstock
Text: ce

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