Haben Sie auch manchmal den Eindruck, dass bei Umfragen irgendetwas nicht stimmen kann? Oder, dass das Ergebnis erstaunlich dem ähnelt, was dem Auftraggeber genehm zu sein scheint? Bzw., dass jeder die Ergebnisse so interpretiert, wie es ihm passt? Ein besonders krasses Beispiel erleben wir, jetzt vor Neujahr, bei der ARD.
„Silvesterfeuerwerk: Mehrheit für Böllerverbot“, vermeldet tagesschau.de. Und beruft sich dabei auf eine repräsentative Befragung des Meinungsforschungsinsituts YouGov für das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. 57 Prozent sind demnach für ein Verbot. 36 Prozent sprechen sich dagegen aus, sieben Prozent sind unschlüssig.
Und – wer hätte es anders erwartet bei einem Fernsehen, das sich Haltung so fest wie einen Kaugummi ans Revers geklebt hat, auch diese Meldung wird mit der AfD verknüpft: „Bei Anhängern aller Parteien findet ein Verbot demnach eine deutliche Mehrheit. Nur die Wähler der AfD befürworten ein Verbot lediglich zu 40 Prozent.“
Man muss sich in der gleichen Tagesschau-Meldung schon recht weit nach unten vorkämpfen – und so viel Durchhaltevermögen haben viele Leser nicht, was ich gut verstehen kann – um zu den Ergebnissen einer Umfrage des gleichen Meinungsforschungsinstituts zum gleichen Thema für einen anderen Auftraggeber zu kommen, das ein etwas anderes Signal aussendet. Zitat:
Stimmt etwas nicht mit den Deutschen, wenn sei so widersprüchliche Einstellungen haben? Wollen sie wirklich, dass man etwas verbietet, woran sie Freude haben? Wäre das dann nicht Masochismus?
Oder es läuft etwas falsch mit Umfragen, bzw. hier im konkreten Fall mit den Umfrageinstituten?
Oder geht etwas schief mit dem (öffentlich-rechtlichen) Journalismus? Wenn man jährlich mit Milliarden von Euro vom Gebührenzahler (zwangs-)finanziert wird, sollte man wenigstens so viel Sorgfalt und kritisches Nachfragen an den Tag legen, dass man den Unterschied solche zumindest auf den ersten Blick widersprüchlichen Angaben nicht unkommentiert stehen lässt. Journalismus wäre es, diesen Widerspruch aufzuarbeiten und nach Möglichkeit aufzulösen, und ihn ggf. zum Hauptthema der Meldung zu machen. So wie ich es hier in meinem Beitrag zumindest versuche.
Und es geht noch weiter: Sehr spannend wäre ein Vergleich mit dem Umfragewerten vom letzten Jahr gewesen.Bei YouGov selbst liest man da 2018 as Gegenteil von dem, was heute vermeldet wird: „Silvesterknaller komplett verbieten lassen wollen (…) aber nur zwei von fünf Deutschen (43 Prozent). Laut google-Suche stand im dem Bericht des Meinungsforschungsinstituts von 2018 noch ein anderer Satz, der dort inzwischen nicht mehr zu finden ist: „Mit Feuerwerk und Geknalle: Für über die Hälfte der Deutschen (55 Prozent) sind Silvesterknaller für einen gelungenen Start in das neue Jahr ein Muss. 56 Prozent finden, dass das Abschießen einer Silvesterrakete einmal im Jahr einfach erlaubt sein sollte, das zeigt eine aktuelle YouGov-Umfrage in Koorperation mit Statista.“
Also was nun? Knaller, Rakete oder Böller? Oder alles? Und woher der Sinneswandel? Greta? Fridays for future? Und wurde 2019 gar nicht mehr getrennt gefragt, für wen immer noch „Silvesterknaller für einen gelungenen Start in das neue Jahr ein Muss“ sind, wie für die Mehrheit im vergangenen Jahr?
Fragen über Fragen. Wäre das nicht ein Fall für den ARD-Chef-Faktenfinder Patrick Gensing? Oder ist der zu beschäftigt, freie Journalisten zu verklagen, die Zitate von ihm verbreiten, die ihn in ein merkwürdiges Licht rücken (siehe Beitrag hier) Hätte man darauf nicht ÖR-Mitarbeiter wie Danny Hollek ansetzen können – da wäre seine Energie besser aufgehoben, als beim Beschimpfen von Gebührenzahlern bzw. deren Großeltern als „Nazisäue“? Und wäre das nicht ein viel schönerer Anlass für „Satire“, als gebührenzahlende Omas als Umweltsäue zu verunglimpfen? Verzeihen Sie mir bitte den Galgenhumor – aber ohne ihn ist vieles hierzulande nicht zu ertragen!
Bild: Torsten Kellermann/Unsplash, Screenshot tagesschau.de