Unsere Corona-Politik wird im globalen Süden viele Menschen töten Kaum beachtete Perspektive

Ein Gastbeitrag von Sönke Paulsen.

Es ist nicht nett, das zu schreiben. Aber es ist eine Realität in unserer globalisierten Welt, dass durch unsere rigiden Einschränkungen der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens in Afrika mehr Menschen sterben werden. Dabei wird es vor allem Kinder treffen. Warnungen gibt es derzeit genug, aber wir diskutieren nicht über die Kollateralschäden unserer Politik im globalen Süden. Stattdessen moralisieren wir, aber nur in Bezug auf unsere (ältere) Bevölkerung.

Die Schließung von Bekleidungs-Discountern vor Weihnachten wird in Bangladesh Arbeitsplätze vernichten und Familien in materielle Not stürzen.

„Die 47 ärmsten Länder der Welt werden in diesem Jahr die schwächste Wirtschaftsleistung seit 30 Jahren durchleiden. Die Arbeitslosigkeit steigt, die Einkommen schwinden. 1,6 Milliarden Menschen in fragilen Arbeitsverhältnissen haben schon heute 60 Prozent oder mehr ihres Einkommens verloren“, schreibt die Katholische Tagespost.

Hervorgehoben werden die fallenden Rohstoffpreise (davon leben viele afrikanische Länder), der ausbleibende Tourismus und die rigiden Shutdowns in afrikanischen Ländern, auch ohne Corona-Fälle (Beispiel Madagaskar). Schließlich werden versiegende oder stark verlangsamte internationale Handelsströme mit Afrika genannt und eine deutliche Abnahme von Rücküberweisungen durch Menschen, die als Migranten in westlichen Ländern arbeiten. Diese Überweisungen machen in einigen Ländern bis zu 10% des Bruttoinlandsproduktes aus. Ganz Afrika hat ein BIP von 2,5 Billionen Dollar, etwa die Hälfte des BIP von Deutschland.

„Die meisten Familien in Simbabwe haben in der Coronakrise ihr Einkommen verloren. Der Kauf von Nahrung hat Vorrang,“ schreibt der Spiegel in einem Artikel über den Mangel an Hygieneartikeln in Afrika, der vor allem Mädchen und Frauen trifft.

‘Stille Rezession‘

Im ZDF schreibt Karsten Meyer über die „stille Rezession“ in Afrika.

Durch die massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens und damit auch der Handelsströme in Afrika geraten viele Menschen in Existenznot. Dabei ist die Verschiebung der medizinischen (Impf-) Ressourcen von Malaria, TBC und Ebola auf Corona ein gravierendes Problem.

Die Who warnt: „Covid-19 droht unsere Bemühungen zur Überwindung von Malaria entgleisen zu lassen“, so die WHO-Direktorin für Afrika, Matshidiso Moeti. Gerechnet wird mit bis zu 100.000 weiteren Malaria-Toten durch Covid-19 wegen Mangelversorgung.

Diese Meldungen, die derzeit ziemlich niedrig gehängt werden und kaum in den Mainstream-Medien auftauchen, machen eines deutlich. Unsere restriktive Corona-Politik in Deutschland und Europa ist dabei, in Afrika und dem globalen Süden viele Existenzen zu vernichten.

Bill Gates hat mit seiner Stiftung leider zusätzlich dazu beigetragen, dass viele afrikanische Länder das öffentliche Leben massiv einschränken. Die Ankündigung von möglicherweise 10 Millionen Toten in Afrika hat gewirkt, auch wenn hier Tote durch die Überlastung des Gesundheitssystems eingerechnet wurden und rigide Shutdowns für Afrika ein tödliches Gift sind.

Viele in der WHO sind ausgesprochen unglücklich über diese Entwicklung. Afrika ist ein Kontinent mit einer sehr jungen Bevölkerung und die Bedrohungen durch andere Erkrankungen, Mangelversorgung und soziale Destabilisierung müssen wesentlich höher eingeschätzt werden als bei uns. In ganz Afrika gibt es derzeit noch unter einer Million Corona-Positive Menschen bei global über 70 Millionen Infizierten, aber die Folgen der Pandemie für Afrika sind gewaltig.

Gefährliche Entwicklung für die soziale Stabilität

Ein Teil der Folgen resultiert aus den wirtschaftlichen Einbrüchen, die wir Industrieländer durch unsere Seuchen-Politik verursacht haben, aber auch daraus, dass afrikanische Länder westliche Muster der Pandemie-Begrenzung übernehmen, die für den Kontinent gefährlich sind. Durch Schließungen im Bildungssystem fallen in den ärmsten Ländern der Welt derzeit 25 Millionen junge Menschen aus der Schulbildung heraus. Das ist auch eine mittelfristig gefährliche Entwicklung für die soziale Stabilität im globalen Süden.

Wir Europäer sollten diese globalen Pandemiefolgen auch als Ergebnis unserer Vernetzung mit armen Ländern begreifen und verstehen, dass wir mit übertriebenen Maßnahmen in unseren Ländern auch Afrika in Not bringen.

Extreme Aussagen sprechen bereits von dreißig Millionen Toten, als Kollateralschaden unserer Pandemiebekämpfung, im globalen Süden. Ob das zutrifft, kann hier nicht beurteilt werden. Der Trend allerdings ist deutlich. Je rigider wir unser Wirtschaftssystem wegen der Pandemie herunterfahren, desto mehr Tote verursachen wir in den armen Ländern der Welt. Dort sterben übrigens immer noch in erster Linie die Kinder, während wir hier unsere hochaltrige Bevölkerung mit allen Mitteln schützen.

Es ist nicht nett, das vor Weihnachten zu schreiben, aber es ist eine Realität in unserer stark vernetzten und globalisierten Welt, für die wir mit verantwortlich sind.

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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.


Sönke Paulsen ist freier Blogger und Publizist. Er schreibt auch in seiner eigenen Zeitschrift „Heralt“


Bild: Pixabay
Text: Gast

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